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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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erste Nacht? Pah! Bei ihnen hier war es das Recht des Burgverwalters. Und wer wollte es ihm absprechen? Der Herzog im fernen Stuttgart bekam doch gar nicht mit, was sein Verwalter so alles trieb. Für die waren sie doch nur die Krautund Rübenfresser, dachte Lene verbittert, während sie sich anschickte, erneut einen Eimer Wasser zu holen.
    Draußen war es bereits angenehm warm, und eigentlich wäre es ein Tag so recht nach Lenes Geschmack gewesen. Aber es gab ja immer jemandem, der es schaffte, ihr den Tag zuversauen! Wehe, sie wagte es, jemandem ihr Leid zu klagen! Die Nachbarn, die Dorfbewohner – für die war Jerg doch jetzt ein Held. Auch wenn es kaum einer offen aussprach, man sah es an den anerkennenden Blicken, dem Schulterklopfen und in deren ganzer Art ihrem Schwager gegenüber. Und wie die Weiber ihm nachblickten … Als wäre er der einzige Hengst weit und breit! Und für jede von ihnen hatte Jerg einen Scherz auf den Lippen. Nur für sie, Lene, nicht. Verbittert kniff sie den Mund zusammen. Für ihn war sie nur Lene, das Arbeitstier, das seinem Bruder fünf Kinder geboren hatte und für jede Drecksarbeit gut genug war. Lene verdrängte den Gedanken, daß auch Marga keinesfalls bei der täglichen Arbeit geschont wurde und mindestens genauso hart ran mußte wie sie selbst …
    Allmählich ließ ihre Kraft doch etwas nach, und sie fuhr mit gemäßigteren Bewegungen fort, den letzten Rest der Rußschicht abzubürsten. Doch was wahrscheinlich niemals nachlassen würde, war das beißende Gefühl in ihrem Inneren, wenn sie an die Ungerechtigkeiten in ihrem Leben dachte. Sie brauchte nur an sich hinunterzuschauen und sah alle ihre düsteren Gedanken bestätigt: Nach fünf Kindern, von denen zwei schon kurz nach der Geburt gestorben waren, hingen ihre Brüste schlaff hinunter, das Tal dazwischen war faltig. Hatte sich Cornelius damals nicht in ihren schlanken Rockbund verguckt, der im Kontrast zu ihren weiblichen Hüften stand? Auch der war nur noch ein Stück Vergangenheit. Kein Wunder, daß Jerg keinen Blick für sie übrig hatte! Sie war alt. Alt und verbraucht. Was hätte sie für Margas rosige Haut gegeben, für deren pralle, weibliche Form! Wen wunderte es da, ging es ihr mürrisch durch den Sinn, daß Nacht für Nacht von deren Schlafstatt lautes, aufgeregtes Stöhnen zu hören war. Sie dagegen mußte froh sein, wenn Cornelius sie wenigstens einmal in der Woche bestieg! Tja, wenn sie noch so drall und frisch wie Marga wäre, aber fünf Schwangerschaften hinterließen nun einmal Spuren … Sie atmete tief durch, und ihrGesicht entspannte sich zum ersten Mal seit Stunden. Da nutzten ihre ganzen weiblichen Reize nichts: Zum Kinderkriegen taugte Marga nicht, und damit aus! Eine schöne Hülle hat der Jerg sich da ins Haus geholt, aber ein richtiges Weib, das hat er nicht bekommen! Sie verzog den Mund zu einem belustigten Lächeln. Wunderte es da, wenn der Mann jedem Rockschurz nachblickte?
    Nachdem sie mit ihrer Arbeit fertig war, nahm sie Wascheimer, Bürste und Lumpen und trug alles an den Brunnen, um es dort gründlich auszuspülen. Fertig! Die getane Arbeit und die Sonne schafften es sogar, daß sich ihre Laune ein wenig hob. Plötzlich freute sie sich auch wieder auf den bevorstehenden Märzenmarkt, der wie jedes Jahr in Kirchheim stattfinden sollte. Kommenden Montag war es soweit. Für die Dorfbewohner bedeutete dieser Tag ein großes Ereignis. Genüßlich streckte Lene ihre schmerzenden Arme von sich. Einmal etwas anderes, als immer nur die eigenen vier Wände sehen und ackern! Bekannte treffen, den Musikanten zuhören – so ein Markttag war eigentlich immer viel zu kurz, ging es ihr bedauernd durch den Kopf. Aber dafür würden sie wohl wenigstens in Kirchheim von den ewigen Lobrufen auf Jerg verschont bleiben. Pah!
    Indessen war Jerg hinterm Haus damit beschäftigt, die restlichen Holzvorräte in handliche Scheite zu schlagen, welche die Frauen dann sauber in der Wohnstube aufschichten konnten. Während andere Bauern ihr Brennholz für den täglichen Bedarf draußen stapelten, hatte es sich bei ihnen schon seit Jahren so eingespielt, daß sie das ihre drinnen aufbewahrten. Die Stube war groß genug dafür, und so war frühmorgens immer trockenes Brennholz vorhanden und mußte nicht mühselig von draußen hereingebracht und womöglich erneut getrocknet werden.
    Auch Jerg hatte damit zu tun, die Ereignisse der letzten zwei Wochen erneut zu bedenken. Zuviel war plötzlich auf einmal geschehen: der

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