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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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anderen noch schlechter erging als ihnen, hochmütig auf sie herab.
    Jerg war es zur Zeit immer ein wenig unwohl in der Gegenwart seines Bruders. Das erwartete Donnerwetter nach seinem Zusammentreffen mit Herzog Ulrich war zwar bisher ausgeblieben, doch deshalb hatte Jerg noch lange nicht vor, Cornelius jemals die Möglichkeit zu geben, dies nachzuholen. In so etwas hatte er jahrelange Erfahrung.
    »Wenn ich mit dem Holz fertig bin, könnte ich mich doch gleich ans Torfstechen machen, oder? Wir können das aber auch morgen gemeinsam tun. Nur, das Wetter ist halt heut besonders …«
    »Jerg, jetzt halt doch mal für einen Moment die Luft an!« unterbrach Cornelius ihn unwirsch. »Du bist ja schlimmer als jedes Waschweib!« Schwerfällig setzte er sich auf den Spaltbock, so daß Jerg nichts anderes übrig blieb, als seine Arbeit zu unterbrechen.
    Obwohl er zu seiner Tat stand und nicht im geringsten das Gefühl hatte, etwas falsch gemacht zu haben, hatte er vor seinem Bruder genügend Respekt, um eine Strafpredigt von ihm zu fürchten. Trotzdem! Er würde alles wieder so machen, ging es ihm trotzig durch den Sinn, während er sich innerlich auf eine Standpauke einstellte.
    »Äh, also, ich weiß eigentlich gar nicht, wieso ich so lange gewartet habe mit dem, was ich dir sagen will.« Verlegen blickte Cornelius zur Seite. Große Worte waren zwischen den Brüdern nie üblich gewesen. Doch daß es dem Cornelius bisher schon einmal die Sprache verschlagen hatte, daran konnte sich Jerg nun auch nicht erinnern. Unruhig trat er von einem Bein aufs andere.
    Nach einer Ewigkeit fuhr Cornelius endlich fort: »Also, was ich dir sagen wollte, ist …«, er gab sich einen sichtbaren Ruck, »nun, ich bin stolz auf meinen kleinen Bruder!«
    Jetzt war’s raus!
    Ungläubig blickte Jerg ihn an.
    »Was du da auf der Jagd getan hast, erforderte einen ganzen Mann. Wir andern sollten uns alle schämen, daß wir nicht genauso mutig für den Heinrich eingetreten sind.« Cornelius legte seine große Hand auf Jergs Schulter und sagte nochmals, diesmal etwas leiser: »Stolz bin ich auf dich, jawohl!«
    Fassungslos stand Jerg da. Sein Bruder, der immer dreimal überlegte, bevor er etwas unternahm, der Vorsicht über allem walten ließ und der sich niemals zu einem unbedachten Wort, geschweige denn zu einer unbedachten Tat hinreißen ließ – dieser Bruder war stolz auf ihn! Während er die herumliegenden Holzscheite in einen Korb sammelte, dachte er krampfhaft nach. War das nicht der richtige Augenblick, ihm vom Armen Konrad zu erzählen? Wer weiß, vielleicht wäre Cornelius dann noch stolzer auf ihn? Obwohl, außer zwei geheimen Treffen, bei denen neue Mitglieder eingeschworen wurden, war ja noch nichts Heldenhaftes geschehen, mußte er sich wohl oder übel eingestehen. Nun, an ihm lag es nicht, wenn die Burschen bisher nichts als laue Reden im Sinn hatten! Aber bald würde schon noch mehr geschehen, vertröstete er sich für den Augenblick. Er holte Luft, um mit seiner Beichte zu beginnen.
    »Aber tu das trotzdem nie wieder, hörst du? Nie wieder! Ich bin fast gestorben vor Angst. Erschlagen hätt’ der Herzog dich können, das weißt du so gut wie ich.« Cornelius fixierte ihn mit einem so scharfen Blick, als ahnte er, was Jerg durch den Kopf ging. »Ich weiß, daß es für einen Hitzkopf wie dich sehr verlockend ist, mit heldenhaften Taten gegen die Herren aufbegehren zu wollen. Ich weiß auch, daß es geheime Treffen von Männern gibt, denen es genauso geht wie dir. Was sievorhaben, weiß ich allerdings nicht. Und ich will es auch gar nicht wissen«, fügte er etwas trotzig hinzu.
    Jerg lief es plötzlich kalt über den Rücken. Die warme Märzensonne war hinter einer dicken Wolke verschwunden.
    »Doch dafür weiß ich eines ganz genau, und zwar, daß noch niemals etwas von uns Bauern verändert worden ist. Und das wird auch in alle Ewigkeit so bleiben. Jeder hat seinen von Gott zugewiesenen Platz, an dem er seine Pflicht tun muß. Das mögen wir zwar oft nicht verstehen, aber sich dagegen auflehnen heißt auch, sich gegen Gott aufzulehnen. Das willst du doch nicht, oder?« Cornelius’ Stimme hatte mittlerweile einen bedrohlichen Ton angenommen.
    Eilig versuchte Jerg, seinen Bruder zu beschwichtigen. Seine Stimme klang dabei selbst in seinen Ohren falsch.
    Der Himmel hatte sich nun völlig verdunkelt und drohte mit einem kalten Regenguß. Schweigend standen die Männer für einen Augenblick beieinander, während die letzten Worte

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