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Die Siechenmagd

Die Siechenmagd

Titel: Die Siechenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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endlich aus, damit er verschwindet, so einen herzlosen Gesell will ich hier gar nicht haben!“, keift sie aufgebracht.
    Daraufhin wirft der Henker dem Abdecker voller Verachtung seinen Gulden vor die Füße. „Da, du Judas. Davon kannst du ja den Hals nicht voll genug kriegen!“, zischt er gehässig.
    Edu klaubt die Münze auf und blickt drein wie ein geprügelter Hund.
    „Ihr habt ja Recht“, stammelt er mit zitternder Stimme und wendet sich zum Gehen.
    „Hol gefälligst das Mädchen wieder da raus, oder nehm dir einen Strick und häng dich auf, du armseliger Wicht!“ brüllt ihm der Henker noch hinterher.
     
     
    Als Edu an diesem stürmischen Nachmittag nach Hause kommt und Anna vorfindet, die gerade dabei ist, die Siechenwäsche zu flicken, wird er von einer tiefen Wehmut erfasst. Ihm ist einfach danach, seine Frau in die Arme zu schließen wie in früheren Zeiten, und sich bei ihr Trost zu holen. Aber sie ist ihm gegenüber so kalt geworden, erst recht, seitdem sie diesem reichen Knobloch als Siechenmagd dient. Glaubt, sie ist dadurch was Besseres und will mit ihm nichts mehr zu tun haben. Es wird ihm immer wieder schmerzlich bewusst, wenn sie sich seinen Zärtlichkeiten entzieht, sich im Bett von ihm abwendet. Das alles hat ihn im Laufe der Jahre bitter gemacht und aus unterschwelligem Zorn über ihre Abweisung begegnet er ihr oft grob und rüpelhaft, so, als wolle er sie darin auch noch bestätigen. Aber im Grunde seines Herzens liebt er sie noch immer. Zwar in die Jahre gekommen, wie er selber auch, ist sie doch trotzdem eine schöne, begehrenswerte Frau geblieben. Naja, die Backes-Mädchen sind alle ansehnliche Weibsleute gewesen, sinniert Edu. Anna, die älteste Tochter des Friedberger Abdeckers Anton Backes, hatte es ihm damals gleich angetan. Wobei er ihre hübsche Schwester Martha auch nicht verschmäht hätte, aber die war ja noch ein bisschen zu jung. Gott sei Dank geht die Mäu ganz nach der Backes-Linie und hat nicht unsere hässliche Dunckel-Visage abgekriegt, denkt Edu grimmig. Es ist ihrer Mutter schon verdammt ähnlich, das Mädchen. Äußerlich zumindest. Aber was ihre Sturheit anbetrifft, ist sie ganz eine Dunckel. Verdammt nochmal! Ohne es zu bemerken, rollen dem Abdecker die Tränen über das pockennarbige Gesicht, und auf einmal kann er nicht mehr länger an sich halten und verfällt in heftiges Schluchzen.
    Als Anna gewahr wird, dass er weint, fällt sie schier aus allen Wolken, so selten sind bei Edu derartige Gefühlsausbrüche. Erstaunt fragt sie, was ihm fehlt, und Edu macht seinem Herzen Luft.
    „Na, die fette Kuh soll bloß ruhig sein“, wettert Anna aufgebracht gegen die Henkersgattin. „Ich meine, das Mädchen ist immer noch besser im Gutleuthof aufgehoben, als bei den Huren im Frauenhaus!“, fügt sie resolut hinzu. „Und wenn der Neuhaus dann mal den Schirm zu macht, erbt sie noch ordentlich und ist mal fein raus. Bis dahin soll sie sich gefälligst benehmen und ihrem Dienstherrn eine gute Magd sein. So ist das halt im Leben. Wer fragt einem denn schon, was man will oder nicht will. Unsereiner ist ja schließlich auch nicht auf Rosen gebettet. Da muss sie halt jetzt mal die Zähne zusammenbeißen. Und wenn sie sich da draußen erst eingewöhnt hat, wird schon alles besser werden. Das hab ich ihr jetzt schon zigmal gesagt, und sie gibt immer noch keine Ruhe, das dumme Kind!“, ereifert sie sich weiter.
    „Was, du hast mit Mäu gesprochen? Davon hast du mir gar nichts erzählt“, insistiert nun der Abdecker.
    „Na, das ist ja auch nicht so wichtig. Sie hat mich halt jetzt schon ein paarmal auf dem Gutleuthof abgefangen und versucht, mich zu bearbeiten. Hat immer geheult und gebettelt, ich soll sie doch da wieder wegholen und so. Unter den Kranken wird schon gemunkelt, der Neuhaus könnte seine Finger nicht bei sich behalten, was Mäu anbetrifft. Naja, das steckt wahrscheinlich auch noch mit dahinter, dass sie von da fort will“, fügt Anna etwas kleinlaut hinzu. – „Aber letztendlich will sie doch wieder nur ihren Dickkopf durchsetzen, und das seh ich nicht ein. Die soll sich endlich damit abfinden. Es gibt schließlich Schlimmeres, als eine Siechenmagd zu sein“, resümiert Anna abgeklärt und macht Edu unmissverständlich klar, dass für sie der Fall damit erledigt ist.
    Edu ist enttäuscht von ihrer Kaltschnäuzigkeit, aber er sagt nichts mehr weiter dazu.
    „Nein, er kommt hier nicht rein. Ein Racker wie er hat hier nichts zu suchen!“, erklärt Gottfried

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