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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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dessen Wangen noch vom Tanz gerötet waren, und ihre hübsche Figur geraderecht, um die Lücke zu füllen. Nachdem alles aufgebaut war, verabschiedete sich Jerg, um seine eigenen Runden über den Markt zu drehen.
    Auch Bantelhans aus dem benachbarten Dettingen war dort anzutreffen. Nur war es bei dem ehemaligen Soldaten weniger die Lust auf ein Schwätzchen oder auf einen Krug Bier, die ihn diesen Platz aufsuchen ließ. Er wußte, daß der Marktfrieden heute noch erheblich gestört werden würde. Seine Informanten hatten ihn schon vor Tagen vom bevorstehenden Eintreffen der herzöglichen Gesandten benachrichtigt. Er wußte auch, daß deren Besuch in der Stadt mit neuen Steuern zu tun hatte. Doch um was es genau ging, hatte ihm keiner sagen können. Da öffentliche Bekanntmachungen immer auf dem Rathausplatz stattfanden, hatte er sich vorgenommen, dort auszuharren, um so alles im Auge zu behalten. Mit einem Krug Bier in der Hand lehnte er lässig an der Rathausmauer, grüßte hier einen Bekannten, wechselte da ein paar Worte und verhielt sich ansonsten so unauffällig wie möglich. Und doch wäre einem aufmerksamen Beobachter nicht entgangen, daß erstaunlich viele Bettler zu Bantelhans’ Bekanntenkreis zählten. Jedenfalls wurde er von fast jeder buckligen Gestalt in ärmlichsten Lumpen in irgendeiner Art gegrüßt: Die einen nickten ihm zu, andere hoben ihren Wanderstock zum Gruße, und ein besonders wüst anzusehender Geselle mit großen, offenen Wunden mitten im Gesicht kam sogar direkt auf ihn zu und wechselte ein paar Worte mit ihm, während Bantelhans umständlich in seinen Taschen nach einem Almosen für den Mann kramte. Wie gesagt, einem aufmerksamen Besucher wäre das Gebaren des in feinen Zwirn gekleideten Herrn sonderbar vorgekommen. Doch im Marktgetümmel kümmerte sich kaum einer um seinen Nebenmann.
    Als er nun Jerg an sich vorbeischlendern sah, mußte er grinsen. Da lief er nun und erkannte nicht einmal seinen Anführer vom Armen Konrad! Bantelhans war sich sicher, daß erjeden seiner Männer erkannt hätte, und wenn sie durch Kopfbedeckungen und Tücher noch so vermummt waren! Schon als Soldat in der spanischen Armee, und danach bei den Holländern, war er für sein scharfes Auge und seine gute Menschenkenntnis bekannt gewesen. Er mußte einem Mann nur in die Augen schauen, und sogleich konnte er in dessen Seele lesen wie in einem offenen Buch: Mut, Angst, Haß, Dummheit, Starrsinn und vieles mehr, von dem der Betroffene selbst oft nichts wußte. Auch heute noch, lange Zeit nach seinem Soldatendasein, war ihm diese Fähigkeit geblieben. Er mußte an seine erste Begegnung mit Jerg denken, als Stefan diesen zum Armen Konrad mitgebracht hatte. Hochgefahren ist er wie ein aufgeschreckter Hase! Und auf den Mund gefallen ist er auch nicht …
    Von weitem erblickte er den Uracher Obervogt Schwygkher und hob die Hand zum Gruße. Nachdem auch Schwygkher seinen alten Freund erkannt hatte, versuchte er, für sich und sein Roß einen Weg durch die engen Gänge des Marktplatzes zu bahnen. Was keine leichte Aufgabe war! Endlich war Schwygkher bei Bantelhans angekommen.
    »Das laß ich mir gefallen! Ihr lungert hier mit einem Krug Bier herum, während ich den Amtsgeschäften nachgehen muß!«
    Völlig aufgelöst stieg der Uracher Vogt von seinem Pferd, das den ganzen Trubel nicht gewöhnt war und die Augen verdrehte, so daß nur noch das Weiße zu sehen war. Besänftigend klopfte Bantelhans dem verängstigten Tier auf den Hals und lachte.
    »Jeder, wie er es verdient, mein bester Freund! Ihr geht den Amtsgeschäften nach und ich dem Müßiggang! Doch alleine trinkt’s sich nicht so gut wie zu zweit. Kann ich Euch nicht zu einem Krug überreden?«
    Bedauernd schüttelte der Amtsmann den Kopf. »So ungern ich Euer verlockendes Angebot auch ausschlage, aber meine Zeit ist heute nicht mein eigen. Wie alle anderenAmtsvorsteher aus der Umgebung bin auch ich für heute ins Kirchheimer Amt bestellt.«
    Es liegt also tatsächlich doch etwas in der Luft, schoß es Bantelhans durch den Kopf. »Auch wenn ich kaum eine ehrliche Antwort erwarte, so frage ich Euch doch: Um welche besonderen Geschäfte handelt es sich denn, daß sie Euch sogar von einem Krüglein Bier abhalten?«
    Der Vogt klopfte seinem Freund spöttisch auf die Schulter. »Das würdet Ihr nur allzu gerne wissen, nicht wahr? Damit Ihr Euch in Dettingen mit Eurem Wissen brüsten könnt, häh?«
    So ging das gutmütige Geplänkel zwischen den beiden alten Freunden

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