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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Kunststücke zeigen können und den Fahrenden von Nutzen sein.
    So war Pirlos Truppe nun auf vier Leute zusammengeschmolzen. Für den erfahrenen Anführer war das nichts Besonderes, es gab unter den Spielleuten immer viel Wechsel. »Jaja, Schätzelchen, bei den Fahrenden ist nichts von Dauer!«, sagte er zu Sara, als sie aus Heidelberg abfuhren. Sie hingegen fand es traurig, dass es die große Familie der Spielleute, in die man sie vor bald anderthalb Jahren so herzlich aufgenommen hatte, nicht mehr gab. Und natürlich vermisste sie Ezzo. Wie oft dachte sie an ihn! Wo er wohl jetzt sein mochte? Ob er Böhmen schon erreicht hatte? Wie verabredet, hatte Pirlo im »Kretzer« hinterlassen, dass sie nach Würzburg gezogen waren. Also konnten Ezzo und Finus ihren Weg nachvollziehen und würden sie hoffentlich irgendwann einholen. Bald. Oder sollte sie sich das gar nicht wünschen? Jedes Mal, wenn Sara an Ezzos unverhofften Abschiedskuss in Konstanz dachte, tat ihr der Gedanke ein bisschen weh, und trotzdem musste sie dabei lächeln. Kürzlich hatte Ciaran sie dabei ertappt und nach dem Grund ihres Lächelns gefragt. Da hatte sie stumm den Kopf geschüttelt. Vielleicht war es gut, überlegte sie, dass Ezzo fort war. Sie gehörte zu Ciaran, und es war nicht recht, so oft an einen anderen Mann zu denken.
    Ah, da kam Pirlo schon aus dem Rathaustor zurück, eine gesiegelte Rolle in der Hand. Er ging merkwürdig gebeugt, fast schien es, als schleppe er sich mühsam zu seinem Wagen. Er legte die ratsherrliche Genehmigung auf den Kutschbock und setzte den Fuß auf das Trittbrett, um aufzusteigen – da plötzlich krümmte er sich mit lautem Stöhnen. Und dann brach er mit einem Aufschrei zusammen, kauerte auf den Knien im Staub, die Arme um den Körper geschlungen, und fiel dann zur Seite.
    Mit einem Satz war Sara bei ihm, gefolgt von Ciaran und Janka.
    »Was ist dir, um Himmels willen?«, rief Janka und hielt seinen Kopf.
    Pirlo konnte kaum antworten. »Schmerz … Brust … kann nicht … schnaufen«, keuchte er. Er rang um Atem, sein Gesicht war aschfahl und wächsern.
    Sara half ihm dabei, sich flach auf den Boden zu legen und öffnete mit schnellen Griffen Jacke, Wams und Hemd. Adonai, dachte sie, lass es nicht das Herz sein! Sie legte die Hand auf Pirlos Brust und spürte einen zwar viel zu schnellen, aber kräftigen und regelmäßigen Schlag. Kopfschüttelnd nahm sie die Hand wieder weg. Das war es nicht. Blieb wohl die Lunge. Gemeinsam mit Ciaran drehte sie den um Luft ringenden Alten um, zog das Hemd ganz hoch und legte ihr Ohr auf seinen Rücken. Und dann hörte sie es: ein Knistern, wie von dünnem Papier, das man zusammenknüllte.
    »Hat er denn in letzter Zeit gehustet?«, fragte sie Janka mit gerunzelter Stirn. Ihr selber war nichts aufgefallen. Aber Janka nickte. »Nachts, manchmal. Aber nur ein bisschen, nichts, worüber ich mir Sorgen gemacht hätte. Und müde hat er sich gefühlt, seit Heidelberg. Ach Gott, er ist halt auch nicht mehr der Jüngste, hab ich mir gedacht. Hätt ich dir nur was gesagt!«
    »Was fehlt ihm?«, fragte Ciaran besorgt.
    Sara ließ Pirlo wieder umdrehen. Er wälzte sich mit Jankas Hilfe stöhnend auf den Rücken, immer noch bekam er kaum Luft, und offensichtlich bereitete ihm jeder Atemzug höllische Schmerzen.
    »Ich fürchte, es ist der Lungenfluss«, sagte Sara und stand mit ernster Miene auf.
    »Der Himmel steh uns bei!« Janka schlug die Hände zusammen. Der Lungenfluss war nicht so selten, er packte Alte und Junge, und Janka wusste, dass die Krankheit tödlich enden konnte. Zu allem Überfluss begann es schon wieder, zu regnen. Seit Heidelberg hatte es fast unaufhörlich geschüttet, und nachts hatte es sogar schon die ersten Fröste gegeben. Jetzt zerplatzten schwere Tropfen auf den Pflastersteinen und warfen Blasen in den vielen Pfützen, die den Platz vor dem Rathaus bedeckten.
    »Wir müssen ihn unbedingt ins Trockene bringen«, befahl Sara.
    Ciaran wandte sich an ein paar Leute, die neugierig stehen geblieben waren. »Helft mir!« Sofort griffen zwei Männer mit zu, hoben Pirlo hinten in seinen Wagen und legten ihn auf den Bettsack.
    »Wir brauchen Quartier in einem Wirtshaus«, meinte Sara. »Im Wagen kann er nicht bleiben; Kälte und stete Feuchtigkeit sind jetzt Gift für ihn.«
    »Fahrt zum ›Ochsen‹, gleich dort um die Ecke«, empfahl eine der Zuschauerinnen. »Der hat sogar ein Zimmer mit Kamin!«

    In der Erbschänke zum Schwarzen Ochsen war man nicht sonderlich

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