Die Silberdistel (German Edition)
Blut!«
Sofort waren Asas Arme um mich herum und schaukelten mich wie ein Kind beruhigend hin und her.
»Schsch, ist schon gut. Nichts Schlimmes hast du getan, so beruhige dich doch wieder. Cornelius ist so wenig dein eigen Fleisch und Blut wie jeder andere Mann im Dorf, und das weißt du auch. Was soll also das dumme Geschwätz? Eine junge Frau wie du hat eben gewisse Bedürfnisse. Und besser, du befriedigst sie mit einem netten Kerl wie dem Cornelius, als mit einem der rauhen Burschen aus dem Dorf, wo ein Weib sich alle möglichen Krankheiten holt.« Verschwörerisch stieß sie mir in die Rippen. »Und sieh es doch einmal so: Bei seinem Weib sei ihm doch dieses kleine Vergnügen gegönnt! Außerdem kannst du bei ihm wenigstens sicher sein, daß er nichts von eurem Stelldichein herumerzählt!«
Ich mußte an Cornelius denken, der mir bei unserem Abschied sinngemäß dasselbe gesagt hatte. Mit einem Blick so voller Zärtlichkeit, daß mir dabei angst und bange wurde,hatte er mir versichert, daß er mich nicht mehr lieben könne, selbst wenn ich sein eigen Weib sei. Die Erinnerung an das Beisammensein mit mir werde er wie einen Schatz mit sich tragen, denn für ihn sei damit ein Traum in Erfüllung gegangen, hatte er mit rauher Stimme gekrächzt. Noch niemals hatte ich Cornelius soviel auf einmal reden hören. Das Wissen, daß unsere Zusammenkunft für ihn viel mehr bedeutet hatte als für mich, verschaffte mir bleierne Beine. Seine Liebe war schwerer zu ertragen, als flüchtige Leidenschaft es gewesen wäre. Doch was geschehen war, konnte nun nicht mehr rückgängig gemacht werden. Nachdem ich mich wieder etwas gefaßt hatte, sagte ich genau dies zu Asa.
»Soo gefällst du mir! Vorbei ist vorbei, und wer weiß, wozu es gut war? Vielleicht hatte gar das Schicksal mächtig die Hand im Spiel?«
Mir gefiel Asas geheimnisvoller Blick ganz und gar nicht. »Was meinst du damit – das Schicksal die Hand im Spiel?«
»Nun, so denk doch einmal nach … Ein Mann im besten Alter …« Mit einer eindeutigen Geste wölbte sie ihre rechte Hand über ihren Bauch.
»Asa!« Ich schlug die Hand vor den Mund. Gott konnte mich doch nicht so strafen!
»Was wäre denn so schlimm daran? Monatelang hast du mir Abend für Abend in den Ohren gelegen, ob es nicht doch ein Pflänzlein gäbe, das deine Kinderlosigkeit beseitigen könne. Nun, ein Pflänzlein gibt es nicht, aber dafür hat dich heute eine Schlange besucht, und deren Saft vermag es sehr wohl, deinen Herzenswunsch zu erfüllen.«
»Ja, aber verstehst du denn nicht? Wie könnte ich jetzt ein Kind bekommen? Im Dorf würden mich alle für eine Hure halten, und das zu Recht! Und was würde Jerg dazu sagen?« Mit jeder Stunde, die dieser Tag älter wurde, nahm der Alptraum zu.
»Hast du noch niemals etwas von einer unbefleckten Empfängnis gehört? Davon wird doch jeden Sonntag gepredigt«, grinste Asa.
»Daß ich nicht lache! Bete lieber mit mir, daß der Herrgott ein Einsehen hat und die Frucht in meinem Leib nicht aufgeht, die ich so leichtsinnig in Empfang genommen habe.«
»Dafür brauchen wir den Herrgott nicht, Marga. Wenn du wirklich sichergehen willst, daß dein Liegen mit Cornelius keine Folgen hat, kann ich dir etwas geben. Aber …«
Aus Asas Stimme war nun der letzte Rest von Leichtigkeit verschwunden. Ihre dunkelbraunen Augen funkelten gefährlich im Schein des offenen Feuers.
»… überleg dir das gut. Denn wenn du wirklich empfangen hast, dann tötet mein Mittel das einzige Kind, das du jemals haben wirst!«
Erstaunlicherweise schlief ich in dieser Nacht so tief und fest wie sonst auch, und mein Schlaf war traumlos und ruhig. Doch kaum war ich am nächsten Morgen erwacht, galt mein erster Gedanke Asas Worten: »Mein Mittel tötet das einzige Kind, das du jemals haben wirst!« Mein Kind – wie seltsam dies in meinen Ohren klang. Wie sehr hatte ich mich nach einem Kind verzehrt, nach einem strammen Buben für Jerg als Beweis meiner Liebe. Doch der liebe Gott muß mich wohl für keine besonders gute Mutter gehalten haben, denn ein Kind war er Jerg und mir bisher schuldig geblieben. Asas Andeutung, daß dies gar nicht an mir, sondern allein am Saft meines Mannes läge, konnte ich einfach keinen Glauben schenken. Hatte man so etwas schon einmal gehört? Nein, tief in meinem Innersten war ich davon überzeugt, daß der Fehler bei mir lag. Schließlich waren es die Frauen, die die Kinder bekamen. Nur ich eben nicht. »Mein Kind …« Ein letztes Mal ließ ich
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