Die siebte Gemeinde (German Edition)
die Brust. »Herr, es ist Maria.«
»Gib schon her!« Jakob Thiemann riss Alex das Telefon aus der Hand. »Was ist?« Er hörte nickend zu. »Ist gut, lass mich einen Moment überlegen«, sagte er. »Ich ruf dich gleich wieder zurück.«
Jakob gab dem schwarzhaarigen Hünen das Telefon und drehte sich zu seinen Leuten um, die ihn fragend über den Konferenztisch her ansahen. »Irgendwer spielt diesem Seydel und seiner Steuerberaterin Informationen zu. Sie treiben sich gerade um den Dom herum. Kann mir einer sagen, was hier los ist?«
Alle Anwesenden, ausnahmslos in Schwarz gekleidet, sahen sich gegenseitig skeptisch an und zuckten mit den Schultern.
Vor den Männern, auf einem runden Kirschholztisch, lagen sechs vergilbte Schriftrollen in einem Plexiglaskasten.
»Wer sind die beiden, Jakob?«, fragte einer mit italienischem Akzent. »Ich dachte, dieser Seydel sei tot.«
»Ist er auch«, nickte Jakob. »Nur leider war sein Tod nicht geplant, und bevor er uns Genaueres sagen konnte, hat ihn Maria beseitigt.« Er ballte seine Fäuste. »Und nun treiben sich sein Sohn und diese Emma Kemmerling suchend in der Gegend herum. Sie haben bereits Fragmente von Aruschs Tagebuchs gefunden.«
Alle am Tisch zuckten zusammen. »Sie wissen doch nicht etwa, wo …«
»Nein, nein«, winkte Jakob ab. »Ich denke nicht. Sie tappen im Dunkeln, genau wie wir, doch irgendwer scheint sie zu leiten.«
»Wir schnappen uns die beiden und halten sie auf«, schlug jemand vor. »In dem Tagebuch stehen doch wichtige Informationen, oder nicht?«
»Das schon.« Jakob schüttelte den Kopf. »Sie zu entführen würde uns nicht weiterbringen. In dem Tagebuch steht zwar, was es ist, aber nicht, wo es ist.« Er drehte sich zu Alex um, der in der Ecke stand. »Was ist mit Vicky? Wir kontrollieren sie doch noch, oder etwa nicht?«
»Keine Telefonate, keine auffälligen Gespräche, keine Kontakte zur Polizei«, bestätigte Alex.
Jakob wies in eine fiktive Richtung. »Vicky ist es, auf die wir uns konzentrieren müssen. Nur mit dem Tagebuch kommt man nicht weiter. Sie weiß mehr.« Er tippte sich auf die Lippen. »Irgendwas ist hier faul …« Er stürmte auf die Gruppe zu, stützte beide Hände auf den Tisch und schaute grimmig in die Runde. »Wehe, einer von euch …«
Ein ergrauter Mann, in etwa Ende 60, erhob sich blitzartig. »Das ist eine unverschämte Behauptung …«
»Ach, beruhige dich, Carlos.« Jakob wandte sich ab. »Das ist mir auch klar. Ich habe nur keine Idee, was wir noch tun sollen, außer dieser Frau ihren Sohn zu entführen und ihren Mann umzubringen?«
»Ich verstehe das nicht? Dass sie keine Angst hat?«, meinte einer.
»Unterschätze diese Frau nicht, Mark. Sie ist schlau. Irgendwas führt sie im Schilde, … nur was?«
»Entführen wir sie und drohen ihr, ihren Sohn vor ihren Augen zu töten.«
Jakob schüttelte den Kopf. »Denk nach, Carlos, denk nach. Du weißt doch, dass wir ihren Sohn jetzt noch nicht …«
»Ja, aber sie weiß mehr als wir?«
»Natürlich weiß sie das!« Jakob schlug auf den Tisch, und der Plexiglaskasten in der Mitte machte einen Hüpfer. »Wenn es nicht so wäre, würden in dem Kasten dort sieben, statt sechs Rollen liegen, und wir müssten diese Diskussion nicht führen.«
Draußen donnerte es. Jakob lief zum Fenster und tippte gegen die Scheibe. »Seht ihr das? Ein Gewitter! Mitten im Februar. Heute Morgen hat es noch geschneit. Wir waren noch nie so nah dran, wie heute.«
»Liegt es daran, dass das Tuch auf dem Weg ist?«
»Was denn sonst, ihr Ungläubigen!« Jakob stieg die Zornesröte ins Gesicht. Er schaute unwirsch zu Alex. »Hat Fabio sich schon gemeldet?«
»Hat er«, bestätigte Alex. »Morgen früh werden sie eintreffen. Nach der Untersuchung durch die Kommission wollte er den Austausch durchführen.«
Carlos Telli rieb sich freudig die Hände. »Zu guter Letzt macht es sich bezahlt, dass wir einen Mann im Vatikan haben …«
»Das nutzt uns gar nichts, wenn wir nicht diese Frau zermürben. Wir müssen endlich härtere Geschütze auffahren … auch, was die beiden anderen angeht.« Jakob streckte seine Hand zu Alex aus. »Gib mir das Telefon, ich muss Maria einen Auftrag erteilen.«
KAPITEL 13
Arusch schreckte blitzartig aus dem Schlaf auf. Instinktiv griff er nach seinem Schwert, legte es aber sofort beiseite, als er realisierte, wo er sich befand. Kein Tier hatte ihn aus seinem Traum hochschrecken lassen, sondern der Gesang der vier Zisterziensermönche, die im
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