Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
Vom Netzwerk:
Zeit, und manchmal müssen die Dinge ein Ende nehmen. Ich sehe, dass es das Beste ist, unsere Truppe aufzulösen. Ich danke euch allen, es war ein gutes Leben mit euch. Jetzt muss jeder für sich selber Sorge tragen. Ich für meinen Teil, und Janka auch, und ihr, Schwärzel und Ada, wir werden weiterziehen.«
    »Wenn es euch recht ist, bleiben wir bis Würzburg zusammen«, ergänzte Janka und sah mich und Ciaran an.
    Was sollte ich sagen?

    Drei Tage später hatten wir unser Lager abgebrochen. Die Zeit in Konstanz war zu Ende. Der Abschied von den anderen tat mir weh, und als wir aus der Stadt zogen, war mir das Herz schwer. Wir würden uns nicht wiedersehen.
    Am Schottentor öffnete uns ein dicker, freundlicher Torwart beide Torflügel, damit wir mit unseren Wagen gut durchkamen. »Na, jetzt wo der König und die Königin die Stadt verlassen haben, hält euch wohl auch nichts mehr hier?«, grinste er. »Der eine nach Frankreich zu diesem Papst, der nicht abdanken will, die andere heim nach Ungarn, und wo geht’s bei euch hin?«
    Pirlo winkte und ließ die Zügel auf den Rücken seines Zugpferds klatschen. »Hierhin und dorthin, mein Freund«, rief er, »denn wir sind Fahrende und haben kein Ziel!«
    Ich schon, dachte ich, als ich meinen Wagen unter dem Torbogen durchlenkte. Ich schon. Würzburg.

FÜNFTES BUCH
    Heimat

Würzburg, Oktober 1415
    Der feierliche Klang von Kirchenglocken begleitete die kleine Gruppe aus bunt bemalten Wagen, die ratternd den Main auf der steinernen Brücke überquerte. Es läutete zur Mittagsstunde wie sonst jeden Tag, aber Sara kam es vor wie ein freundlicher Empfang eigens für die Spielleute. Sie versuchte, herauszuhören, wie viele Glocken es wohl sein mochten. Sicherlich gab es in der alten fränkischen Bischofsstadt viele Kirchen, nicht nur den Kiliansdom, auf den die gepflasterte Straße in gerader Linie zuführte. Kilian, das hatte ihnen Pirlo unterwegs erzählt, war der Stadtheilige von Würzburg, ein irischer Mönch, der vor vielen hundert Jahren übers nördliche Meer gekommen war, den Franken das Christentum zu bringen. Ciaran war über diese alte Verbindung der Stadt mit seiner Heimatinsel ganz gerührt gewesen und hatte sich fest vorgenommen, das Grab des berühmten Heiligen zu besuchen, den man gerne bei Augenleiden, Gicht und Gliederreißen anrief.
    Vor dem Rathaus hielten sie an. Pirlo stieg steifbeinig vom Wagen, um beim Stadtschreiber die Genehmigung einzuholen, dass die Fahrenden hier ihre Künste vorführen durften. Viel hatten sie ja nicht mehr zu bieten, dachte Sara: eine Magistra der Medizin, einen Harfenspieler und Sänger, eine Wahrsagerin und einen Fiedler und Possenreißer. Schwärzel und Ada waren nicht mehr dabei. Vor zwei Wochen, als die Truppe zu Heidelberg aufgetreten war, hatte den Tierbändiger ein vornehm gekleideter älterer Mann angesprochen. Es war dies der Schlossvogt Ludwigs III. gewesen, des Kurfürsten und Pfalzgrafen bei Rhein, der immer noch auf dem Konstanzer Konzil weilte. Der Vogt hatte während der Abwesenheit seines Herrn die oberste Gewalt über Schloss und Gesinde inne und kümmerte sich um alle täglichen Verwaltungsgeschäfte. Sorgenvoll hatte er Schwärzel erklärt, dass der Aufseher über den fürstlichen Tiergarten plötzlich durch einen Unfall ums Leben gekommen sei. Nun suche man händeringend nach einem Mann, der seine Nachfolge antreten könne. Es müsse jemand sein, der mit den beiden Bären im Zwinger, dem edlen Rotwild im Gehege, dem gefährlichen Löwen aus Africa, einem Rudel Wölfe und anderen wilden Tieren umgehen könne, die sich der Landesherr zum herrschaftlichen Vergnügen hielt. Dafür gäbe es angemessene Entlohnung sowie ein Deputat, das Hofkleidung, jährlich einige Juchter Feuerholz und Verpflegung aus der Schlossküche umfasste. Nun, Schwärzel hatte zunächst wenig Lust darauf gehabt, sesshaft zu werden. Er war zu Ada gegangen, um ihr vom Vorschlag des Vogts zu erzählen, worauf die beiden einen Abend lang in ihrem Wagen gestritten hatten wie die Bürstenbinder – ein Streit, an dessen Ende Ada ihrem verblüfften Mann heulend eröffnete, dass sie ein Kind erwartete.
    Am nächsten Tag waren die Fahrenden ohne die beiden weitergezogen. Auch der Bär, Rutliese das Schwein und der zahme Hirsch waren in Heidelberg geblieben. Den Herzog von Schnuff hatte Schwärzel seinen Freunden zum Abschied geschenkt; er brauchte den Hund jetzt nicht mehr, und wenn Pirlo fleißig mit ihm übte, würde er bald auch für ihn seine

Weitere Kostenlose Bücher