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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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mich gemocht. Er ist der einzige Mensch, der mich jemals gemocht hat.«
    Am nächsten Tag sollte Sureya durch das Beil sterben. Wieder war das ganze Dorf versammelt. Von der Festtagsstimmung des Vortages war nichts mehr zu spüren. Vielleicht ahnten die Menschen, wie schnell es ihnen an die eigene Haut gehen könnte. Eine Beschuldigung aus dem richtigen Mund, und schon war man ein Mörder! Die Schnelligkeit, mit der aus Sureya, der Hure, auf einmal Sureya, die Mörderin, geworden war, erschreckte selbst die hartgesottensten Burschen.
    Sureya selbst trug ihr Schicksal mit Fassung. Das Reden am Vorabend hatte ihr gutgetan, und sicherlich trug auch Asas Mittel ein wenig zu ihrer Ruhe bei. Ihre Augen waren so verschleiert, wie es nur durch das weiße, gefährliche Pulver von Asa möglich war, das sie nur dann verabreichte, wenn die Qualen der Kranken gar zu unerträglich wurden.
    Sophie, Asa und ich standen auf der rechten Seite des Platzes, und einmal blickte Sureya zu uns herüber. Fast unmerklich nickten wir ihr zu. Und dann fiel das Beil. Und Sureya war tot. Vorbei war ein Leben, das nur aus Qual und Pein, aus gequält werden und selbst quälen bestanden hatte. Sie war böse und ungerecht gewesen, aber: Welche Möglichkeit hatte sie denn gehabt? Wo hätte sie Menschlichkeit lernen können? Mir fiel ein Spruch ein, den Jerg mir einmal gesagt hatte und der von seiner Mutter stammte: »Es bedarf eines steinernen Herzens, um mit all der Kälte fertigzuwerden.«
    Jost war danach nicht mehr derselbe. An die Stelle des brüllenden Stieres war nun ein geprügelter Ochse getreten, der die Ländereien mehr schlecht als recht verwaltete und der von Taben nichts wissen wollte. In den Wirtshäusern in der ganzen Umgebung wurde er zum Gespött der Menschen. Wo er sich auch blicken ließ, traf er auf feistes Grinsen. »Der kleine Herzog! Spielte sich jahrelang auf wie ein feiner Herr,dabei lag er mit der schlimmsten Schlampe, die man sich vorstellen kann! Ein feiner Herr, unser Burgverwalter!« sagten die Leute. Herzog Ulrich befand es deshalb schließlich wohl für angebracht, den Burgverwalter durch einen anderen zu ersetzen, und so wurde kein anderer als Augustin von Brabant unser neuer Herr.
    Aber auch der Herzog kam nicht ungeschoren davon. Kaum war der Rummel um Sureya vorbei, widmeten die Richter sich wieder dem Tod von Hans von Hutten. Vielleicht hatte Herzog Ulrich gedacht, durch das geschickte Ablenkungsmanöver würde dieser Fall vergessen werden! Aber da hatte er sich böse getäuscht. Er wurde des Mordes an seinem Stallmeister für schuldig befunden, und seiner Behauptung, Hutten hätte ihm mit seinem Weib Sabina Hörner aufgesetzt, wollte keiner so recht Glauben schenken. Der Herzog als Femerichter? Vielmehr hätte Hutten das Recht dazu gehabt, denn wie sich nun herausstellte, hatte der Herzog mit dem Weib von Hutten, Ursula Thumb, eine Liebelei gehabt, und das auch noch lange, nachdem diese mit Hutten verheiratet worden war. Doch was kümmert es einen Herzog, des Mordes angeklagt zu werden? Es war schließlich niemand dabei gewesen, und so konnte auch niemand beweisen, daß es kein rechtmäßiger Fememord war. Trotzdem erklärte Kaiser Maximilian, kurz bevor er starb, unseren Herzog für vogelfrei, aber auch das belastete Ulrich nicht weiter. Er hatte Soldaten genug, die ihm treu und ergeben zur Seite standen und jeden seiner Schritte aufs beste bewachten. Der Tod des Kaisers selbst brachte soviel Unruhe mit sich, daß Ulrichs gesetzloses Treiben nicht weiter verfolgt wurde. Kurze Zeit später flüchtete Herzogin Sabina zurück nach München in den Schoß ihrer Familie. Wahrscheinlich kam der armen Frau das ganze Durcheinander gerade recht, um die Flucht zu ergreifen. Überall im ganzen Land wurde böse getuschelt, doch das scherte den Herzog nicht. Ganz im Gegenteil. Seiner Schandtat sollte eine weitere folgen.
    Es war Anfang des Jahres 1519, als Ulrich Reutlingen überfiel. Wie ein Lauffeuer ging diese Nachricht damals um, sogar bis nach Taben war sie gelangt. So weit war Reutlingen schließlich nicht von uns entfernt! Asa meinte, mit einem guten Gaul würden drei Tagesritte genügen, um an die Tore der freien Reichsstadt zu gelangen. Reutlingen war Eigentum des Schwäbischen Bundes und somit nicht dem Herzog unterstellt, also hatte der dort nichts zu suchen! Nach seinem Überfall wurde er deshalb wie ein Tier quer durch das ganze Land gejagt. Endlich sahen auch die Bayernherzöge einen Weg, die Schmach ihrer

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