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Die Siechenmagd

Die Siechenmagd

Titel: Die Siechenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Gelage in die Badestube am Knäbleinsborn eingeladen hat. Gottfried begleitet Mäu bis zur Haustür. Sie holt tief Luft, bevor sie die Türklinke betätigt: Wieder ein verlorener Abend in diesem trostlosen Verschlag! Als sie die Stube betritt, stellt sie erstaunt fest, dass Besuch da ist. Es ist Friedel, von allen das „Frettchen“ genannt, ein entfernter Cousin aus Idstein. Mäu hat ihn schon lange nicht mehr gesehen, aber er hat sich nicht viel verändert, außer dass er erwachsener geworden ist. Sein schmales, kinnloses Gesicht mit den vorstehenden Schneidezähnen und den nach außen gewölbten Augen ist nahezu das gleiche geblieben. Früher, wenn sie bei Oheim Karl in Idstein zu Besuch waren, hatten die Kinder zusammen gespielt. Mäu erinnert sich noch genau, was für eine Art von Spiel das war. Das Frettchen, das zu den älteren Kindern gehörte, machte sich stets einen Spaß daraus, die Kleineren zu strietzen und zu drangsalieren. Sein Erfindungsreichtum diesbezüglich kannte keine Grenzen. Mal mussten sie mit verbundenen Augen Hundepisse trinken und Kuhfladen essen, ein anderes Mal zwang er Mäu und Matthias, sich im Misthaufen zu wälgern, so dass sie dann anschließend von den Eltern eine ordentliche Tracht Prügel bezogen. Beim Baden im Weiher hatte er Mäu einmal so lange unter Wasser gedrückt, dass sie fast abgesoffen wäre. Als Mäu dann später prustend und nach Luft ringend am Ufer saß, konnte sich das Frettchen vor Lachen kaum noch einkriegen. Dieses Lachen klingt ihr heute noch in den Ohren, so gellend und durchdringend war es, dass es richtig weh tat. Bei den Erwachsenen hingegen verstand er es bestens, sich Liebkind zu machen, indem er eine Unschuldsmiene aufsetzte, als könne er keiner Fliege etwas zu Leide tun. Er konnte sich regelrecht einschmusen, wenn er es darauf anlegte, gab sich artig und hilfsbereit, was ihm auch oft genug Lob und Anerkennung der Großen einbrachte. Auch Mäus Vater pflegte das Frettchen seinen Kindern gegenüber stets als leuchtendes Vorbild anzupreisen.
    „Na komm endlich her und begrüß gefälligst unseren Gast!“, herrscht der Abdecker die Eintretende an.
    „Servus, Frieder, schon lange nicht mehr gesehen“, begrüßt Mäu den Vetter zurückhaltend.
    „Das wird sich bald ändern, denk ich. Meine Herrn, du hast dich ja fein rausgemacht, bist ja richtig ansehnlich geworden und so fesch herausgeputzt. Alle Achtung, Cousinchen!“, entgegnet das Frettchen mit seiner unschönen, hohen Fistelstimme, Mäu dabei mit zudringlichen Blicken fixierend, die ihr mehr als unangenehm sind. Sie spürt, wie ihr alleine schon durch seine bloße Gegenwart regelrecht der Kamm zu schwülen beginnt.
    „Komm, geh doch mal ein bisschen vor mir auf und ab, damit ich sehen kann, wie du gebaut bist“, setzt er frech hinzu.
    „Ich denk ja gar nicht daran! Sind wir denn hier auf dem Viehmarkt, wo ich verschachert werden soll?“, kontert Mäu schnippisch und macht keinerlei Anstalten, seinem Ansinnen nachzukommen.
    „Fast richtig geraten, du Schindaas! Und jetzt steh endlich auf und zeig mal, was du hast, sonst werden wir dir schon Beine machen“, befiehlt der Abdecker derb und gibt dabei ein wieherndes Lachen von sich, in das alle, außer Mäu, lautstark mit einstimmen.
    „Auf, hol uns noch Bier aus der Kammer, Mensch und zier dich nicht so!“, grölt er aufgedreht.
    Daraufhin erhebt sich Mäu unwillig und läuft zur Speisekammer.
    „Ja, Oheim, da habt Ihr schon Recht: Es ist alles dran an ihr, was man als Mann so braucht. Ein strammes Mädel und ein hübsches Lärvchen hat sie obendrein. Ganz die Mutter, Kompliment!“, wendet sich das Frettchen an Anna.
    „Da werden wir bestimmt hübsche Kinder haben und das schon recht bald, bei den prallen Hüften“, kommentiert er weiter und hält sich sogleich feixend den Mund zu.
    „Oheim, entschuldigt! Jetzt hab ich wohl zuviel verraten!“
    Mäu ist an den Tisch zurückgekommen und hat die Becher vollgeschenkt. Als sie die letzten Worte des Cousins vernimmt, erstarrt sie.
    „Jetzt glotz nicht so wie ein angestochenes Kalb, Mädel. Freu dich lieber, dass du endlich unter die Haube kommst, – denn das ist jetzt beschlossene Sache: Du wirst den Friedel heiraten und das schon bald! Wir sind uns mit dem Idsteiner Karl gestern einig geworden. Er wird die Feier ausrichten und die Hochzeit wird bei uns abgehalten. Über den Termin müssen wir noch schwätzen, denn unsere Verwandtschaft ist groß und da muss noch manches vorbereitet werden.

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