Die Siedler von Catan.
Rücken.
»Oh, trutzstarker Thor …«, murmelte Lars heiser.
Candamirs Gewand war an Arm und Schulter versengt, eine blutige Schramme verlief über seine Stirn. Hacon beugte sich über ihn, um festzustellen, ob sein Bruder tot war oder lebte, doch ein harter Gegenstand traf ihn am Hinterkopf, und den nächsten Blitz sah er nicht mehr.
Ein wunderbar sachtes Schaukeln weckte Hacon. Er schlug die Augen auf und sah über sich einen Sternenhimmel von ergreifender Schönheit. Der Sturm ist vorbei, dachte er selig. Bald erreichen wir die neue Heimat …
Dann brachte der Schmerz in seiner rechten Hand ihn zurück in die Gegenwart, und er setzte sich ruckartig auf.
»Candamir?«
»Er ist bewusstlos«, sagte Lars’ Stimme aus der Finsternis.
Hacon wandte den Kopf. Lars stand am Helm, gönnte Hacon nur einen kurzen, ausdruckslosen Blick und schaute dann wieder nach vorn. Sie befanden sich an Deck eines großen Schiffes. Der Seedrache, erkannte Hacon. Als er sich auf die Knie aufrichtete und über die Reling spähte, bot sich ihm ein unerwarteter Ausblick: die See. Nachtschwarz funkelte sie im kalten Glanz der Sterne, hier und da schimmerten kleine Schaumkronen auf den Wellenkämmen. Für einen Augenblick jubilierte Hacons Herz. Anders als sein Bruder war er in seinem Leben nur auf eine einzige, sehr beschwerliche und entbehrungsreiche Seereise gegangen, aber die Liebe zum Meer lag ihm ebenso im Blut wie Candamir.
Doch Hacons Freude währte nicht lange. Er wandte den Blick ab, sah sich an Deck um und entdeckte die leblose Gestalt seines Bruders nur ein kleines Stück entfernt an der Backbordwand. Unsicher kam Hacon auf die Füße, ging zu ihr hinüber, kniete sich wieder auf die Planken und beugte sich über sie. Candamir atmete, aber die Bewusstlosigkeit war tief. Irgendwer hatte ihm das Obergewand ausgezogen und es ihm zu einem unordentlichen Kissen zusammengeknüllt unter den Kopf gelegt. Es war zu finster, um zu erkennen, wo und wie schwer er verwundet war.
»Was ist mit ihm?«, fragte Hacon.
»Keine Ahnung«, erwiderte Lars. »Ich schätze, er hat einen Ast auf den Kopf gekriegt oder so was. Wir müssen abwarten.«
»Und dein Vater?«, fragte Hacon beklommen.
»Mein Vater ist tot.« Es war unmöglich, zu erraten, was Lars bei dieser Feststellung empfand. Sie klang nüchtern.
»Dennoch willst du uns leben lassen?«
»Ein Weilchen. Euch zu holen, war der Zweck unserer Fahrt.«
Hacon fiel aus allen Wolken. »Was in aller Welt wollt ihr von uns?«
»Wir wollen nur dich. Wir brauchen einen Schmied, Hacon. Deinen Bruder wollten wir nur, um uns deiner treuen Dienste zu versichern.«
Hacon nickte. Sein Mund war trocken. Aber seine Stimme klang ganz ruhig, als er antwortete: »Nun, ich werde tun, was immer ihr wollt, aber es wird ein bisschen dauern, ehe ich damit beginnen kann.«
»Ja, ich habe deine Hand gesehen. Das macht nichts. Wir haben Zeit. Wenn man in der Wüste lebt, lernt man Geduld. Du wirst sehen.«
Als die Sonne aufging, erkannte Hacon, dass die Besatzung des Schiffes aus zehn Männern bestand: Olafs Söhne Lars, Gunnar und Leif und sieben ehemalige Sklaven, die jetzt aber alle das Haar lang und Waffen am Gürtel trugen. Hacon kannte sie von früher. Doch kaum einer wollte ihn anschauen, und diejenigen, die es taten, erwiderten seinen Blick mit Feindseligkeit und Häme. Hacons Herz sank. Ehe er versuchen konnte, mit einem der Männer zu reden, kam Gunnar und verband ihm die Augen.
»Nimm die Binde nicht ab«, schärfte er ihm ein. »Besser für dich, du weißt nicht genau, wohin wir dich bringen, verstehst du?«
Hacon nickte ergeben.
Es war schwierig, das Verrinnen der Zeit zu messen, wenn man nichts sah. Aber er schätzte, es war zwei oder drei Stunden nach Tagesanbruch, als sie landeten. Die Männer führten ihn von Bord und ein Stück über felsigen Grund. Dann zwangen sie ihn auf die Knie nieder. Er verharrte reglos, lauschte, und nach einer Weile hörte er das schwere Ächzen von Holz auf Holz. Offenbar wurde das Schiff mit Hilfe von Baumstämmen an Land gerollt und vermutlich in irgendwelchen Felsen versteckt. Das war also der Grund, warum diejenigen, die die Westküste hinabgesegelt waren, nie eine Spur von Olafs Schiff hatten entdecken können.
Als Hacon ein leises Stöhnen vernahm, tastete er mit den Händen. »Candamir?«
»Wo bin ich?«, fragte sein Bruder erschöpft.
Hacon fand etwas, das sich wie ein Arm anfühlte, und raunte eindringlich: »Bleib still liegen und lass die Augen
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