Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
begleiten bis zum letzten Tag. Doch so weit bin ich noch nicht …
    Zuerst sollte ich noch zwei Kinder bekommen. Du meine Güte, wie hatte ich gehofft, die Frucht möge in meinem Leib verfaulen oder bei einem Sturz abgehen! In diesen Wochen bin ich mehr als einmal gestürzt, so daß ich am Ende für meine Tölpelhaftigkeit noch Schläge bekam. Doch nichts konnte meine beiden Bälger davon abhalten, auf die Welt zu kommen. Nun mußte ich mich auch noch um diese kümmern, was ich mehr schlecht als recht tat. Ich bin keinegute Mutter gewesen, das gestehe ich ehrlich ein. Aber in diesen Jahren hatte ich kein Leben in mir, kein Gefühl, geschweige denn Liebe, die ich einem anderen hätte geben können. Noch heute habe ich keine Gefühle für meine beiden Erstgeborenen übrig, denn sie sind durch Qual und Pein entstanden, und das kann ich bis zum heutigen Tag nicht vergessen …«
    Ich mußte daran denken, wie Find entstanden war. Gott sei Dank war meine Erinnerung daran nicht so quälend wie Sureyas! Was hatte das arme Weib durchgemacht! Kein Wunder, daß sie es eines Tages nicht mehr ausgehalten und dieses Scheusal getötet hatte! Im Licht der fast völlig heruntergebrannten Fackel erzählte sie uns den Schluß ihrer Geschichte, die genauso gewalttätig endete, wie sie angefangen hatte:
    »Eines Tages, ich war vielleicht so drei Jahre im Haus des Abdeckers, wurde er wieder einmal gar zu grob. Es war Winter, und der Boden in der Grube war zu Stein gefroren, so daß wir uns noch mehr plagen mußten als sonst. Hopfenstiel war schon seit Tagen schlechter Laune gewesen, die er unablässig an mir ausließ. Immer und immer drohte er mir, er würde mich eines Tages selbst in die Grube werfen, wenn es ihm nur in den Sinn käme. Die beiden Kinder saßen verängstigt in einer Ecke der Hütte und hörten mit an, was ihr Vater zu sagen hatte. Es war an einem Freitag, das weiß ich noch ganz genau, da wurde es mir zuviel. Hopfenstiel saß wie jeden Abend wie ein wildes Tier über seine Schüssel Brei gebeugt, sein langes Abdeckermesser lag auf der Bank hinter ihm. Auf einmal flüsterte mir eine Stimme ins Ohr: Warum nimmst du nicht das Messer und rammst es in ihn hinein, gerade so, wie er es mit den Viechern tut? Wovor hast du Angst? Kann die Hölle schlimmer sein als dein Leben hier? Die Stimme wurde immer lauter und lauter, bald rauschte und tönte es wie wild in meinem Ohr. Tu es, tu es, rief die Stimme mir zu. Und dann tat ich es.«
    Sureya blickte von einer zur anderen.
    »Es war ganz leicht. Die scharfe Klinge trat in seinen Rücken ein, als wäre es Butter. Brauchst nicht so entsetzt gucken, Marga, die Kinder schliefen schon. Die haben nichts mitbekommen. Aber das wär’ mir auch egal gewesen. Danach schleifte ich ihn in die Grube hinaus, und was dann geschah, das wollt ihr nicht wissen, glaubt es mir. Danach hab’ ich meine Siebensachen gepackt, die Dose mit den Münzen genommen und bin gerannt wie um mein Leben. Was mit den beiden Buben nicht gerade einfach war. Ja, ich hatte sie geweckt und mitgenommen. Irgendwie war der Gedanke, die beiden in der stinkenden Hütte ihrem Schicksal zu überlassen, doch noch schlimmer als der, sie mitzunehmen. Die ganze Nacht hindurch sind wir gelaufen, und die beiden hörten nicht auf zu wimmern und zu jammern. Da bereute ich schon, sie mitgenommen zu haben. Wochenlang war ich so unterwegs, habe mich und die Kinder des Tages in zerfallenen Scheunen versteckt, des Nachts unser Essen geklaut, um dann weiterzuziehen. Eines Tages bin ich dann hier gelandet. Hier fühlte ich mich sicher. Dieser Ort ist klein und ruhig und außerdem weit genug von Maulbronn entfernt. Hier sucht dich niemand, dachte ich bei mir. So war es dann auch. Bis dieser blöde Richter daherkam. Damals, in Maulbronn, war er lediglich ein kleiner Stadtrichter gewesen – wie er an den Stuttgarter Hof gekommen ist, kann ich mir nicht denken. Nur ein einziges Mal hat er mich damals gesehen, als Hopfenstiel die Totgeburt seiner Stute abholte und ich droben bei ihm auf dem Karren saß. Ein einziges Mal! Und das genügte ihm, um sich an mich zu erinnern! Schon damals hat er geil wie ein heißer Bock zu mir hochgestarrt. Aber …«
    Mit einem trotzigen Blick schaute sie uns an.
    »… ich habe keine Angst vor dem Tod. Die Hölle mit ihrem ewigen Feuer kann nicht schlimmer sein als Hopfenstiels Hütte. Und außerdem«, ihre Stimme wurde wieder weicher, »… ein paar schöne Jahre hatte ich hier sehr wohl.Ich glaube, der Jost hat

Weitere Kostenlose Bücher