Die Siedler von Catan.
Selbst nach den Verlusten durch den Einfall der Turonländer im Herbst betrug die Zahl der freien Elasunder immer noch beinah ein Dutzend Dutzend, was selbst für diese Halle zu viele waren. Dicht gedrängt saßen sie an den langen Tischen; kaum sah man einen Vater oder eine Mutter ohne ein Kind auf den Knien. Doch die Enge tat der Feierstimmung keinen Abbruch. Hacons Träume wurden von der Wirklichkeit noch weit übertroffen: Kessel groß wie Waschzuber hingen über dem Feuer, und der Duft nach geschmortem Fisch, der ihnen entstieg, hätte selbst einem gesättigten Mann das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Draußen vor der Halle war ein provisorisches Küchenhaus errichtet worden, wo Ochsen, Schweine und Hammel an riesigen Spießen gedreht wurden. Es gab mehr Weizen-und Roggenbrot, als selbst eine so große Gesellschaft vertilgen konnte – die Laibe erschienen Hacon riesig wie Wagenräder. An der Südwand reihten sich Fässer mit Bier und Met.
»Ich muss schon sagen«, hörte Candamir den alten Eilhard, der ihm gegenübersaß, murmeln, »üppiger kann auch die Jultafel in Walhall kaum gedeckt sein.«
»Es ist eine Schande, dass ein einzelner Mann so reich ist«, erwiderte seine Frau ebenso gedämpft.
Eilhard zog langsam die Schultern hoch. »Nun, da er uns alle heute an seinem Reichtum teilhaben lässt, solltest du dich nicht beschweren.«
Trotzdem war der Neid in vielen Blicken, die Olafs vornehmer Halle, seinen feinen Kleidern und gut genährten Kindern galten, unverkennbar.
Der Gastgeber schien das nicht zu bemerken. Er erhob sich von seinem kostbaren Hochsitz und ergriff das silberbeschlagene Trinkhorn, das Jared ihm brachte. Die Haushaltsvorstände der übrigen Familien standen ebenfalls auf, und es wurde still in der Halle.
»So lasset uns also unseren Vorfahren ein Trankopfer darbringen«, rief Olaf mit seiner tiefen, tragenden Stimme. »Mögen sie in ihren Söhnen und unserer Erinnerung ewig weiterleben.«
Er nahm einen Schluck Met und gab das Horn dann Jared zurück, der es der Reihe nach zu den übrigen Männern brachte. Jeder gedachte kurz seiner eigenen Ahnen, ehe er trank. Candamir nutzte die Gelegenheit, seinen Vater um Verzeihung dafür zu bitten, dass er Asta wieder aufgenommen hatte, obwohl sie doch aus der Sippe verstoßen worden war.
Die Wintersonnenwende war die Zeit der Wiedergänger. Man gedachte der Toten nicht zuletzt, um sie zu besänftigen, damit sie die dunkle Jahreszeit nicht nutzten, um die Lebenden heimzusuchen. Diesem Zweck galt auch das Trankopfer.
Eine höchst merkwürdige Auffassung von Opfern hätten sie, hatte der Sachse einmal spöttisch angemerkt, da sie die Opfertiere immer selbst verspeisten und die Trankopfer in ihren eigenen Schlund schütteten. Weder Candamir noch Hacon hatten begriffen, was er daran erheiternd fand, denn entscheidend war doch, mit welchen Gedanken man ein Tier schlachtete oder ein Trinkhorn füllte. Ungehalten hatte Candamir seinem Knecht geraten, seine Torheiten für sich zu behalten.
Als der Pflicht genüge getan war, breitete Olaf die Arme zu einer einladenden Geste aus. »Nun schmaust und seid fröhlich, Nachbarn und Vettern!«
Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Der tägliche Kampf ums Überleben, der nie härter gewesen war als gerade jetzt, tat ihrer Feierlaune keinen Abbruch, stimmte sie im Gegenteil besonders ausgelassen. Die Frauen ermahnten ihre Kinder, nicht so hastig zu essen, und ihre Männer, nicht so hastig zu trinken, damit die erste anständige Mahlzeit seit Wochen ihnen auch bekam, aber alle Warnungen verhallten wirkungslos. Die Elasunder aßen ohne Maß. Der erste Ochse, der aufgetragen wurde, war ebenfalls ein Opfertier, und sie verzehrten ihn in angemessener Stille und Ehrfurcht, aber mit unfeierlicher Hast. Und Olafs Knechte mussten sich im Laufschritt bewegen, um die vielen leeren Becher wieder zu füllen, ehe die Gäste ungeduldig wurden.
Die Insel, die Olaf im westlichen Ozean entdeckt hatte, und die Möglichkeit, sie zu suchen und in Besitz zu nehmen, war das beherrschende Gesprächsthema an der
Jultafel. Viele der Elasunder bekamen leuchtende Augen, wenn sie davon sprachen, vor allem, aber nicht ausschließlich die jüngeren Männer. Auch viele Frauen erkannten die Vorteile eines solchen Unternehmens: Wenn sie diese Insel gewinnen könnten, wäre es vorbei mit der Furcht vor feindlichen Überfällen oder davor, dass ihre Söhne sich eines Tages im Streit um das ausgelaugte Land, das immer weniger
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