Die Siedler von Catan.
Ahnung, wie er seinen Haushalt über diesen Winter bringen sollte; die unerwartete Ankunft seiner Schwester und die ganze Last der alten Fehde, die sie mitbrachte, waren das Letzte, was ihm noch gefehlt hatte. Er ließ sich auf seinen Hochsitz sinken – einen bequemen, breiten und leicht erhöhten Sessel mit kunstvoll geschnitzten Pfosten, auf dem schon zahllose seiner Vorfahren gesessen hatten. Der Platz war dem Oberhaupt der Familie vorbehalten. Candamir erinnerte sich, in den ersten Monaten nach dem Tod seines Vaters war er sich immer wie ein Hochstapler vorgekommen, wenn er darauf saß, aber so war es nicht mehr. Der altehrwürdige Hochsitz gab ihm Kraft und Selbstvertrauen.
»Bringt eine Bank für meine Schwester und meinen Bruder. Sachse, du holst uns Bier. Gunda, sei so gut und kümmere dich um den Jungen. Ihr anderen lasst uns allein.«
Der Hochsitz stand in der Mitte auf der rechten Seite des
Langfeuers. Auf eilig herbeigeschaffte Böcke wurde längs des Feuers eine lange Tischplatte gelegt, davor eine Bank gestellt und mit Kissen und Fellen gepolstert, auf der Hacon und Asta Platz nahmen.
Gunda, die hübsche friesische Magd, für deren Erwerb Candamir am Morgen verspottet worden war, eroberte das Vertrauen des verängstigten kleinen Fulc mühelos, setzte sich mit ihm auf eine Decke aus Robbenfellen auf der anderen Seite des Feuers und fütterte ihn mit Honigbrot. Das machte ihn zahm. Er lehnte den dunklen Schopf an ihr angewinkeltes Knie und schloss die Augen. Gunda tauschte ein Verschwörerlächeln mit Asta, ehe sie den Blick höflich wieder senkte.
Der Sachse füllte einen großen Krug aus dem Bierfass und stellte ihn mit drei Tonbechern auf den Tisch. Dann suchte er Candamirs Blick und ruckte fragend das Kinn Richtung Tür, um zu ergründen, ob er verschwinden sollte. Aber Candamir schüttelte den Kopf. Also zog der Knecht sich in den dunklen Winkel nahe des Bierfasses zurück, wo er sich nachts auch schlafen legte, und wartete und lauschte.
Es hatte zu regnen begonnen, und der Seewind hatte aufgefrischt, pfiff heulend ums Haus und zerrte mit kräftigen Fingern an der Verbretterung der Außenwand. Aber hier drinnen konnte er ihnen nichts anhaben: Dem holzverkleideten äußeren Fachwerk standen hölzerne Innenwände gegenüber, und die Zwischenräume waren zum Schutz gegen die eisige Winterkälte mit Erde gefüllt. Dies hatte den Nachteil, dass die Halle fensterlos war – bis auf die Tür war der kleine, runde Rauchabzug in der Mitte des Dachs, durch den es jetzt unablässig ins Feuer regnete, die einzige Tageslichtquelle. Aber es machte die Halle mit dem Langfeuer zu jeder Jahreszeit anheimelnd warm. Hier drinnen war man sicher vor den Elementen wie ein Bär in seiner Höhle.
Das Feuer prasselte angenehm. Hin und wieder zerplatzte ein Harztropfen, und dann breitete sich wohltuender Kiefernduft aus.
Candamir nahm einen tiefen Zug Bier und schenkte sich nach. »Erzähl uns, was passiert ist, Asta.«
»Meinst du gestern? Oder in den letzten vier Jahren?«
Er hob kurz die Schultern. »Beides.«
Der Überfall der Turonländer war in Elbingdal oben am Fluss nur unwesentlich anders verlaufen als in Elasund. Die Eindringlinge hatten jeden erschlagen, der sich ihnen entgegenstellte, hatten Vorräte und Frauen geraubt und die Männer, die Knaben und das Vieh in die größte Scheune des Dorfes gesperrt, ehe sie diese in Brand steckten.
»Nils auch«, schloss Asta ihren Bericht. »Er ist verbrannt wie alle anderen.«
Candamir nickte ernst. Er konnte nicht ehrlich behaupten, dass er um seinen Schwager trauerte, aber für Asta tat es ihm Leid. Es war eigenartig, sie so plötzlich wiederzusehen.
Eine uralte Blutfehde hatte die Sippen vor Menschengedenken verfeindet, und sowohl Nils als auch Asta hatten sich den Zorn ihrer Väter zugezogen, als sie gegen ihr ausdrückliches Verbot verstießen und heirateten. Aber anders als ihr Vater hatte Nils’ Sippe dem abtrünnigen Sohn schließlich verziehen und ihn mitsamt seiner Frau in Elbingdal aufgenommen. Die Ehe hatte zumindest bewirkt, dass die beiden Familien sich während der letzten Jahre aus dem Wege gegangen waren, statt sich wie früher in regelmäßigen Abständen gegenseitig heimzusuchen. Candamir musste gestehen, dass das eine gute Sache war, die die ständige Bedrohung, die seine
Kindheit überschattet hatte, beseitigt hatte. Und gute Jahre seien es gewesen, berichtete Asta nicht ohne Trotz. Nils hatte es zu einigem Wohlstand gebracht und gar
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