Die Siedler von Catan.
der Mönch etwas abgewinnen konnte. Denn Baldur war ein Opferlamm, rein und unschuldig, beinah wie Christus. Aber Loki?
»Du gibst deine Tochter in den Schutz eines Lügners und Verräters? Des Teufels selbst?«, fragte er fassungslos.
»Ich weiß nie so recht, was du mit dem Wort meinst«, entgegnete Candamir. »Loki ist der schlaueste aller Götter, darum ist sein Schutz machtvoll – falls es seinen Absichten dient, ihn zu gewähren. Es stimmt, er ist unzuverlässig und voller Niedertracht, doch er gehört zu den Göttern, so wie die Niedertracht Bestandteil der Welt ist. Deine Religion krankt daran, dass sie alles verleugnet, was nicht gut ist, so als wäre es gar nicht da.«
»Und deine Religion krankt daran, dass sie einfach alles hinnimmt, was nicht gut ist, statt es zu bekämpfen«, ereiferte Austin sich.
»Du bist und bleibst ein Narr, Sachse«, bekundete Candamir kopfschüttelnd. »Du willst das Wesen der Dinge verändern, dabei behauptest du doch selbst, dein Gott habe die Welt so gemacht, wie sie ist. Wie kannst du dir nur anmaßen, sein Werk in Zweifel zu ziehen? Wirst du dich als Nächstes dagegen auflehnen, dass im Herbst die
Blätter fallen oder dass jedes Leben enden muss?«
Hacon sah gespannt von einem zum anderen. Es amüsierte ihn immer, wenn Austins und Candamirs Welten aufeinander prallten, und manchmal brachten ihre Wortgefechte ihn zu den erstaunlichsten Erkenntnissen.
»Ich lehne mich nicht auf«, erklärte der Mönch. »Aber wir dürfen das Böse in der Welt nicht einfach hinnehmen wie das Fallen der Blätter. Gott hat uns mit Vernunft und Herz gesegnet, damit wir es bekämpfen, vor allem in uns selbst.«
»Mächtiger Tyr, er bringt es fertig, sich selbst in einem einzigen Atemzug zu widersprechen«, brummte Candamir mit komischer Verzweiflung.
Austin schüttelte den Kopf. »Eines Tages wirst auch du es noch begreifen.«
»Ja. An dem Tag, da Schnee auf den Hängen des Asi liegt.«
Der Tag mag kommen, dachte der Mönch. Größere Wunder werden alle Tage von Gott und seinen Heiligen vollbracht. Er hob gelassen die Schultern. »Wie dem auch sei. Ich habe deine Töchter getauft, darum ist es gleich, welchen Götzen du sie anempfiehlst, denn selbst vor der Heimtücke Lokis wird mein Gott sie beschützen.«
Candamir seufzte. Er hatte sich schon lange damit abgefunden, dass Austin immer das letzte Wort bei diesen Auseinandersetzungen hatte, denn dessen Eifer war weitaus größer als seiner. Unaufgefordert, aber keineswegs unwillkommen nahm Candamir auf der Bank Platz. »Ich bin nicht gekommen, um mir wieder einmal anzuhören, wie du meine Götter beleidigst, Sachse.«
»Nein? Weswegen dann?«
»Ich brauche ein Stück Pergament. Ein ziemlich großes
Stück. Ich will es vor das Fenster der Kinderstube spannen. Säuglinge sind anfällig, und wenn ich das Fenster mit Pergament abdecke, hab ich mir überlegt, kommt das Licht noch hindurch, aber weder die Hitze noch der Regen oder der kühle Nachtwind.«
Hacon sah ihn verblüfft an. »Das ist eine großartige Idee«, befand er. »Vielleicht wäre unser Ole nicht so oft erkältet, wenn wir das auch machen.«
»Ich kann nicht so viel Pergament erübrigen, um jedes Fenster Catans damit zu bespannen«, warnte Austin.
Candamir grinste. »Ja, ich weiß, wenn es um dein heiß geliebtes Pergament geht, wirst du geizig.«
»Erlaube mal …«
»Ich bau dir einen kleinen Schrank für deine Bücher«, bot Candamir an. »Mit einer Tür, sodass sie vor Staub und Feuchtigkeit geschützt sind.«
Austin lächelte breit. »Du hast dein Pergament.«
»Gut. Siglind lässt ausrichten, du sollst zum Essen kommen. Wir wollen einen Becher Met auf das Wohl von Heidrun und Heidlind trinken. Je einen Becher Met auf das Wohl jeder Tochter, versteht sich.«
»Ich komme gern, wenn du mir versprichst, mich nicht wieder zu nötigen, so viel zu trinken wie du.«
Candamir zog eine spöttische Grimasse. »Du hast mein Wort«, beteuerte er und wandte sich an seinen Bruder. »Komm auch, Hacon. Bring deine Familie mit. Lass uns ein bisschen feiern, wie wär’s?«
»Abgemacht.«
»Gut.« Zufrieden erhob sich Candamir. »Dann gehe ich jetzt zu Harald und Asta.«
»Wird Osmund zur Feier kommen?«, fragte Hacon möglichst beiläufig. Er wusste, dass Austin sich immer unwohl fühlte, wenn er mit Osmund an einer Tafel saß, weil der ihn stets misstrauisch beäugte und der Mönch jedes Wort auf die Goldwaage legen musste, um einen Streit mit Candamirs Ziehbruder zu
Weitere Kostenlose Bücher