Die Siedler von Catan.
über dem knisternden Feuer und bemerkte: »Osmund ist gekommen.«
Hacon war nicht überrascht. »Er hilft uns, die Schafe zu scheren, die geschlachtet werden. Das kann keiner so gut wie er.«
»Warum werden die Schafe geschoren, ehe sie geschlachtet werden? Wäre es anschließend nicht viel einfacher?«, fragte der Sachse verwundert.
Dieses Mal lächelte Hacon über seine Unwissenheit. »Die Wolle von lebenden Tieren ist besser als von toten.«
Austin konnte kaum glauben, dass der Wolle hinreichend Zeit blieb, sich zu verändern, wenn man sie gleich nach dem Töten der Tiere schor, aber er musste zugeben, dass er davon nun wirklich nichts verstand. Die Brüder des heiligen Benedikt, zu denen er gehört hatte, ehe er hierher aufbrach, züchteten Schafe und bauten Getreide und Gemüse für den eigenen Bedarf an, doch weil er so geschickte Hände hatte, hatte man ihn in der Kunst des Schreibens und der Buchherstellung unterwiesen, sodass er von Feldarbeit und Viehzucht nicht viel wusste.
»Es scheint ihm besser zu gehen«, bemerkte der Sachse nach einem längeren Schweigen. »Osmund, meine ich. Er sieht nicht mehr so düster aus wie noch vor ein paar Wochen. Offenbar hat der Herr ihn aus dem finsteren Tal geführt.«
Obwohl Hacon diese letzte Bemerkung nicht verstand, nickte er. »Ja, das sagt Candamir auch. Aber Osmund macht immer noch einen Bogen um alle Frauen. Er scheint es nicht eilig zu haben, wieder zu heiraten.«
»Nein«, stimmte der Sachse zu.
»Das findest du richtig?«, fragte der Junge erstaunt.
»Durchaus. Er trauert um sein Weib, wie es sein sollte.«
»Aber irgendwann muss damit doch Schluss sein. Der kleine Roric braucht eine Mutter, und ein Mann braucht eine Frau.«
»Nach meinem Glauben sollten Männer und Frauen eigentlich nur einmal verheiratet sein und ledig bleiben, wenn einer der Eheleute stirbt«, entgegnete der Mönch. »Der einzige Grund, um erneut zu heiraten, ist, wenn sie andernfalls Gefahr laufen, der Sünde des Fleisches anheim zu fallen.«
Hacon runzelte die Stirn. »Der was?«
»Der Wollust. Du weißt schon, was ich meine … « Austin errötete ein wenig und schaute ins Feuer.
Jetzt wusste Hacon, wovon er sprach, denn der Sachse errötete nur dann, wenn es darum ging, dass Männer und Frauen zusammenlagen. »Ich verstehe nie so recht, was du mit ›Sünde‹ meinst.«
»Eine Sünde begehen heißt, ein Verbot brechen oder ein göttliches Gebot missachten. Etwas Böses tun.«
»Aber was Männer und Frauen tun, ist nicht verboten oder böse. Die Tiere tun es auch, und Tiere kennen kein Gut und Böse.«
Fast ein Philosoph, der junge Hacon, dachte der Sachse amüsiert. »In meiner Religion ist es Sünde, wenn man es ohne Gottes Segen tut.«
»Und Gott erteilt diesen Segen jedem Mann und jeder Frau nur einmal? Was ist, wenn sie merken, dass sie sich nicht verstehen, und sich trennen?«
Der Sachse schüttelte entschieden den Kopf. »Das gibt es bei wahren Christen nicht. Man schließt den Bund fürs Leben, denn er ist von Gott geheiligt. Doch wie gesagt, wenn einer der Eheleute stirbt, drückt Gott ein Auge zu und erlaubt eine Wiederverheiratung, um schlimmeres Übel zu vermeiden.«
»Seltsam, wie dein Gott sich in das Leben seines Volkes einmischt«, meinte Hacon versonnen. »Dass er dafür Zeit hat.«
»Hm. Er ist allmächtig und kann daher hundert Dinge gleichzeitig tun.«
»Sich in hundert Leben gleichzeitig einmischen, meinst du wohl«, neckte der Junge grinsend. »Aber sag mir, was hat dein Gott davon, wenn die Männer und Frauen nicht beieinander liegen?«
»Nein, es ist umgekehrt. Die Menschen haben etwas davon. Enthaltsamkeit erhöht die Seele.«
Dann muss meine Seele irgendwo in den Wolken schweben, dachte Hacon düster, denn wenngleich er sie nur zu gern losgeworden wäre, hatte er seine Unschuld immer noch nicht verloren. »Du willst also sagen, Osmund ist ein besserer Mann als etwa mein Bruder?«, fragte er schließlich.
Der Sachse nickte, ohne zu zögern. »In dieser Hinsicht, ja.«
»Denkst du, dein Gott belohnt ihn deswegen mit der besten Schafherde?«, fragte Hacon weiter.
»Nein. Mein Gott belohnt die Gerechten im Jenseits. Du weißt schon, ich habe dir doch davon erzählt.«
Hacon nickte.
»Mit irdischem Lohn ist Osmund nicht gerade reich gesegnet, trotz seiner guten Herde«, fuhr Austin fort. »Er schuftet unermüdlich, um aus diesem hoffnungslosen
Stück Land etwas zu machen, aber natürlich ohne Erfolg. Jetzt ist ihm obendrein die Frau
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