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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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bevorstehenden Frühjahrsmärkten zu verkünden. Und Thumb fügte hinzu, daß die Reiter schon bereitstünden, um den Willen des Herzogs im ganzen Land zu verkünden. Dabei blickten alle drei angestrengt ins Leere. Keiner konnte dem anderen ins Auge schauen, zu wahnwitzig war die Situation!

7.
    Der liebe Gott war gnädig: Am Montag des Märzenmarktes strahlte die Sonne schon frühmorgens vom Himmel herab, und dieser Segen sollte auch den ganzen Tag anhalten. Nicht, daß Regenwetter auch nur eine einzige Menschenseele davon abgehalten hätte, zu kommen! Denn der Märzenmarkt bedeutete nach dem langen Winter die erste Möglichkeit, Dinge, die im Laufe der letzten Monate ausgegangen oder kaputtgegangen waren, zu ersetzen. Und da nur die Städte das verbriefte Marktrecht innehatten und die Dörfer selbst keine Märkte abhalten durften, war der Märzenmarkt für die Bauern auch eine Möglichkeit, selbst etwas zu verkaufen. So sah man auf allen Zufahrtsstraßen zur Stadt ganze Trauben von Menschen, die in Richtung Markt pilgerten. Manche zogen hölzerne Handwagen hinter sich her, andere hatten eineKiepe mit ihren Habseligkeiten auf dem Rücken, wiederum andere waren mit Ochsenkarren unterwegs. Auch fahrendes Volk, das von einem so großen Markt magnetisch angezogen wurde, näherte sich mit Pferden und Wagen. Schließlich bot sich auf einem Markt immer die Möglichkeit, ein paar Groschen mit Kunststückchen, Handlesen, Kartenlegen oder auch Diebereien zu verdienen.
    Auch Cornelius’ kleiner Haushalt war nach Kirchheim aufgebrochen. Zuvor hatten die Erwachsenen tagelang zusammengesessen und überlegt, welche Anschaffung noch warten könnte und welche keinen Aufschub mehr erlaubte. Letztendlich blieben nur noch fünf Sachen übrig: ein gußeiserner Topf, ein Topf Honig für die Kinder und für die beiden Frauen Nähnadeln und Zwirn. Denn was nutzten ihnen während der Wintermonate gewebte Stoffbahnen, wenn sie daraus keine Kleidung nähen konnten? Und obwohl es sich keine der beiden erklären konnte, war das alte Säcklein mit Nähzeug irgendwann spurlos verschwunden und ward danach nie mehr gesehen. »Eine Nähnadel zu verlieren – das bringt Unglück!« hatte Lene während des tagelangen Suchens immer wieder vor sich hin gesagt. »Wer weiß, vielleicht näht schon ein böser Geist an unserem Leichenhemd!« Cornelius, der die angstgeweiteten Augen der Kinder bei diesen Reden sah, hatte Lene schließlich jedes weitere Wort über diese Sache verboten.
    Cornelius bestand auf einer neuen Axt und ein paar unterschiedlich groben Raspeln. Das Werkzeug benötigte er zur Herstellung eines eigenen Pfluges, der den Männern die Arbeit auf dem Feld wesentlich erleichtern würde. Hier im Dorf besaßen nur die allerwenigsten Bauern einen eigenen Pflug, denn schon dessen Herstellung bereitete einige Schwierigkeiten und war mit viel Arbeit verbunden. Bisher hatten sie sich dieses Gerät samt Ochsen immer von ihrem Nachbarn Stefan Schäufele ausgeliehen, allerdings konnten sie es immer erst dann haben, wenn Stefan es nicht mehr benötigte. Dieses Jahr wollte Cornelius unabhängig sein. Und ein schöngewachsener Baumstamm, der für diesen Zweck bestens geeignet war, lag schon daheim hinterm Haus und wartete nur darauf, bearbeitet zu werden.
    Doch die Brauns erhofften sich vom Märzenmarkt außerdem eine bescheidene Einnahmequelle: Irgendwann im letzten Herbst hatte Marga damit begonnen, für ihre Neffen und Nichten Puppen und Tiere aus Stroh herzustellen, mit richtigen Augen und Mündern, die sie aus getrockneten Eicheln und Tannenzapfen fertigte. Und was ganz wichtig war: Die Figuren waren so fest verknüpft, daß sie auch bei gröberer Behandlung nicht gleich kaputtgingen. Doch im allgemeinen hüteten die Kleinen sie wie einen Schatz, waren sie doch das einzige Spielzeug, das sie besaßen. Die anderen staunten nicht schlecht, als sie feststellten, daß Marga dafür eine wirkliche Begabung besaß. Selbst Lene waren angesichts solcher Fingerfertigkeit ihre abfälligen Worte im Hals stecken geblieben. Jerg war es, der die Idee gehabt hatte, Marga könne doch mehr von diesen hübschen Dingern herstellen und sie dann für ein paar Heller im Frühjahr verkaufen. Mit Feuereifer hatte Marga diesen Gedanken aufgegriffen und sich an die Arbeit gemacht. Abend für Abend hatte sie das goldene Stroh verarbeitet, bis ihre Finger zerkratzt und blutig waren. Aber selbst wenn das Blut dabei in Strömen geflossen wäre – sie hätte es nicht gemerkt, so

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