Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
Schwarzwald, aus dem Breisgau, aus dem Allgäu – von überall her erreicht uns Kunde vom Bundschuh. So, wie’s aussieht, haben die Leute die Nase endgültig voll von den ewigen Beschwichtigungen und leeren Versprechungen der Lehnsherren. Die Bauern wollen sich endlich holen, was ihnen zusteht!« Er stand auf und begann, in der Hütte auf und ab zu gehen.
    »Der Bundschuh? « fragte Cornelius.
    »Jetzt sag bloß, du hast noch nichts vom Bundschuh gehört!« Georg schüttelte verständnislos den Kopf. »Lebt mit einem der Anführer unter einem Dach und weiß nichts vom Bundschuh. Das gibt es doch nicht!« Dann klärte er Cornelius auf: »Das ist eine geheime Vereinigung von Bauersleuten. So, wie es der Arme Konrad auch gewesen ist. Doch der Bundschuh ist viel größer! Im ganzen Land zählt der Geheimbund Tausende und Abertausende von Mitgliedern. Männer, die es wagen, gegen ihre Herrenaufzustehen. Die nicht mehr mitansehen wollen, wie die Obrigkeit sich fett und feist frißt, während die Landbevölkerung hungert. Die es nicht mehr einsehen wollen, daß die Klöster und Kirchen keine Steuern zahlen müssen, während der arme Mann von allen Seiten geschröpft wird. Auch Handwerker sind dabei, die die Nase voll davon haben, daß die Klöster ihnen ins Handwerk pfuschen mit ihren klösterlichen Korbflechtereien, Webereien und Töpfereien und dabei wieder keine Steuern zahlen!« Grimmig fügte er hinzu: »Halb Taben macht beim Bundschuh mit, was dir wohl entgangen ist.« Wobei er das ›dir‹ ironisch betonte. Er grinste Michel an. »Unsere Geheimhaltung scheint doch etwas zu taugen, he?«
    »Und wie erkennt ihr euch dann untereinander in eurem ach so geheimen Geheimbund?« fragte Cornelius verärgert. Allmählich kam er sich doch etwas dämlich vor. Jahrelang hatte er geglaubt, daß es sich bei den Aufrührern lediglich um eine Handvoll streitsüchtiger Taugenichtse handelte. Dabei waren Männer am Werk, die sehr wohl ehrenhaft und mit Verstand handelten!
    Michel und Georg schüttelten abermals ungläubig den Kopf.
    »Durch die Kennung natürlich. Kaum hat ein neues Mitglied den Treueschwur abgelegt, bekommt es die Kennung verraten. Hört er einen anderen diese Worte sagen, so weiß er, daß er es mit einem Bundschuhler zu tun hat. So einfach ist das.«
    Marga fuhr angriffslustig auf. »Und wann laßt ihr mich endlich mitmachen – das will ich wissen!«
    Michel blickte zu Georg, der mit den Schultern zuckte.
    »Warum eigentlich nicht? Warum nehmen wir das Weib nicht auf?« fragte er. »Wer weiß, wenn’s richtig losgeht, werden wir vielleicht noch einmal um die Hilfe der Weiber froh sein! Allerdings … ich weiß natürlich nicht, was die anderen zu einem Weib im Bunde sagen …« Ganz wohl war ihm beidiesem Gedanken nicht, und bevor er ihn weiter verfolgte, wandte er sich Cornelius zu. »Und du, Cornelius, hast auch noch den Treueschwur abzulegen.«
    »Dann macht schon! Oder glaubt ihr etwa immer noch nicht, daß ich auf eurer Seite bin?«
    »Nun, mich tät’ schon interessieren, woher dein plötzlicher Sinneswandel kommt.« So leicht wollte Georg es Cornelius nicht machen.
    Dieser dachte kurz nach. Während sie im Dunkel der Nacht die Alb hinaufgestiegen waren, hatte er sich bereits dieselbe Frage gestellt.
    »Im Grunde genommen habe ich wohl immer gewußt, daß der Jerg kein schlechter Kerl ist …«, fing er zögerlich an, »aber ich wollt’ ihn halt vor Schaden bewahren. Er ist und bleibt ein Hitzkopf, doch deshalb gehört er noch lange nicht an den Galgen! Hätte der Brabant auf das gehört, was der Jerg und die anderen von ihm wollten, wäre es gar nicht so weit gekommen! Egal, welcher Herzog nun an der Macht ist, ob er Ferdinand oder Ulrich heißt – keiner will etwas von unseren Belangen wissen. Das ist es, was mich inzwischen auch wütend macht! Daß die feinen Herren oben auf Burg Taben sich nicht einmal angehört haben, was der Jerg zu sagen hatte! Daß sie ihn gleich wie einen Verbrecher behandelt haben. Sie haben ihn ja regelrecht dazu getrieben, den Kardinal mitzunehmen.« Seine sonst so sanften Augen waren mit Haß erfüllt, als er von einem zum anderen blickte. »Aber jetzt sind sie dran, die adeligen Herren! Lange genug habe ich die Augen verschlossen vor dem, was wirklich wahr ist. Habe gedacht, wenn wir nur leise sind und stillhalten, wird letztlich doch alles gut werden. Aber das Leben wird nicht besser, indem man nur sieht, was man sehen will, und wegschaut, wenn es einem nicht gefällt.«

Weitere Kostenlose Bücher