Die Silberdistel (German Edition)
über Württemberg und seinen Herrscher erzählt hat! Nun wird es für alle Zeiten heißen, als mein Gast sei man seines Lebens nicht sicher! Wer wird da noch kommen wollen?«
Von Lindenstein, der auf diese Reden schon im Schlaf antworten konnte, tat dies nun bei wachen Sinnen. »Verehrter Erzherzog, so grämt Euch nicht weiter. Es war schlichtes Pech, daß Ihr Euch just zu dieser Zeit mit dem Kardinal dort aufgehalten hattet. Keiner wird es wagen – nicht in Rom und auch nicht anderswo –, Euch die Schuld an den Geschehnissen während Campeggis Besuch in die Schuhe zu schieben.«
Ferdinand warf seinem Berater einen schrägen Blick zu.»Schlichtes Pech! Ihr habt gut reden! Euch ist es ja nicht widerfahren, dieses schlichte Pech. Diese Demütigung vor dem Kaiser! Wie einen dummen Jungen hat mich mein Bruder abgekanzelt! Diese Schmach! Muß denn alles, was mit diesem schrecklichen Land zu tun hat, schiefgehen?« Urplötzlich donnerte er mit der Faust auf seinen Schreibtisch. »Genug ist genug. Es wird Zeit, daß Württemberg wieder das Fürchten lernt! Anders scheint man diesen Leuten hier wohl nicht Herr zu werden. Haben sie den vorletzten Herzog Ulrich den Schrecklichen genannt, so bin ich gespannt, welchen Namen sie für mich finden werden, wenn meine Soldaten unter der Leitung des Truchseß von Waldburg mit ihnen fertig sind! Von Blauen! Sendet Boten an alle befreundeten Landgrafen. Sie sollen uns alles, was sie an Soldaten zur Verfügung haben, zur Verstärkung schicken. Und sie sollen sich beeilen!«
Der Hofmarschall nickte, raffte eilig seine Unterlagen zusammen und rannte aus dem Raum, als stünde ein wildes Bauernheer unmittelbar vor dem Stuttgarter Schloß.
»Ihr, von Lindenstein, schafft diesen Truchseß herbei!«
Mit glänzenden Augen erhob sich der Städtevertreter, um für das Eintreffen des Mannes, den er so glühend verehrte, alles in die Wege zu leiten.
Sinnend blickte Ferdinand seinen beiden Beratern nach, dann folgte ein weiterer Seufzer. »Und Ihr, Schatzkanzler Breuninger, bittet um ein Treffen mit dem Fugger. Und betet dafür, daß der Pfeffersack mir weitere Anleihen gewährt! Der Himmel weiß, wovon ich diesen Krieg bezahlen soll! Die Silberminen sind schon weg, die Goldvorräte zusammengeschmolzen, was kann ich Fugger noch anbieten?« Fahrig griff er sich in sein schütteres Haar. »Vielleicht handeln wir doch ein wenig voreilig? Vielleicht sehen die Bauern von selbst ein, daß sie ohne ihre Herren verloren sind?« Hoffnungsvoll blickte er in das Gesicht des einzigen Beraters, der sich noch in der Kanzlei befand.
Der Schatzkanzler, der während des ganzen Morgens noch kein Wort gesprochen hatte, erhob sich umständlich. Bei Ferdinands Worten hätte er am liebsten laut aufgeschrien. Er konnte nicht fassen, daß dieser erneut damit beginnen wollte, seine Entscheidung in Frage zu stellen. Ohne jedoch mit der Wimper zu zucken, antwortete er: »Vielleicht … doch eher lernt ein Ochs das Schalmeienspiel. Sicher, die Kosten sind erheblich. Ich wäre der letzte, der dies nicht zugeben würde.« Beim Hinausgehen drehte er sich noch einmal um.
»Doch sei es, wie es ist, verehrter Erzherzog. Ich bin mir nicht sicher, was Euch teurer zu stehen käme: diesen Krieg zu führen oder ihn bleibenzulassen …«
10.
Jerg war mürrisch und schlecht aufgelegt. Die halbe Nacht hatte er mit Marga gestritten, was im Flüsterton kein leichtes Unterfangen war. Lenes hämische Blicke während des Morgenmahls verrieten jedoch, daß sie trotz Leiseredens genug mitbekommen hatte. Ausziehen wollte Marga, eine eigene Hütte bauen. Warum mußte sein Weib immer wieder damit anfangen? Es stimmte – was viele Dinge anging, war er auch nicht gut auf Cornelius zu sprechen, aber deshalb mußte man doch nicht gleich mit Sack und Pack dessen Hütte verlassen! Immer noch verärgert trat er hinters Haus, um dort seine Notdurft zu verrichten, als er Georg um die Ecke kommen sah. Was konnte dieser so früh schon wollen? Nicht einmal ein friedsamer Morgen war ihm nach dieser Nacht vergönnt! Sein Blick deutete Georg an, daß seine Nachrichten hoffentlich wichtig genug waren, um ihn in aller Herrgottsfrüh’ zu stören.
»Herzog Ulrich ist zurückgekommen!«
Jerg war wie vom Schlag getroffen.
»Genaues weiß ich auch nicht. Nur, daß er mit eigenen Soldaten aus der Schweiz gekommen sein soll. Direkt nach Stuttgart sei er marschiert, erzählen sich die Leut’. Aber das ist noch nicht alles.«
»Welche Leut’? Erzählt
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