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Die Siedler von Catan.

Die Siedler von Catan.

Titel: Die Siedler von Catan. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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eine Stunde.« Oder zwei.
    Er bekam keine Antwort.
    Hacon rüttelte wieder an der Schulter. »Candamir, hörst du mich?«
    »Ja.«
    »Dann komm auf die Füße. Na los, mach schon! Du wirst mir hier jetzt nicht schlappmachen, nicht so kurz vor dem Ziel, hast du verstanden?«
    »Ich kann nicht weiter.«
    »Dann gib dir mehr Mühe!«
    Candamir war zu erschöpft für Entrüstung, aber immerhin hob er den Kopf und knurrte: »Was fällt dir ein?«
    »Das hast du früher immer zu mir gesagt.«
    Candamir lächelte flüchtig, bettete den Kopf aber wieder in den Staub. »Aber ich weiß … wovon ich rede.«
    Hacon fürchtete, das könnte stimmen. Es sah Candamir ähnlich, klaglos zu laufen und dann umzufallen, wenn seine Kräfte aufgezehrt waren. Wohingegen Hacon vermutlich schon Stunden vorher zu jammern begonnen und behauptet hätte, er sei am Ende. Das hatte immerhin den Vorzug, dass man seine Reisegefährten nicht so böse überraschte.
    »Candamir, bitte!«, flehte er. »Du kannst dich jetzt nicht einfach hier hinlegen und sterben.«
    »Doch.« Er wollte nicht. Aber er wusste, er war erledigt. Seit dem Mittag hatte er an Wadenkrämpfen gelitten, die allmählich die Beine hinaufgekrochen waren. Jetzt fühlten Füße, Waden und Oberschenkel sich völlig taub an, er spürte sie nicht mehr. Darum konnte er nicht weitergehen, und hätte ihn nur ein Steinwurf vom rettenden Wasser getrennt.
    »Komm, lass es uns noch einmal versuchen. Nur ein einziges Mal«, bettelte sein Bruder.
    Allein um seinen guten Willen unter Beweis zu stellen, ließ Candamir sich auf die Füße ziehen. Aber nach einem taumelnden Schritt fiel er wieder. »Siehst du«, murmelte er und schloss die Augen. Er war nicht ohnmächtig, sondern einfach eingeschlafen. Nicht der Durst drohte ihn umzubringen, sondern schlichte Entkräftung.
    Hacon hockte sich neben ihn und überlegte, ob sie es riskieren konnten, hier ein paar Stunden zu rasten, bis die Sonne unterging und es kühler wurde. Aber ein Gefühl warnte ihn, dass der Zustand seines Bruders sich dadurch nicht bessern würde, im Gegenteil. Candamir brauchte Wasser, und zwar bald. Und erst wenn er das bekam, würde er wieder auf die Beine kommen.
    Behutsam legte Hacon ihm eine Hand ans Kinn, öffnete ihm den Mund und holte den Ring heraus, ehe Candamir daran ersticken konnte. Aber nicht einmal davon wachte er auf, auch nicht, als Hacon ihm den Ring zurück an den Finger steckte. Candamirs Schlaf schien unnatürlich tief, aber unruhig. Hacon sah seinen Bruder die aufgesprungenen Lippen bewegen, beugte sich weiter über ihn und erahnte das Wort »Siglind«.
    »Du bist noch gar nicht bereit, diese Welt zu verlassen, Bruder«, sagte Hacon vorwurfsvoll. Hätte Candamir ihn gehört, hätte er antworten können, dass ihm diese Erkenntnis keineswegs neu war.
    Hacon ergriff seine Hand und blieb ein Weilchen still neben ihm sitzen. Er wusste, er konnte eines von drei Dingen tun: allein weitergehen und seinen Bruder später hier abholen, um ihn anständig unter die Erde zu bringen, wie es neuerdings bei ihnen üblich war. Oder er konnte sich neben ihn legen und einträchtig Seite an Seite mit ihm sterben. Oder aber er konnte um ein Wunder beten und das Unmögliche versuchen.
    Als Junge hatte er sich oft sehnlich gewünscht, er wäre so verwegen wie sein Bruder. Inzwischen hatte er andere Tugenden höher schätzen gelernt. Doch jetzt war es mit einem Mal wieder so: Er wünschte sich, er hätte den in so vielen Liedern gepriesenen Mut der Verzweiflung, den man brauchte, um eine Aufgabe zu beginnen, die man niemals bewältigen konnte. Er spürte die todbringende Macht der Wüste mit all seinen Sinnen, fühlte die breiige Hitze auf der Haut und in den Augen, roch und schmeckte die staubige Leblosigkeit, hörte die allumfassende Stille. Sie war monströs. Gewaltig genug, um Unerschrockeneren als ihm den letzten Mut zu rauben.
    »Dann musst du es eben mutlos versuchen«, murmelte Hacon schließlich vor sich hin. Seine Glieder erschienen ihm bleischwer, als er sich erhob – er fühlte sich alt. Trotzdem beugte er sich über den Bruder, richtete ihn ein wenig auf und zog sich den leblosen Körper über die Schultern.
    Die Sonne hing wie eine geschmolzene Münze über dem Leeren Land und überzog die schwarze Wüste mit einem kupferfarbenen Schimmer, verlieh ihr einen gänzlich unerwarteten Liebreiz. Doch Hacon würdigte ihn keines Blickes, sah stur geradeaus zum Rand des Waldes.
    Er erinnerte sich später nicht mehr genau an

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