Die Siedler von Catan.
Schmied schüttelte den Kopf. »Du irrst dich. Übrigens hat sie das Balg deiner Friesin ein ›Kind fremder Gestade‹ genannt. Was sagst du dazu? Seltsam, he?«
Candamir zuckte unbehaglich die Achseln. »Nun, Gunda kommt von fremden Gestaden.«
»Hm«, machte der Schmied.
An einem der folgenden Tage beschlug Harald Siwards Pferd und erzählte ihm bei der Gelegenheit von Candamirs Ansinnen und Olafs Land. Siward sprach bei einem Krug Bier mit dem alten Eilhard darüber. Eilhard schnallte die Skier unter und besuchte seine beiden Söhne, die in einem der Weiler am Fluss lebten, um ihnen von einer dünn besiedelten, fruchtbaren Insel im westlichen Meer zu berichten. So verbreitete der Vorschlag sich allmählich in Elasund und der Umgebung.
Bei der geruhsamen Arbeit im Haus an den dunklen Wintertagen hatten die Menschen viel Zeit zum Nachdenken. Manche, vor allem die Jüngeren, waren so begeistert von der Idee, dass sie am liebsten auf der Stelle ihre Habe auf die Schiffe gebracht hätten und losgesegelt wären – Winterstürme hin oder her. Andere fanden den Gedanken vollkommen abwegig: All ihre Vorfahren hatten in Elasund gelebt, ihre Kinder waren hier geboren, was sollten sie in der Fremde? Hier waren ihre Wurzeln.
Doch oft saßen Männer und Frauen zusammen am Feuer und gestanden einander ihre Zukunftssorgen, ihre Furcht vor neuen Überfällen im Frühling, ihr Bangen um die Zukunft ihrer Kinder. Fortzugehen, so schien es manchen, war das geringere Übel.
Etwa zu dieser Zeit verbreitete sich die Nachricht im Dorf, Osmund habe seinen reichen Onkel Olaf überredet, alle frei geborenen Elasunder anlässlich des Julfestes zu einem Festschmaus einzuladen. Die Freude war groß, denn niemand hätte in diesem Winter aus eigenen Mitteln ein dem hohen Fest angemessenes Mahl auf den Tisch bringen können. Hacon träumte nachts von dampfenden Kesseln und ganzen Ochsen, die am Spieß über einem großen Feuer brieten, und er war nicht der Einzige. Größer noch als die allgemeine Freude über die unverhoffte Einladung war die Verwunderung. Olaf, wussten die Elasunder, war nicht zuletzt deswegen so reich, weil er geizig war. Es hatte auch in der Vergangenheit oft Not und Hunger im Winter gegeben, aber er hatte sich bislang nie darum geschert, wie seine Verwandten und Nachbarn zurechtkamen.
»Die Leute kommen zu mir und bedanken sich«, vertraute Osmund Candamir an. »Dabei habe ich nicht das Geringste damit zu tun.«
Candamir zuckte mit den Schultern. »Sag ihnen das doch, wenn der unverdiente Dank dich so beschämt.«
»Ja, das hab ich. Sie glauben mir nicht.«
Candamir schmunzelte über die Verzweiflung seines Freundes. »Es gibt Schlimmeres als einen guten Ruf, weißt du«, sagte er.
Sie standen in seinem Stall. Hier war es kalt und dämmrig, und der scharfe Geruch von Schafdung erfüllte die Luft. Osmund war über die niedrige Bretterwand des Verschlags gestiegen, in dem das runde Dutzend Schafe missmutig zusammengedrängt stand, und untersuchte die Tiere.
Candamir sah nach seinen Pferden. Er besaß vier – mehr als jeder andere Mann im Dorf, außer Olaf natürlich. Zwei fromme Wallache, die er zur Feldarbeit einsetzte, denn sie eigneten sich für seine hügeligen Äcker besser als Ochsen, und außerdem arbeitete er lieber mit Pferden, einer hübschen braunen Stute und einem dreijährigen Hengst, der sein ganzer Stolz war. Die Pferde waren der einzige Luxus, den er sich gönnte. Er galt als der größte Pferdenarr im Dorf und ging aus den Rennen, die anlässlich des Mittsommerfestes veranstaltet wurden, meist als Sieger hervor. »Ich hoffe, ich kriege euch alle über den Winter«, murmelte er und klopfte der Stute den Hals. Sie war trächtig, und er setzte große Hoffnungen auf das Fohlen. »Viel Heu haben wir nicht mehr.«
Osmund, der für diese eitle Leidenschaft keinerlei Verständnis hatte, bemerkte: »Du solltest dich lieber um deinen Bruder sorgen als um deine Gäule. Er ist blass und dünn.«
»Wer ist das nicht?«, entgegnete Candamir. »Schau dich selbst an.«
Osmund hob abwehrend die Linke. »Mir geht es prächtig. Es ist wirklich eigenartig, weißt du, meine Vorräte schrumpfen viel langsamer, als ich gedacht hätte.«
»Du kannst eben besser haushalten, als du angenommen hast.«
»Pah.« Osmund schüttelte ratlos den Kopf. Dann kam er auf Hacon zurück. »Der Junge ist träge und teilnahmslos. Das ist kein gutes Zeichen, Candamir. Ständig hockt er mit diesem verfluchten Sachsen zusammen. Wenn
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