Die Siedler von Catan.
Ehren nannte Odin die Insel Catan, was in der Sprache der Alben Land des
Sternenlichts heißt. Odin verweilte dort, bis sein Schmerz geheilt war, und dann entrückte er die Insel, auf dass kein Sterblicher je an ihre Gestade gelange.«
Es war sehr still in der Halle, nachdem Asta geendet hatte. Das Schleifen des Meißels auf weichem Stein und das Schaben von Hacons Schnitzmesser waren verstummt, allein die Frauen hatten weitergearbeitet, weil ihre Tätigkeit keine Geräusche verursachte.
»Das war … wundervoll«, sagte Gunda und seufzte tief.
Asta lächelte, winkte ein wenig verlegen ab und widmete sich wieder ihrer Näharbeit. »Oh, meine Großmutter erzählte es noch viel schöner. Tanuri hatte ein Lied, das sie sang, wenn sie bei Dämmerung am Fluss erschien, aber ich habe vergessen, wie es ging. Weißt du es noch, Candamir?«
»Nein.« Bedauernd schüttelte er den Kopf.
»Schade. Du hast eine so schöne Stimme.«
Ehe irgendwer ihn auffordern konnte, etwas zu singen, fragte er Gunda: »Erzählt man sich diese Geschichte in deiner Heimat nicht?«
Sie hob kurz die Schultern. »Ich glaube nicht. Manche der Götter haben bei uns auch andere Namen als bei euch. Und der Gott des Sachsen wird in meiner Heimat immer mächtiger.«
Candamir schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Eine Schande ist das …«
»Gibt es in deinem Buch nicht auch eine Geschichte von einem entrückten Land?«, fragte Hacon den Sachsen.
Der schaute kurz zu Candamir, und weil von dort kein Widerspruch kam, antwortete er: »In gewisser Weise. Es war ein Garten. Und er war in dem Sinne vollkommen, wie auch Odin Vollkommenheit verstand. Mein Gott schenkte diesen Garten den Menschen.«
»Aber?«, half Tjorv ihm auf die Sprünge.
Und so erzählte Austin vom Garten Eden, dem Baum und der Schlange und der Vertreibung aus dem Paradies.
»Und was sollte diese seltsame Prüfung?«, fragte Candamir ungehalten, nachdem der Mönch zum Ende gekommen war.
»Was war an diesem Baum anders als an den anderen?«
»Nun, er war verboten«, antwortete Austin.
»Warum?«
»Weil Gott es gesagt hat.«
»Also erst schafft er dieses Land und die Menschen, denen er es schenkt. Aber er schafft die Menschen mit all ihren Schwächen und stellt sie dann vor eine Prüfung, die sie nicht bestehen können. Was für ein Unsinn. Hatte dein Gott Langeweile, oder warum hat er das gemacht?«
»Sie hätten die Prüfung bestehen können, trotz ihrer Schwächen«, widersprach Austin. »Denn Gott hat ihnen einen freien Willen gegeben.«
»Willst du etwa behaupten, das bedeute, der Mensch habe sein Schicksal selbst in der Hand?«, fragte Asta mit einem ungläubigen Lachen.
»O ja.«
»Das ist vermessen«, widersprach Candamir ärgerlich, trat zu seinem Sachsen und fuchtelte ihm mit dem Sax vor der Nase herum, ohne es zu merken. »Die Nornen bestimmen das Schicksal, sowohl das der Menschen als auch das der Götter, und nur so kann die Welt ihren vorherbestimmten Lauf nehmen. Wie könnten wir uns anmaßen, wissen zu wollen, was richtig und was falsch ist? Deine Geschichten sind spannend, Sachse, aber ihre Lehren sind eitel. Und gefährlich. Erzähle uns von mir aus von den großen Königen aus deinem Buch und von ihren Schlachten, aber keinen solchen Unsinn mehr. Hast du verstanden?«
Austin bog den Kopf ein wenig zurück, um Abstand zwischen sich und die mörderische Klinge zu bringen. »Ja, Herr«, murmelte er scheinbar demütig. Aber er wusste, dass es gelogen war. Er konnte nicht aufhören, ebenso wenig, wie er aus freiem Entschluss hätte aufhören können zu atmen. »Da wäre die Geschichte von dem mächtigen Krieger Samson und seinem Verhängnis. Ich glaube, die würde dir gefallen …«
Die Tage wurden dunkler und kälter, und das Dorfleben kam beinah zum völligen Stillstand, denn niemand ging vor die Tür, den nicht dringende Geschäfte dazu zwangen.
Die Wochen vor dem Julfest waren noch nicht von wirklicher Not bestimmt, aber doch schon von Hunger. Eine, höchstens zwei karge Mahlzeiten am Tag stellten niemanden zufrieden, vor allem die Männer nicht, auch wenn es jetzt keine schwere Arbeit zu tun gab. Das bohrende Gefühl der Leere im Bauch wurde jedem ein ständiger Begleiter.
Austin nahm seine nächtlichen Botengänge auf. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er auf Skiern stand. Diese waren aus Kiefernholz gefertigt, und durch waagerechte Bohrungen in den dünnen Brettern waren Lederschnüre gezogen, mit denen man sie am Fuß befestigte. Der
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