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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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jungen Schönheit, was diese auf eine ebenso schamlose Art erwiderte. Obwohl die Herzogin nur wenige Plätze von ihr entfernt saß, winkte das junge Ding dem Herzog kokett zu und reckte dabei ihre Brust in die Höhe. Über soviel Frechheit konnte ich nur den Kopfschütteln. Mit dem Mann einer andern schönzutun, während dessen Weib daneben saß, hätte ich nie gewagt! Daß ihr Vater sie nicht in ihre Schranken verwies! Doch dieser saß wie ein Unschuldslamm da und schien nichts mitzukriegen. Dafür entging der Herzogin kein Blick der beiden, obwohl sie so tat, als ob nichts geschehe. Doch ihr Haß und ihre Wut schienen mir fast zum Greifen spürbar. Ich an ihrer Stelle wäre längst aufgestanden und hätte dem frechen Weibsstück eine Ohrfeige verpaßt, an die es sich noch Wochen danach erinnern würde! Aber in so hohen Kreisen schien man wohl anders zu denken und zu handeln. Trotzdem war ich der Meinung, daß die Herzogin einen Fehler beging, als sie nun aufstand und von drei ihrer Zofen begleitet mit hoch erhobenem Kopf die Tribüne verließ. So machte sie doch ihrer jungen und schönen Rivalin den Weg für eine Tändelei mit ihrem Gatten erst recht frei! Doch dann hatte ich keine Zeit mehr, mich noch länger meinen interessanten Beobachtungen hinzugeben. Und schließlich: Mochten es auch Herzöge, Grafen oder andere feine Herrschaften sein – sie alle waren auch nur Menschen mit menschlichen Begierden! Befriedigt über diese Schlußfolgerung widmete ich mich hernach meiner Aufgabe als Schankmädchen, ohne einen einzigen Tropfen des roten Saftes zu verschütten.
    Am Ende dieses aufregenden Tages schlief ich zwar erschöpft, aber in dem stolzen Bewußtsein ein, Markus Jost zum ersten Mal getrotzt zu haben, ihn zum Narren vor dem ganzen Dorf gemacht und so an seiner Macht gekratzt zu haben.

6.
    Wie schnell die Zeit verging! Eines Morgens öffnete ich meine Augen und dachte erschrocken: ›Zwei ganze Jahre warte ich nun schon auf Jerg!‹ Allmählich begannen die Konturen seines Gesichtes vor meinen Augen zu verschwimmen. Wie groß war das Grübchen in seinem Kinn? Und das Blau seiner Augen – ähnelte es eher der dunklen Tiefe des Dorfteiches oder dem aufgewühlten Blau eines Gewitterhimmels? Krampfhaft schloß ich meine Augen wieder und versuchte, Jergs Antlitz heraufzubeschwören.
    Und es war, als ob Gott meine Angst erkannt hatte und mir einen Beweis seiner Liebe schickte. Denn noch am selben Tag sollte ich Nachricht von Jerg erhalten.
    Es war zur Mittagszeit, während Asa und ich am Tisch saßen und unseren Rübentopf verzehrten. Plötzlich klopfte es leise an der Tür. Als ich sie öffnete, stand ein Bettler vor mir, der anstelle seines linken Arms nur noch einen eitrigen Stummel hatte. Mit Grausen mußte ich feststellen, daß sich in dem offenen Fleisch Maden und Würmer tummelten, was den Mann nicht im geringsten zu stören schien. Vor Schreck schrie ich laut auf. Alarmiert kam auch Asa zur Tür. Mit einem Blick erfaßte sie, was meinen Ekel ausgelöst hatte, und bot dem Mann an, seinen Arm zu behandeln, was dieser jedoch mit einem dümmlichen Grinsen aus seinem zahnlosen Maul ablehnte. Er sei nicht wegen eines Heilmittels gekommen, der Arm würde sich gut bei der Bettelei machen, versicherte er uns. Die Leute legten bei seinem Anblick gerne noch etwas dazu, und wenn auch nur, um ihn schnellstmöglich wieder loszuwerden. Asa und ich schauten uns an und dachten das gleiche: nämlich, daß auch wir den Alten so schnell wie möglich wieder loswerden wollten. Doch dann stierte er mich mit seinen gelben, verklebten Augen wie eine Schlange an.
    »Sag, Weib, bist du die Marga Braun?«
    »Das ist mein Name. Wer will das wissen?«
    »Wenn du diejenige bist, für die du dich ausgibst, habe ich eine Nachricht für dich. Von Jerg.«
    Vor Schreck ließ ich das Stück Brot, das ich noch in der Hand gehalten hatte, fallen. Sofort war mein Ekel vergessen, und ich glaubte, vor Aufregung keine Luft mehr zu bekommen. »Von Jerg? Wo ist er? Geht es ihm gut? So sprich doch schon, alter Mann!«
    »Muß vielleicht noch ein wenig meine Zunge ölen …« Erwartungsvoll blickten mich zwei listige Augen an. Und erst nachdem wir ihn an den Tisch gebeten hatten, er einen kräftigen Schluck von Asas Kräuterschnaps genommen hatte, begann er zu erzählen:
    »Der Jerg ist drüben in der Schweiz, und es geht ihm gut. Auf einem kleinen Bauernhof tut er leben und arbeiten, bei befreundete Leut’.« Laut schmatzend nahm er wieder einen

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