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Die Siechenmagd

Die Siechenmagd

Titel: Die Siechenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Protesten mehr hinreißen zu lassen.
    Für sie steht fest, dass sie diesen Widerling auf keinen Fall heiraten wird. Sie muss nun nachdenken, welche Möglichkeiten es gibt, so schnell wie möglich zu entkommen, bevor sich die Schlinge ganz um ihren Hals gezogen hat. Am schlausten wird es sein, sich ohne viel Federlesen zu dem Fuchs und seiner Bande durchzuschlagen und dann mit ihnen zu türmen. – Und das besser heute, als morgen!
    Es dunkelt langsam und das Frettchen ist am Aufbrechen. Herzlich umarmt er seine Schwiegereltern in spe und tritt schließlich auch zu Mäu ans Fenster, um von ihr Abschied zu nehmen. Dabei zieht er sie vom Stuhl hoch und drückt sie fest an sich. Mäu ist vor Abscheu wie gelähmt und nimmt gerade noch seinen säuerlichen Mundgeruch wahr, als er auch schon seinen Mund auf den ihren presst, um sie zu küssen. Wild und gebieterisch, wie ein dicker, aggressiver Aal, schießt seine Zunge gegen ihren Gaumen, solange bis ihr die Luft wegbleibt und sie zu würgen beginnt.
    „Schlaf wohl, meine liebe Braut. Und glaub mir, ich bin richtig aus dem Häuschen, eine so dralle Jungfer wie dich bald unter meine Fuchtel zu kriegen. Kann’s kaum noch abwarten, bei dir zu liegen!“, hechelt er Mäu erregt ins Ohr, bevor er geht.

 
6. Die Spinne im Netz
     
     
     
    Im Morgengrauen des regnerischen Herbsttages nähern sich Mäu und ihre Mutter dem Portal des Gutleuthofes. Anna, gut gelaunt wie meistens, summt vor sich hin und versucht, von Zeit zu Zeit das Wort an Mäu zu richten, die aber nur sehr einsilbig ist.
    „Glaub mir, Mäus’che, es ist das Beste so! Dann bist du eine verheiratete Frau und alles hat seine Ordnung. Freust du dich denn nicht ein bisschen auf die Hochzeit? Kriegst auch ein schönes Kleid, da lässt sich der Idsteiner Karl bestimmt nicht lumpen. Wir können ja nächste Woche schon mal in die Stadt zu den Tuchhändlern gehen, was meinst du?“, schlägt Anna vor.
    „Jetzt lass mich doch endlich damit in Ruhe! Ums Verrecken net werd ich den heiraten! Der ist mir von Grund auf zuwider. Das war schon immer so und das wird sich auch nicht mehr ändern!“, entgegnet Mäu aufgebracht.
    „Das wird sich schon noch legen, glaub mir. Ich konnte deinen Vater am Anfang auch nicht ausstehen und musste ihn heiraten, weil unsere Eltern das so beschlossen hatten. Und heute habe ich mich an ihn gewöhnt und bin froh, zu wissen wo ich hin gehör und dass ich ein ehrbares Eheweib bin. Denn so ein liederliches Leben wie die Martha wollte ich nicht haben, die ja als Hübscherin immer in Schmach leben muss.“
    „Glaubst du denn, du bist was Besseres! Als Frau des Schundmummels lebst du doch genauso in Schmach. Und außerdem machst du noch die Beine breit für ihn, obwohl es dich vor ihm graust, du ehrbares Eheweib’! Keinen Tag möcht ich mit dir tauschen, Mudder!“
    „Was weißt du schon, du Rotznas? Und wenn du weiterhin so rumhurst, nimmt dich bald kein anständiger Mann mehr, dann kannst du dich ja demnächst im Freudenhol bei deiner feinen Muhme einquartieren!“, schnaubt Anna ärgerlich.
    „Na und, das wär auch nicht viel schäbiger als das, was du machst“, kontert Mäu patzig.
    „Jetzt hab ich aber bald genug, du freches Ding! Gleich setzt’s was!“, erwidert die Mutter wütend. Inzwischen sind die beiden am Portal angelangt und Anna will gerade den schweren eisernen Türklopfer betätigen, damit Gottfried ihnen öffnet, als der Fuchs atemlos um die Ecke gerannt kommt. Überrascht und freudig schließt ihn Mäu in die Arme.
    „Du kommst gerade noch zur rechten Zeit! Lass uns schnell verschwinden!“, flüstert sie ihm zu und drückt ihn dabei fest an sich.
    „Gut, dann holen wir jetzt am besten gleich die anderen und machen uns so schnell es geht vom Acker“, entgegnet der Bandenführer entschlossen und steht schon im Begriff, mit Mäu davon zu eilen, als sich in nächster Minute das Portal öffnet und ihnen der Schellenknecht mürrisch entgegenblickt.
    „Gottfried, so mach doch was, der Drecksack will meine Tochter entführen!“, schreit Anna hysterisch. Ohne zu zögern spurtet der Klingelmann auf den Fuchs zu, holt weit aus und schlägt ihm mit der geballten Faust auf die Nase. Der schlaksige Junge gerät von dem schweren Schlag arg ins Straucheln und geht kurz danach zu Boden. Blut quillt aus seiner Nase und er scheint bewusstlos zu sein. Mäu, die sich über ihn beugen will, wird von Gottfried wie ein Spielzeug erfasst und hinter die Türschwelle gehievt. Auch Anna ist

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