Die Siedler von Catan.
linke Ski war zwei Schritt lang und hatte eine glatte Unterseite, der rechte war nicht länger als Austins Arm und die Unterseite mit Pelz verkleidet. Auf dem langen Ski gleite man, mit dem kurzen stoße man sich ab, hatte Candamir ihm erklärt und ihm einen langen Stock gegeben, mit dem man das Gleichgewicht hielt. Es dauerte allerdings ein Weilchen, bis der Sachse mehr zustande brachte, als sich auf die Nase zu legen. Candamir und Hacon standen trotz der Kälte im Hof, schauten ihm zu und amüsierten sich über seine fruchtlosen Bemühungen. Doch er meisterte diese ungewohnte Art der Fortbewegung schnell, denn er war jung und athletisch – nicht so groß wie die Männer hier, aber drahtig. Ohne Missgeschicke erfüllte er seine Aufgabe. In gewisser Weise genoss er es sogar, mitten in der Nacht aufzustehen, wenn das ganze Haus schlief, und in die Kälte hinauszumüssen. Es erinnerte ihn an die Jahre im Kloster, wo die Brüder ihren Schlaf jede Nacht für Mette und Laudes unterbrachen. Wann immer das Wetter es zuließ und wenigstens ein wenig Licht von Mond oder Sternen die Nacht erhellte, fuhr er mit einem Säckchen voller Lebensmittel zu Osmunds Hof hinüber und füllte dessen Vorratsfässer auf. Er war sich der Gefahr sehr wohl bewusst, denn sollte Osmund ihn ertappen, würde er natürlich annehmen, der Sachse wolle ihn bestehlen. Und Gott allein wusste, was dann geschehen mochte. Haflad der Köhler, der Brigittas Sohn und Osmunds Schwiegervater war, hatte einen seiner Sklaven beim Stehlen ertappt und ihn so unbarmherzig geschlagen, dass der Mann starb. Jetzt fehlte ihm ein Knecht, und in seinem Zorn und seiner Verzweiflung schlug Haflad nun seine ganze Familie, dass es ein wahres Elend war, hatte Nori ihm erzählt, der ihm die schaurige Geschichte zugetragen hatte. So flüchtete Austin sich auf seinen nächtlichen Ausflügen ins Gebet, denn dort fühlte er sich sicher und geborgen, und trug Sorge, dass er immer einen kleinen Leckerbissen für Osmunds Hund bei sich hatte. Das zottelige Ungetüm kannte ihn zwar und schlug deshalb nicht an, wenn er kam, aber er fand, ein paar Vorsichtsmaßnahmen seien gewiss ratsam.
So war es nicht Austin, der auf frischer Tat in einem Vorratshaus erwischt wurde, sondern Hacon. Heide die Köchin hatte ihn geschickt, eine Schale Hafermehl zu holen, und als der Duft der geräucherten Fische, die auf einer Kordel aufgereiht an der Decke hingen, ihm in die Nase stieg, griff seine Hand zu, ehe er einen bewussten Entschluss gefasst hatte. Aber noch bevor er einen Bissen nehmen konnte, packte ihn eine Pranke im Nacken und riss ihn zurück.
Hacon stieß einen halb unterdrückten Schrei aus und ließ seine Beute los, als sei sie plötzlich glühend heiß.
Die Pranke schüttelte ihn, dass ihm die Zähne klapperten, und schleuderte ihn dann herum.
»Candamir …«
Sein Bruder ließ ihn los und schlug ihn mit der Faust ins Gesicht. Das hatte er noch nie getan. Hacon prallte krachend gegen die Wand und ging dann zu Boden.
»Heute und wie oft zuvor?«, fragte Candamir kalt.
Der Junge stützte sich auf einen Ellbogen und schüttelte inbrünstig den gesenkten Kopf. »Noch nie!«, brachte er undeutlich hervor. Er hatte sich auf die Zunge gebissen, und sein Mund war voller Blut. Seine ganze linke Gesichtshälfte schmerzte, und sein Kopf dröhnte wie eine große Trommel von dem Fausthieb, doch es war vor allem die Scham, die ihm die Tränen in die Augen trieb. Mit zugekniffenen Lidern würgte er das Blut hinunter. »Noch nie, ich schwör’s bei Thors Hammer. Es tut mir Leid, ich weiß kaum, was über mich gekommen ist. Es tut mir Leid …«
»Steh auf!«, herrschte Candamir ihn an. »Und hör auf zu heulen. Das ist ja widerlich.«
Hacon kam auf die Füße, fuhr sich mit dem Ärmel über die blutende Nase und schluckte mühsam. Dann stand er stockstill, mit herunterbaumelnden Armen, den Kopf immer noch so tief gesenkt, dass die dunklen Haare sein Gesicht verdeckten.
Als Candamir seinen Schreck überwunden hatte, gelang es ihm auch, seinen Zorn unter Kontrolle zu bringen. »Was du tun wolltest, könnte Asta das Leben kosten«, sagte er ruhiger.
»Oder Fulc. Und das wusstest du, nicht wahr?«
Die Tränen flossen noch ein bisschen schneller, und der Junge biss sich hart auf die Unterlippe. »Ich habe einen Augenblick nicht darüber nachgedacht. Ich … ich hab solchen Hunger, Candamir. Er hat mich einfach übermannt.«
Candamir seufzte und setzte sich müde auf eines der Fässer.
»Du musst
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