Die Siedler von Catan.
sich dort bauen wollte: eine Halle mit Blick auf die See. Auf der Kuppe eines sachten, grasbewachsenen Hügels. Über diese Träumereien konnte er sonst meistens wunderbar einschlummern, nicht so heute. Kein Windhauch regte sich; die Nacht war eigentümlich still, und der beißende Geruch von Schafdung schien durch sämtliche Ritzen zwischen den Planken zu kriechen. Candamir atmete so flach wie möglich und versuchte, sich die milde, würzige Seebrise vorzustellen, die eines Tages durch die Tür seiner neuen Halle hereinwehen würde …
Als Hacon von der Wache kam, brauchte er seinen Bruder nicht zu wecken. Lautlos erhob sich Candamir, wies dem Jüngeren großzügig seinen warmen Schlafplatz und entfernte sich, um seine Wache aufzunehmen. Der zunehmende Mond erhellte die Nacht, aber Candamir merkte schnell, dass zwei Mann nicht genug waren, um das Schiff zu sichern. Man konnte nicht ungehindert auf und ab gehen, weil man dabei über die Schlafenden und ihre Siebensachen hinwegsteigen musste. Das dauerte viel zu lange. Also weckte er den Sachsen und Siwards Schwiegersohn und übertrug ihnen die Wache für die Bughälfte des Schiffes. Als er nach achtern zurückkehrte, trat er plötzlich ins Leere. Einen Augenblick schwankte er, aber sein Körper war jung und agil. Bereits im Fall, gelang es ihm, sich zurückzuwerfen, und er hielt mit Mühe das Gleichgewicht. Er fluchte lästerlich, wenn auch gedämpft. Irgendein achtloser Trottel hatte die Ladeluke offen gelassen, sodass ein ahnungsloser Wächter sich hier ohne weiteres den Hals hätte brechen können und der Mistgeruch ungehindert herausdringen konnte. Candamir bückte sich, um die Luke zu schließen, dann zögerte er. Schließlich zückte er sein langes Messer und stieg lautlos die kurze Leiter hinab.
Unten im Laderaum war es fast völlig finster. Doch er bewegte sich sicher und ohne ein Geräusch zu verursachen, denn er wusste genau, welcher Teil der Ladung sich wo befand. Langsam drang er tiefer in die Dunkelheit vor und konzentrierte sich auf sein Gehör. Die Tiere waren still, aber er hörte sie atmen. Er hatte die Mitte, die breiteste Stelle des Laderaums, fast erreicht, als er einen Luftzug an der linken Wange spürte. Gleichzeitig riss er den Oberkörper zurück und ließ die Faust vorschnellen. Sie traf etwas Nachgiebiges, und er hörte ein leises Stöhnen, wie hinter zusammengebissenen Zähnen hervorgestoßen.
Candamir bekam einen Arm zu fassen und riss ihn näher heran. »Wer bist du?« Er erhielt keine Antwort. Doch jetzt erahnte er eine menschliche Gestalt und setzte ihr den Dolch an die Kehle. »Besser, du antwortest«, zischte er tonlos.
»Töte mich nicht«, antwortete eine ebenso leise Stimme.
»Ich helfe dir, wenn du mir hilfst.«
Vor Verblüffung ließ er den Dolch fallen. Dann lockerte er den eisernen Klammergriff ein wenig, mit dem er seinen Gefangenen am Arm gepackt hielt, und zerrte ihn zur Luke zurück, um im schwachen Mondlicht zu begutachten, wen er hier gestellt hatte. Er hatte sich nicht getäuscht: Es war eine Frau.
»Wer … bist du?«, wiederholte er verwirrt.
»Siglind. Cnuts Frau.« Sie sah ihm in die Augen. Es war zu finster, um die Farbe der ihren zu erkennen, aber er erahnte gleichmäßige Züge, glatte, junge Haut und eine silbrig schimmernde Haarflut.
»Cnuts Frau …«:, wiederholte Candamir benommen. Ihm schwante ganz und gar nichts Gutes.
Sie nickte. »Bist du Osmund? Der Anführer dieses Schiffes?« Ihr Tonfall war eigentümlich gebieterisch, als wolle sie sagen, dass es unter ihrer Würde sei, mit
irgendjemand anderem zu verhandeln.
Ziemlich unverschämt für ein Weibsbild, das sich wie eine entflohene Sklavin zwischen seinen Proviantfässern verborgen hatte, fand Candamir. Er verschränkte die Arme. »Mein Name ist Candamir Olesson, und ich bin der Kapitän dieses Schiffes«, eröffnete er ihr und ärgerte sich gleich darauf, weil es so großspurig geklungen hatte.
Er ahnte mehr als er sah, dass sie verächtlich die Lippen kräuselte. »Alsdann, Kapitän Candamir. Wie ich sagte: Ich helfe dir, wenn du mir hilfst.«
»Ich glaube wirklich nicht, dass wir deiner Hilfe bedürfen, und ich rate dir, in das Bett deines Königs zurückzukehren, wohin du gehörst, ehe er dich vermisst. Tust du es nicht, werde ich dich morgen früh zu ihm zurückbringen müssen. Wir haben Handel mit ihm getrieben und in seiner Halle getrunken und …«
»Morgen früh bist du tot, wenn du mich nicht anhörst«, fiel sie ihm ins
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