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Die Siedler von Catan.

Die Siedler von Catan.

Titel: Die Siedler von Catan. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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sich nicht zu ihm legte. Heute Abend hatte sie ihm bei Dämmerung gesagt, sie wolle zum Fluss gehen und ein Bad nehmen. Er hatte keine Einwände erhoben und nur genickt, während ihm die Augen schon fast zufielen. »Er wird nichts merken, sei beruhigt.« Sie nahm wieder seine Rechte, beugte sich ein wenig vor und legte sacht die Lippen auf seine. Hacons Augen klappten zu.
    Sein Gewissen plagte ihn. Ihm war durchaus bewusst, dass er seinen Bruder schon mit diesem Kuss hinterging. Und er ahnte, dass Gunda nicht die Absicht hatte, es dabei zu belassen. Das hatte Candamir nicht verdient, wusste er. Sein Bruder war nicht einmal böse geworden, als Hacon ihm gestanden hatte, was am Ufer vorgefallen war und was er sich eingebrockt hatte. Candamir hatte ihm lediglich mit einem müden Seufzer geraten, die Nachtstunden zu nutzen, um über Tugenden wie Treue und Pflichterfüllung nachzudenken und darüber, ob er sie ernst genug nahm. Hacon hatte die feste Absicht gehabt, genau das zu tun, doch stattdessen war er im Begriff, einen wahrlich schändlichen Treuebruch zu begehen.
    Er drehte den Kopf weg. »Gunda, nicht …«
    »Und warum nicht? Niemand muss es je erfahren, Hacon. Ich werde zurückgehen, ehe es hell wird. Der Mond spendet genug Licht, um den Weg zu finden.«
    »Darum geht es aber nicht …«
    »Ist es vielleicht nicht so, dass er dir immer verbietet, was du willst, sich selbst aber alles nimmt, was er begehrt?«, unterbrach sie. »Ist das vielleicht gerecht?«
    »Nein«, räumte Hacon ein. Sie legte den Finger auf eine offene Wunde.
    »Na siehst du. Komm schon, Hacon. Hör auf zu grübeln.«
    Ihre Stimme war ein sanftes Flüstern, und ihn überlief ein wohliger Schauer. »Er will mich doch in Wahrheit gar nicht mehr. Du weißt doch ganz genau, nach wem er sich verzehrt. Aber du willst mich, nicht wahr?«
    »Ja«, gestand er.
    Gunda streifte ihren fadenscheinigen Kittel über die Schulter herab, nahm Hacons Hand und legte sie auf ihre Brust.
    Hacon blinzelte konzentriert. So fühlten sie sich also an. Anders als alles, was er je gefühlt hatte, gänzlich neu.
    Er lernte eine Menge neuer Dinge kennen in dieser Nacht. Gunda verführte ihn mit großer Hingabe, dankbar für seine Erregung, seine sanfte Schüchternheit und seine Freude. Sie war ihm gefolgt, um ihre Rache an Candamir zu nehmen, aber sie bekam weitaus mehr, denn unbeholfen, wie er war, schenkte Hacon ihr doch alles zurück, was sie ihm gab, und sie fand Trost darin, wie hemmungslos dieser Junge sie begehrte.
    Als Olaf sie am nächsten Morgen fand, schliefen sie immer noch erschöpft, nackt und eng umschlungen. Die Schafe waren weit verstreut, und er entdeckte Blutspuren im Gras.
    Gebunden und in Schande brachte Olaf sie zurück. Er saß auf einer nervösen, nur halb zugerittenen Stute und zerrte die beiden Übeltäter an einem langen Strick hinter sich her. Der kleine Nils schrie aus voller Kehle, denn er war hungrig, und wann immer der Strick genug Spiel hatte, versuchte Gunda, ihrem Sohn mit den gefesselten Händen über den Kopf zu streicheln, um ihn zu beruhigen und zu trösten. Aber ohne Erfolg. Weder sie noch Hacon trugen Schuhe. Olaf hatte ein scharfes Tempo angeschlagen, und sie hatten beide blutige Füße, als sie ankamen.
    Die Frauen und Mädchen, die das traurige Trio auf seinem Weg zur Dorfwiese am Ufer sahen, bedurften keiner Erklärung. Mit einem gedämpften Murmeln schickte Brigitta Inga in den Wald, um die Männer zu holen. Sie kamen wenig später, zu zweit oder zu dritt. Die Äxte noch in Händen, eilten sie ins Dorf, so als wäre ein Feuer ausgebrochen.
    Bald waren die Siedler vollzählig nahe der neuen Esche versammelt. Die Männer bildeten einen inneren, die Frauen und Sklaven einen äußeren Kreis um Olaf und seine beiden Gefangenen.
    Zaudernd, langsam wie ein Schlafwandler trat Candamir ein paar Schritte näher und blieb vor Olaf stehen. Die Haut über seinen Wangenknochen und um die Augen wirkte seltsam dünn und gespannt. Er würdigte weder seinen Bruder noch seine Magd eines Blickes.
    »Sechs Schafe, Candamir«, sagte Olaf – laut genug, dass jeder ihn hörte. Er sprach ganz ruhig, schien wesentlich beherrschter als tags zuvor am Fluss. Aber seine Augen waren eigentümlich trüb. »Die Wölfe haben sich ein Fünftel meiner Herde geholt, während dein Bruder seine Unschuld verlor.«
    Candamir schaute zu Hacon. Der Junge brauchte eine Weile, ehe er den Mut fand, den Kopf zu heben und den Blick zu erwidern. Was er sah, war nicht das,

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