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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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hin und her, bis Schwygkher auf einmal ernst wurde. Seine Stimme nahm plötzlich einen finsteren Ton an, als er weitersprach. »Genug der Späße! Eigentlich ist mir nicht zum Lachen zumute! Wenn ich an die kommenden Stunden denke, wird mir angst und bange!«
    Bantelhans reagierte beunruhigt auf den plötzlichen Stimmungsumschwung seines Freundes: »So redet doch! Welche schrecklichen Prüfungen hat der Tag noch für Euch parat?«
    Ganz konnte er den spöttischen Unterton nicht lassen. Zu lange kannten sich die beiden Männer schon, und bei jedem Treffen wurden statt der Schwerter Worte gekreuzt. »Schreckliche Prüfungen in der Tat! Aber nicht für mich alleine! Sondern auch für Euch, die Bürger, die Handeltreibenden und vor allem für das einfache Volk! In etwa einer Stunde werden des Herzogs Abgesandte erwartet, um die neuen Steuern zu verkünden.« Er schüttelte verständnislos den Kopf und fuhr fort: »Eigentlich dürft’ ich Euch noch gar nichts davon erzählen, aber spätestens heute mittag weiß eh die ganze Stadt, welchen Streich sich die Stuttgarter Kanzlei da wieder ausgedacht hat!«
    Stumm nahm Bantelhans nun eine Ungeheuerlichkeit nach der anderen zur Kenntnis.
    Schließlich schloß Schwygkher hilflos: »Ich frage mich,wie die Leute das bezahlen sollen! Wo doch die ganze Landschaft fast am Verhungern ist!«
    Ehe Bantelhans antworten konnte, war der Hufschlag von mehreren Pferden zu hören, die geräuschvoll durch die Gassen in Richtung Rathaus trabten. Wie auf ein geheimes Kommando waren die herzöglichen Abgesandten erschienen. Wohl wissend, daß ihre Nachrichten nirgendwo auf einen freundlichen Empfang warten durften, kamen sie mit einer Eskorte von zwanzig Soldaten. Schwerbewaffnet überblickten diese von ihren Rössern aus das Marktgeschehen. Schon ihre Gegenwart schüchterte die Menschen auf dem Markt ein. So viele Soldaten auf einmal – das konnte nichts Gutes bedeuten!
    Bevor der Zug am Rathaus angelangt war, verabschiedete sich der Vogt hastig und drückte Bantelhans, ohne auf eine Zustimmung von ihm zu warten, die Zügel seines Pferdes in die Hand. So blieb diesem nichts anderes übrig, als seinen Späherplatz zu verlassen und das Pferd zum Stadtstall zu bringen, wo es getränkt und gefüttert würde.
    Als er endlich wieder ins Freie trat, hatten sich die Reihen zwischen den Marktständen verdächtig geleert. Das Schlimmste ahnend lief Bantelhans mit raschen Schritten durch die Straßen in Richtung Rathausplatz, wo sich eine riesige Menschenmenge eingefunden hatte, die den Worten des herzöglichen Vertreters lauschte. Dieser stand auf einer eilends aufgestellten Plattform, so daß man ihn auch in den hinteren Reihen hören und sehen konnte. Um die Plattform herum hatte sich ein halbes Dutzend der Soldaten formiert, was die Vorahnung der Menschen verstärkte, daß das, was nun kommen sollte, alles andere als erfreulich war! Unruhig traten die Marktbesucher von einem Bein auf das andere, Kinder schrien, überall wurde gerätselt und getuschelt, was das alles auf sich haben möge. An ein Durchkommen nach vorne war nicht mehr zu denken, und so stellte sich Bantelhans verärgert hinten an. In seinem Groll merkte er zuerst gar nicht, daß der Gesandte schon mit seiner Rede angefangen hatte.Bei dem Mann handelte es sich um einen erfahrenen Redner, dessen einzige Aufgabe es war, tagein, tagaus im ganzen Land Erlässe, Verordnungen und Neuigkeiten aller Art zu verlesen. Ohne eine Regung auf seinem Gesicht machte er sich nun daran, mit klarer, hoher Stimme die herzögliche Bulle zu verlesen. Dabei betonte er wichtige Abschnitte besonders, machte nach jedem Satz eine bedeutungsvolle Pause und sorgte so dafür, daß auch wirklich verstanden wurde, was er zu sagen hatte. Doch darum hätte er sich in diesem Fall nicht zu sorgen brauchen: Die Leute verstanden nur zu gut, worum es ging! Unter einer Gruppe von Weinbauern aus dem Remstal, die links vom Rednerpult standen, regte sich der Widerstand zuerst: »Neue Steuern erlassen, das könnt ihr! Aber wie wir die bezahlen sollen, das kümmert keinen von euch hohen Herren!« Ein anderer fügte hinzu: »Diesen Winter sind schon wieder fast alle Weinreben erfroren. Wie sollen wir da für die neuen Abgaben aufkommen?« »Jawohl, einen Scheiß werden wir tun! Von wegen neue Steuern!«
    Der Beamte fuhr ungerührt mit seiner Rede fort, als hätte es überhaupt keine Zwischenrufe gegeben. Doch Bantelhans’ geübtes Auge erkannte selbst von seinem schlechten Platz

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