Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
Schwester Sabina zu sühnen, und so beteiligten sie sich an der Hatz auf unseren Herzog, der am Ende nur noch einen Ausweg wußte: die Flucht.
    »Der Herzog ist verschwunden!«
    »Stuttgart ist herrenlos!«
    »Ulrich hat sein Land verraten!«
    Die Menschen auf den Straßen kannten kein anderes Gespräch mehr. Was würde nun aus uns werden, nun, da unser Landesvater verschwunden war? Wer würde seinen Platz einnehmen? Angst und Ratlosigkeit machten sich breit, denn noch niemals zuvor hatte sich etwas zum Besseren gewandt. Und so rechneten die Menschen auch jetzt mit dem Schlimmsten. Nur ich nicht. Ich frohlockte.
    Jeden Tag betete ich, der Herzog möge seine Flucht fortsetzen und nicht zurückkehren. Und damit den Weg freimachen für Jerg! Woran ich in meinen schwächsten Stunden manchmal zutiefst gezweifelt hatte, mochte nun vielleicht wahr werden: die sichere Rückkehr von Jerg und den anderen geflohenen Mitgliedern des Armen Konrad. Mein Herz schlug in diesen Tagen vor Aufregung bis zum Hals.
    Und dann war es tatsächlich soweit: Meine Gebete wurden erhört. Es war Anfang März im Jahre 1519. Eines Morgens klopfte es an Asas Tür. Ich öffnete. Und vor mir stand Jerg.



1.
    Noch am Tag seiner Rückkehr sorgte Jerg dafür, daß Marga und Find wieder mit ihm bei Cornelius einzogen, obwohl er mit diesem ein Hühnchen zu rupfen hatte. Wie hatte er es zulassen können, daß Marga in einem anderen Haus als dem seinen lebte? In Jergs Augen war dies ein Verrat an allem, was ihm heilig war, und verursachte einen bohrenden Schmerz. Dazu kam, daß Marga sich mit Händen und Füßen dagegen wehrte, wieder mit Cornelius und Lene unter einem Dach zu wohnen. Als Grund gab sie eine ganz abenteuerliche Geschichte an, in der die Rede davon war, wie Lene sie hinter ihrem Rücken eine Verräterin genannt und im ganzen Dorf angeschwärzt hatte. Du meine Güte! Sollte er sich denn wirklich jedes bißchen Klatsch und Tratsch anhören, welches in den langen Jahren seiner Abwesenheit zum besten gegeben worden war? Marga und er gehörten ins Haus von Cornelius, und das war’s! Von Margas wahnwitzigen Plänen, sich doch Sureyas alte Hütte bewohnbar zu machen, wollte Jerg nichts hören. Überhaupt: Sureya. Eine Mörderin? Die Frau, auf deren Lager er so wilde Lust verspürt hatte, sollte schon einmal verheiratet gewesen sein und den armen Tropf umgebracht haben? Nein, nein, in deren alte Hütte hätten ihn keine zehn Pferde bekommen. Wahrscheinlich hätte Marga dann sowieso nur den ganzen Tag im Nachbarhaus bei Asa gesessen, und die Arbeit wäre liegengeblieben.
    Kaum war die freudige Begrüßung durch Marga und die anderen vorüber gewesen, mußte er eine Schreckensnachricht der anderen verdauen: Nicht genug, daß sein Weib vier ganze Jahre lang bei Asa, der Heilerin, gehaust hatte! Ein Kind hattesie außerdem! Obwohl jeder im Dorf ihm hoch und heilig versicherte, daß es sich wirklich um ein Findelkind handelte, betrachtete er den kleinen Find mit einem gewissen Mißtrauen. Sicher, er hatte sich einen Sohn gewünscht. Aber doch nicht den eines anderen Mannes! Schließlich wußte keiner, woher Find kam. Rechte Leute konnten es auf alle Fälle nicht gewesen sein, sonst hätten sie ihren Sohn schließlich nicht so einfach am Wegesrand liegen lassen. Und doch: Die Armut konnte die Menschen zu den seltsamsten Taten treiben. Das hatte Jerg nur allzuoft in den Jahren seiner Vertreibung erfahren müssen. Die Aussicht auf einen halben Laib Brot oder einen Armvoll Rüben genügte, um einen Mann zum Verrat zu bringen. Viele Mitglieder des Armen Konrad , die es bis über die Landesgrenze geschafft hatten, waren so verraten worden. Kein Tag war vergangen, an dem er, Stefan oder Dettler sich richtig sicher gefühlt hatten. Zwar lag der Hof, auf dem sie Arbeit und Unterkunft gefunden hatten, abseits der großen Straßen und Wege und einen ganzen Tagesmarsch von der nächsten Stadt entfernt, doch was hieß das schon? Herzog Ulrichs Späher waren schon in viel entlegenere Winkel gekommen.
    Unwillig schüttelte sich Jerg wie ein naßgewordener Hund. Die Erinnerung an seine Flucht und die Jahre in der Verbannung ließ ihn einfach nicht mehr los.
    Und dann war da noch diese Geschichte mit den Strohschuhen! Durch deren Verkauf hätte Marga sich versorgt, hatte Lene ihm erzählt. Nun ja, dagegen war ja nichts einzuwenden. Dafür kamen ihm aber noch ganz andere, sonderbare Geschichten zu Ohren: Einer faselte etwas von einer Pfingstpuppe, die man Sureya ans

Weitere Kostenlose Bücher