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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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und das war auch in diesem Jahr nicht anders. Nachdem wir uns mühsam aus unseren schweren Decken hervorgeschält hatten, bemühte ich mich, ein Feuer in Gang zu bringen, was keine leichte Aufgabe war, denn unser Brennholz war durch den überraschenden Schnee feucht geworden. Was hätte ich jetzt für ein Bündel von Cornelius’ sorgsam getrocknetem Brennholz gegeben! Fächelnd und prustend stand ich am Ofen, als es an unsere Tür klopfte. Wir blickten uns vielsagend an. Ein Besucher zu so früher Stunde konnte eigentlich nur eines bedeuten. Und so war es dann auch.
    »Schneefron ist angesagt, und das den ganzen Tag lang! Hoch zur Burg sollt ihr kommen, den Burghof von Schnee befreien und die Stufen sauberfegen!« tönte uns ein blaugefrorenes Soldatengesicht entgegen und war sofort wieder verschwunden.
    »Jetzt fängt diese Qual wieder an!« Wohl oder übel zog ich mir alle Kleider über, die ich mein eigen nennen konnte. Kurz bevor ich gehen konnte, drängte Asa mir noch ihre schweren Lederstiefel auf, die sie vor Jahren einmal als Entlohnung für einen gesundeten Rücken bekommen hatte. Ich zitterte schon jetzt, jedoch mehr vor Aufregung als vor Kälte. Mit einem Ruck schwang ich mir einen unförmigen, großen Leinensack über die Schulter und trat in die Kälte hinaus. Wie doch ein bißchen Schnee die ganze Landschaft veränderte! Auf der Gasse war nichts mehr von dem monatealten Matsch zu sehen, blaß und silbrig wand sich der Weg wie ein feiner Schal durch das Dorf. Nur wenige, einzelne Fußtritte unterbrachen die glatte Oberfläche, die ansonsten noch unberührt auf den Tag wartete. Die nackten Bäume sahen unter demweißen Glanz wie zartgliedrige Elfen aus, verschwunden waren die kahlen Skelette und blattlosen Formen. Ich schaute zum Himmel hoch. Noch war es nicht völlig hell geworden, doch der Himmel war klar und unverhangen. Wir sollten also wenigstens von weiteren Schneefällen verschont bleiben!
    Am Dorfbrunnen hatten sich die meisten Frauen schon eingefunden. Dick vermummt marschierten wir in Richtung Burg. Dort wurden wir schon von den beiden Wachen erwartet, die uns mit einem unwilligen Kopfnicken begrüßten. In ihren viel zu dünnen Jacken, löchrigen Stiefeln und zerfetzten Hosen boten die Männer einen erbärmlichen Anblick. Ihre Wangen und Hände waren blau angelaufen, und die Zähne des älteren schlugen unkontrolliert aufeinander.
    »Du meine Güte, Soldaten! Wie lange steht ihr euch in dieser Kälte schon die Beine in den Bauch?« fragte ich den mürrisch dreinblickenden Burschen auf der linken Seite des Tores. Verwundert darüber, daß sich eine Menschenseele Gedanken über ihn machte, blickte er mich mißtrauisch an, während er eine Seite des Tores für uns öffnete.
    »Schon die ganze Nacht lang«, preßte er aus blaugefrorenen Lippen hervor, »und eine Ablöse kommt erst zur Mittagszeit.«
    »In diesen Lumpen! Ihr könnt euerm Gott danken, wenn ihr euch nicht den Tod holt!« rief Katharina aus.
    »Warum bittet ihr nicht um wärmere Kleidung? So etwas muß es doch geben hier auf der Burg?« fragte ich den armen Tropf, dem unsere Zuwendung sichtbar guttat.
    »Bitten können wir schon … bloß ob’s was nützt, ist eine andere Frage. Seit das Weib droben auf der Burg ist, wird an allem gegeizt, nicht nur an unserer Kleidung. Hauptsache, sie und ihre Brut sind versorgt!« Mühevoll rang er um Fassung. Viele der Soldaten auf der Burg und anderswo waren noch halbe Kinder, doch darum kümmerte sich niemand. Diese halbverfrorenen Bengel hatten wahrlich nichtsBedrohliches an sich, dennoch waren wir nicht hier, um ein Schwätzchen zu halten.
    Den ganzen Tag lang mühten wir uns ab, den Burghof und die vielen Stufen von Schnee zu befreien. Todmüde und halb erfroren krochen wir abends ins Dorf zurück.
    Wie hart dieser Winter noch werden würde, konnten wir an diesem ersten Tag noch nicht erahnen. Wieder einmal fror und hungerte das ganze Dorf. Katharinas Mutter starb und auch einige andere, ältere Dorfbewohner. Asa hatte Tag für Tag alle Hände voll zu tun, denn in jedem Haus husteten sich die Menschen die Seele aus dem Leib. Außerdem wurden viele, meist die Kinder, von einem heimtückischen Durchfall heimgesucht. Fieberhaft probierte Asa ihre Mittel aus, doch keines hatte die Kraft, den wäßrigen Darmentleerungen Einhalt zu gebieten. Das Weihnachtsfest kam und ging und mit ihm ein neues Jahr. Doch wir waren zu erschöpft, um über den Jahreswechsel nachzudenken, geschweige denn, ihn mit

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