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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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wird viel, wenn der Tag lang ist.«
    So fassungslos er auch auf Georgs Nachricht reagiert hatte, nun begann er schon wieder das Interesse daran zu verlieren. In den letzten Wochen hatte ein Gerücht das nächste gejagt, Reisende brachten Tag für Tag ganze Bündel neuer Nachrichten mit, aus den Dörfern selbst kamen unentwegt Boten angelaufen, um über neueste Entwicklungen zu berichten. Am Anfang hatte Jerg jede Nachricht gierig aufgesaugt und versucht, sie mit Taben in Verbindung zu bringen. War es für Taben gut, daß nun endlich auch die Dettinger gegen ihren Freiherren aufgestanden waren? Was bedeutete es, daß nun auch aus dem Norden des Landes Aufstände gemeldet wurden? Und stimmte es wirklich, daß im Remstal der erste Bauernrat gegründet worden war, mit eigenen Gesetzen und Regeln? Im Laufe der Wochen stellte sich jedoch heraus, daß viele Nachrichten falsch oder übertrieben waren oder als Folge zu vieler Erzählstationen nur noch einen Bruchteil von Wahrheit in sich hatten. Dennoch konnte man es sich nicht erlauben, solche Botschaften einfach zu ignorieren. Es konnte ja schließlich doch sein, daß sie stimmten …
    »Fahrende waren’s. Waren auch auf dem Weg nach Stuttgart, und als sie gesehen hatten, was dort vor den Stadttoren los war, sind sie gleich wieder in Richtung Süden abgereist. Aber jetzt paß auf, es kommt noch toller: Mit seinen Soldaten wollt’ der Herzog sein geliebtes Stuttgart zurückerobern. Bauern seien auch dabei gewesen, und gemeinsam seien sie mit Speer und Spieß auf die Stadtmauern zumarschiert, der Ulrich vorneweg.«
    »Ja und? Jetzt mach schon! Was war dann? Hat er die Österreicher davongejagt oder was?« Mit einem flauen Gefühlim Magen wartete Jerg auf Georgs Antwort. Sein Haß auf Ulrich glühte in ihm wie das ewige Feuer der Hölle. Dennoch: Wäre Ulrich vielleicht nicht doch das kleinere von zwei Übeln?
    Georg verzog den Mund. »Leider war’s umgekehrt. Über tausend Soldaten sollen aus den Toren der Stadt gequollen sein, alle bestens bewaffnet und auf feinen Rössern. In nur wenigen Stunden sollen sie Ulrich und seinen Männern den Garaus gemacht haben. In höchster Not soll dieser dann geflohen sein und mit ihm die paar Hansel, die noch am Leben waren.«
    »Ein Heer von über tausend Soldaten? Wo kommen die her? So viele Landsknechte gibt es in Stuttgart doch gar nicht!« Auf einmal fühlte Jerg eine Beklemmung, gerade so, als ob jemand seinen Brustkorb mit beiden Händen fest umklammerte und zudrückte. Unwillkürlich blickte er in Richtung Norden, als erwarte er, das tausend Mann starke Heer im nächsten Augenblick vor den Grenzen Tabens zu sehen.
    »Nun ja, vielleicht war das auch nur eine Übertreibung. Ehrlich gesagt habe ich mich auch gefragt, ob sich die Leut’ nicht nur ein bißchen wichtig gemacht haben mit diesen Nachrichten. Herzog Ulrich zurück! Wer weiß, ob der überhaupt noch lebt?«
    Georg schüttelte den Kopf. »Aber eines hat mich dann doch stutzig gemacht.« Sein von Wind und Wetter zerfurchtes Gesicht war nun in tiefe Falten gelegt. »Sie haben einen Namen genannt. Und zwar den des Anführers. Ein gewisser Truchseß von Waldburg. Der Bauernjörg, wie er im Land auch genannt wird – der soll Ferdinands Soldaten angeführt haben. Ganz angsterfüllt haben sie von ihm gesprochen. So, als sprächen sie vom Teufel höchstpersönlich.«
    Nachdenklich schluckte Jerg dieses Stückchen Nachricht.
    »Der Bauernjörg? Wer soll das sein? Diesen Namen habe ich noch nie gehört …«
    »Wenn ihr mit dem Dreschen fertig seid, kommt ihr am besten aufs Feld hinaus. Es ist höchste Zeit, mit dem Umpflügen zu beginnen.« Cornelius schaute erst zu Jerg, dann von Lene zu Marga. Dann strafte er seine Buben, die sich unter dem Tisch zu stoßen begannen, mit einem scharfen Blick. Die Kinder waren in letzter Zeit ziemlich übermütig. Das reichliche Essen und das wärmende Feuer des vergangenen Winters hatte den Buben zum ersten Mal seit Jahren den Husten erspart, der in den Jahren zuvor mit schönster Regelmäßigkeit ab Dezember das Leben schwer machte. Alle, selbst der kleine Find, waren kräftig gewachsen, Kittel und Hosen, die im letzten Herbst noch weit an den kleinen Körpern schlotterten, spannten sich nun über ihre Ränzchen. Aus ihren Augen war der trübe Schimmer verschwunden, statt dessen glänzte darin der Übermut.
    Cornelius rülpste zufrieden, was ihm seine Buben sofort nachmachten. Genüßlich wischte er mit einem Stück Brot den letzten Rest der

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