Die Siedler von Catan.
sich. Hinter ihnen folgte Hacon, flankiert von Gunnar und Leif. Die übrigen Männer folgten paarweise nebeneinander. Nach vielleicht hundert Schritten mussten sie die flache Rinne verlassen, und Candamirs Füße machten zum ersten Mal Bekanntschaft mit der wahren Beschaffenheit dieses Bodens: uneben, scharfkantig und tückisch, mit knöcheltiefen Kratern übersät wie ein pockennarbiges Gesicht. Als er nach einer guten halben Stunde zum ersten Mal fiel, schlug er sich beide Knie und Schienbeine auf, hart genug, dass er Blut seine Beine hinablaufen fühlte. Nach einer weiteren Stunde bohrte sich eine der charakteristischen Spitzen, mit denen der felsige Boden so reichlich bewehrt war, durch seine linke Sohle, und fortan hinkte er.
»Wie weit ist es?«, fragte Hacon.
»Bei Sonnenuntergang sind wir da«, antwortete Gunnar.
Oh, mächtiger Tyr, dachte Candamir.
Noch ehe der Vormittag halb um war, herrschte eine Hitze wie in einem Schmelzofen im Leeren Land. Die Luft flimmerte über dem Boden, der die Sonnenstrahlen aufzusaugen schien wie ein Schwamm und ihre Wärme abstrahlte.
Candamir befand sich in einer eigentümlichen Schattenwelt. Sein Kopf hämmerte dumpf, ihm war schwindelig, und sein Blick war verschwommen. Er war furchtbar durstig. Doch die meisten Sorgen machten ihm seine Füße. Sie taten weh, und bei jedem Schritt spürte er Nässe in den Schuhen, die nur sein eigenes Blut sein konnte. Blinzelnd versuchte er, auf seine Füße hinabzusehen, aber er konnte sie nicht deutlich erkennen. So wenig wie den Boden. Darum torkelte er und stolperte allenthalben.
Gegen Mittag befahl Lars eine kurze Rast. Sie befanden sich am Fuße des Nordhanges eines Hügels, den sie umrundet hatten, aber weil die Sonne hoch stand, gab es keinen Schatten. In dieser Wüste gebe es nirgendwo Schatten, sagte Gunnar später einmal zu Hacon, und darum fürchteten sich selbst die Götter vor dem Leeren Land.
»Jeder Mann und jedes Pferd bekommen einen halben Becher Wasser«, beschied Lars. »Das heißt, jeder außer Candamir.«
Hacon schaute zu seinem Bruder. Candamir war auf die Knie gesunken, sobald die Kolonne angehalten hatte, lag jetzt auf der Seite, die Arme zum Schutz vor der Sonne vor dem Gesicht. Er ließ durch nichts erkennen, ob er gehört hatte, dass er weiter dürsten sollte.
Als Gunnar Hacon einen zur Hälfte gefüllten Becher reichte, saß der junge Schmied ab und schüttelte den Kopf. »Ich trinke, wenn mein Bruder trinkt. Nicht eher.«
Gunnar wandte sich fragend zu Lars um. Der zuckte gleichmütig die Schultern. »Er wird lernen, kein zweites Mal auf seine Ration zu verzichten. Spar seinen Anteil für Leif auf, damit er uns nicht wieder schlappmacht, ehe wir zu Hause sind.«
Die Männer lachten, und der sechzehnjährige Leif senkte beschämt den Kopf.
Hacons Zorn darüber, wie wirkungslos seine heldenhafte Geste geblieben war, wurde von Verwunderung verdrängt. Zu Hause?, fragte er sich fassungslos. Wie kann man diesen gottverlassenen Ort ein Zuhause nennen?
Niemand bekam etwas zu essen. Waren sie denn alle nicht hungrig? Hacons Magen hatte schon vor einer Weile zu knurren begonnen, denn das Frühstück am gestrigen Morgen war seine letzte Mahlzeit gewesen. Er sah sich Lars und seine Männer ein wenig genauer an. Sie alle wirkten schlank und athletisch, aber nicht mager. Und wieso auch, dachte er voller Bitterkeit. Sie haben schließlich all die Jahre gut von unserer Hände Arbeit gelebt …
Als Lars ihn wieder auf die Füße zerrte, hatte Candamir Mühe, sich aufrecht zu halten. Sein Zustand hatte sich während der Rast merklich verschlechtert. Der Durst quälte ihn, sein Kopf dröhnte, und die Welt waberte vor seinen Augen.
»Wie lange noch?«, fragte er.
Lars betrachtete ihn mit verschränkten Armen, ein kleines Hohnlächeln kräuselte seine Lippen. »In diesem Schneckentempo fünf oder sechs Stunden.«
Candamir nickte. Er wünschte, er hätte nicht gefragt, denn er wusste, dass er das niemals schaffen würde.
Lars, Hacon und die übrigen Männer saßen wieder auf, und es ging weiter. Allmählich veränderte sich das Land ein wenig. Aus den schartigen Hügelketten wurde eine weite Ebene. Doch die Beschaffenheit des Bodens wandelte sich niemals, und immer ragte zu ihrer Linken der feurige Berg auf, den sie allmählich hinter sich zurückließen. Nichts rührte sich in dieser Ödnis. Es gab kein erkennbares Leben und kein Grün, nichts, was dem Auge und dem Geist Erholung von der endlosen schwarzbraunen
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