Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Signatur des Mörders - Roman

Titel: Die Signatur des Mörders - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
Vom Netzwerk:
Lauerte sie ihr auf? Konnte Myriam nicht einen Moment ihre Ruhe haben? Ein Mensch war gestorben. Er war … gefoltert worden. Myriam starrte die Frau an. Die auftoupierten Haare ähnelten dem Fell eines Streifenhörnchens. Myriam registrierte schwarze Leggings unter einem weißen knielangen Rock, zu denen die Verkäuferin, die mindestens 70 Kilo wog, hochhackige Pumps trug. Für schlechten Geschmack konnte man niemanden verklagen. Aber mit einer seiner Vertreterinnen reden musste man auch nicht.
    Hören Sie zu, hätte sie ihr am liebsten ins Gesicht geschleudert, einen Kilometer von hier entfernt liegt die Leiche einer jungen Frau, deren Schönheit grausam zerstört wurde. Deshalb kann ich nicht mit Ihnen Höflichkeiten austauschen, mich über Schuhe unterhalten. Und - Myriam wollte schreien, dass sie endlich dieses grässliche Gedudel abschalten solle. Klassik, von einem drittklassigen Orchester gespielt, die einem noch, wenn man den Laden verlässt, in den Ohren summt, wie lästige Mücken, die panisch in den Gehörgängen herumschwirren. Gute Musik sollte unter Artenschutz stehen. Es sollte verboten sein, sie in Kaufhäusern zu spielen, wie es verboten war, exotische Tiere im Käfig zu halten.
    »Soll ich Ihnen ein Glas Wasser bringen?«, hörte sie wieder die süßliche Stimme der Verkäuferin. Nachdem sie gerade noch ein halbherziges »Nein, danke« hervorbrachte, rannte Myriam bereits aus dem Laden. Ihr war etwas eingefallen, von dem sie nicht wusste, ob jemand außer ihr daran gedacht hatte und ob es überhaupt eine Rolle spielte.
     
    Erleichtert stellte Myriam fest, dass Helenas Leiche bereits aus der Wohnung gebracht worden war. Auf dem Parkettboden zeichnete sich der weiße Umriss ihres Körpers ab. Der Schatten, der von Helena Baarova übrig geblieben war, als hätte sie einen Abdruck an der Stelle hinterlassen, an der sie gestorben war.
    Dennoch wirkte der Raum ohne das tote Mädchen seltsam kahl und leblos.Welche Gedanken, welche Empfindungen hatte Helena Baarova durchleben müssen, während sie sich selbst in all diesen Spiegeln beim Sterben zusah?
    Myriam schaute sich um, doch fand sie nicht, wonach sie suchte.Woher wollte sie wissen, ob es von Bedeutung war? Dennoch ließ sie die Frage nicht los: Welche Geschichte verbarg sich hinter dieser Tat?
    »Haben Sie etwas vergessen?«, hörte sie eine Stimme in ihrem Rücken. Sie wandte sich um.
    Katja Weiss stand vor ihr, auf der Wange eine Spur weißes Pulver, die Haare knallrot.
    »Neue Haarfarbe?«, fragte Myriam.
    Katja sah unwillkürlich zur Seite in einen der Spiegel, sodass sie Myriam ihr Profil zuwandte. Ein frisches, unverbrauchtes Gesicht mit unzähligen Sommersprossen wie Lichtpunkten auf dem blassen Teint. Und dieser beneidenswert volle Mund, jederzeit bereit, in unbekümmertes Lachen auszubrechen. Sie war, erinnerte sich Myriam, mit einem Kollegen aus der Abteilung für organisiertes Verbrechen liiert. Mit Sicherheit würden sie bald heiraten und massenhaft Kinder bekommen. Neidisch sah Myriam Katja bereits einen Zwillingswagen durch die Stadt schieben, als diese noch mal fragte: »Haben Sie etwas vergessen?«
    Myriam musterte aufmerksam den Raum. »Wissen Sie, ob hier irgendwo eine Stereoanlage stand?«
    »Ich kriege das nicht in meinen Kopf. Warum sie sich nicht gewehrt hat? Mann, ich hätte ihm … entschuldigen Sie, aber ich hätte ihm in die Eier getreten.« Die Beamtin fuhr mit der Hand durch die roten Haare. »Stattdessen hat sie sich abschlachten lassen! Wofür? Damit er sich aufgeilen kann? Endlich einen hochkriegt? Warum ist sie nicht lieber putzen gegangen? Warum hat sie hier in diesem Loch gelebt? Ich werde das nie verstehen. Sie hat einfach getanzt in diesem billigen roten Fummel.«
    »Am besten, man versucht nicht daran zu denken.«
    »Nicht daran denken ist schwer, wenn man ständig fürchtet, auf ihrem Blut auszurutschen.«
    »Wenn sie getanzt hat«, erklärte Myriam, die sich nicht länger vorstellen wollte, was passiert war, »dann muss Musik gelaufen sein, oder? Gibt es irgendwo eine Stereoanlage? Ich kann mich nicht erinnern, aber …«
    »Im Flur habe ich einen CD-Player gesehen«, erinnerte sich Katja Weiss. »Vielleicht in einem der Kartons, in denen wir alles verpacken, was ins Labor soll.«
    Myriam wandte sich um, kehrte in den Flur zurück und riss ungeduldig den Deckel des ersten Kartons auf, in dem sich sorgfältig in einem Plastikbeutel verpackte schwarze Bettwäsche befand, darunter einige Jeans sowie die rote

Weitere Kostenlose Bücher