Die Siedler von Catan.
…«
»Nein, hör mich an, bitte«, murmelte sie beharrlich. »Alles ist anders gekommen, und ich bin deine Sklavin. Aber jetzt sind wir in einem neuen Land, wo die alten Regeln nicht mehr dieselbe Bedeutung haben wie früher. Das hast du selbst gesagt, nicht wahr? Du … du könntest mich zur Frau nehmen. Es wäre keine Schande. Ich bin aus ebenso gutem Hause wie du. Und du brauchst eine Frau, nicht nur eine Bettgefährtin. Du wirst eine wichtige Rolle bei der Gründung dieses neuen Stammes übernehmen, das weiß ich genau. Du wirst vielleicht ein bedeutenderer Mann werden, als dein Vater es je war. Und dazu brauchst du eine Frau, die dich unterstützt. Die weiß, wie man eine solche Stellung wahrt. Ich könnte diese Frau sein, denn dazu bin ich erzogen worden, Candamir.«
Er riss seine Hand los, als sie seinen Namen sagte.
Ihr Mund zuckte, aber sie sah ihn weiter unverwandt an.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, Gunda.«
»Warum nicht?«
Weil du mit Osmund gelegen hast, wäre die ehrliche Antwort gewesen. Jedenfalls die Hälfte der ehrlichen Antwort. Und die andere Hälfte lautete: »Weil es eine andere ist, die ich will.«
Als es heraus war, wusste er, dass es die Wahrheit war. Fast beiläufig hatte er sich die Frage beantwortet, die ihm durch den Kopf ging, seit sie die Kalten Inseln verlassen hatten. Wie einfach es auf einmal war, sich diese Tatsache einzugestehen: Er wollte Siglind. Obwohl sie widerspenstig war und eine Zunge hatte, die schärfer als sein Sax war, obwohl sie nicht unberührt war und obwohl sie keine Kinder bekommen konnte, wollte er sie.
Gunda war nicht dumm, sie wusste ganz genau, welche Frau es war, an die er dachte. »Die Frage ist nur, ob du sie auch kriegen kannst«, gab sie behutsam zu bedenken.
Er nickte. Es war ebenso gut möglich, dass Siglind sich für Olaf, für Osmund oder gar für den Sachsen entschied.
»Und selbst wenn«, fuhr sie fort. »Was glaubst du, wie Osmund sich fühlen würde, wenn du sie ihm vor der Nase wegschnappst? Er ist empfindsam. Und er hat gerade erst eine Frau verloren, an der sein Herz hing. Willst du dafür verantwortlich sein, dass es wieder geschieht? Ist er dir nicht näher als dein eigener Bruder …«
Candamir stand unvermittelt auf. »Wir wollen eines klarstellen, Gunda: Du bist die Mutter meines Sohnes, und wie ich bereits sagte, bin ich dir dankbar. Je mehr Kinder du mir schenkst, desto höher werde ich dich schätzen, aber es wird nichts an deinem Stand ändern. Ich will dich nicht kränken …« Das ist eine Lüge, erkannte er, denn er wollte sie dafür büßen lassen, dass sie seine größte Sorge so mühelos erkannt und obendrein auch noch ausgesprochen hatte. Er wiederholte es trotzdem: »Ich will dich nicht kränken, aber es ist besser, du machst dir nichts vor. Ich werde dich nicht zur Frau nehmen, egal, was passiert. Und wenn ich deinen Rat oder deine Meinung hören will, dann werde ich danach fragen. Hast du verstanden?«
Sie drehte den Kopf weg. »Ja, Herr. Natürlich.« Es klang erstickt.
Wütend wandte er sich ab, griff nach der erstbesten Decke und legte sich neben seinem schlafenden Bruder auf den harten Boden. Er fühlte sich hundeelend.
Trotz aller Verluste während der Überfahrt waren es immer noch mehr als zweihundertfünfzig Menschen, die sich am nächsten Morgen auf den Weg ins Landesinnere machten. Sie trieben ihre Schafe mit sich und waren mit ihren Siebensachen und dem Proviant für die dreitägige Wanderung schwer beladen, aber die Stimmung war nahezu ausgelassen. Auch der leise Regen, der schon früh am Vormittag einsetzte, dämpfte sie nicht. Er war warm und sacht, und die Siedler waren ganz anderes Wetter gewöhnt.
Olaf hatte Jared ausgewählt, mit seinen Brüdern Lars und Gunnar und zwei Knechten in der Bucht zu bleiben und auf Berses Rückkehr zu warten.
Der junge Mann war nicht sonderlich erbaut, aber er sagte höflich: »Natürlich, Vater. Ganz, wie du willst.«
»Wartet noch zehn Tage. Wenn er bis dahin nicht gekommen ist, folgt uns. Sobald wir dort sind, bauen wir ein Floß und erkunden den Fluss. Sollten wir feststellen,
dass er befahrbar ist, kommen wir die Schiffe holen.«
Jared hatte genickt. »Ich hoffe es, Vater. Es wäre schmerzlich, den Seedrachen hier einfach zurücklassen zu müssen.«
Das empfanden alle Schiffseigner so. Niemand wusste so genau, wozu sie ihre Schiffe je wieder brauchen sollten, doch sie waren seit jeher ein Symbol sowohl des Wohlstands als auch des Wagemuts gewesen,
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