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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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erlosch, am Schluss flackerte nur noch das Licht im Röhrenleuchter, aber er brauchte es nicht mehr, weil der Tag schon anbrach. Nein, so wie Wyclif wollte er nicht enden. Er wollte sich nicht vorwerfen müssen am Ende seiner Tage, das Wichtigste versäumt zu haben. Er wollte nicht andere dazu auffordern müssen, das Werk zu beenden, das das seine gewesen wäre.
    Seine Augen brannten, ihm schwindelte. Drei Tage ohne Schlaf und ohne Nahrung forderten ihren Tribut. Aber als draußen die Sonne über den Dächern der Stadt ihren Aufstieg begann, schrieb Luther mit zitternden Fingern den ersten Satz: »Wenn unser Herr und Meister sagt, tut Buße, so hat er damit gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen eine Buße sei ...«

    Gegen Mittag, am Tag vor Allerheiligen, dem 31. Oktober 1517, trat Bruder Martinus in die gleißende Herbstsonne hinaus. Vom Schwarzen Kloster zur Schlosskirche war es nicht weit, und er lief, ja, er rannte fast dorthin. Seine linke Hand umklammerte ein zusammengerolltes Stück Pergament, die rechte einen Hammer. Trotz der Kälte hatte er sich nicht einmal die Zeit genommen, den schwarzen Überwurf anzulegen; seine weite, weiße Mönchskutte flatterte hinter ihm her wie die Fahne einer neuen Zeit.
    Als er an der Tür im dritten Joch der Nordseite angelangt war, die der Universität als Schwarzes Brett diente, blieb er atemlos stehen und bekreuzigte sich mit geschlossenen Augen. Er klaubte vier Nägel aus der Tasche seines Habits, steckte sie mit der Spitze voran in den Mund. Dann riss er hastig die vielen Zettel ab, die schon an der Tür hingen, fegte sie davon. Unwichtiges Zeug, das keinen mehr interessieren würde. Er hielt sein Manuskript an die Tür, steckte den ersten Nagel in die linke obere Ecke und holte entschlossen mit dem Hammer aus.
    Der erste Schlag donnerte über den stillen Platz, fand sein Echo in den Mauern der gegenüberliegenden Häuser. Sein Widerhall würde bald über Wittenberg hinaus zu hören sein, in Sachsen, im ganzen Reich, in den Nachbarländern. Bis hin nach Rom würde er erklingen, ja, weiter noch: bis an die Grenzen der Welt.

Glossar
    Adonai hebr. »mein Herr«. Da Juden den Eigennamen Gottes (JHWH = Jahwe) aus Ehrfurcht nicht aussprechen, wird er u. a. durch »Adonai«, oft auch durch »Haschem« (hebr. »der Name«) ersetzt.
    Almemor Als Almemor oder Bima bezeichnet man den Platz in der Synagoge, von dem aus die Thora vorgelesen wird. Dabei handelt es sich meist um eine Art Pult auf einem Podium mit Treppe und Balustrade.
    Aschkenasim Es gibt zwei europäische Hauptstränge des Diaspora-Judentums: Diejenigen Juden, die sich nach der Vertreibung aus Palästina in West- und Mitteleuropa, später auch Osteuropa niederließen, und diejenigen, die auf der Iberischen Halbinsel siedelten. Der hebr. Name für Deutschland war damals »Aschkenas«, die Bezeichnung für Spanien/Portugal »Sepharad«. Danach nannten sich die jeweils dort siedelnden Juden Aschkenasim bzw. Sephardim.
    Bankriesen Wächter auf einer Burg. Das Wort leitet sich vermutlich von dem mittelalterlichen Begriff »Reise« für »Krieg« ab. Man nimmt an, dass es sich bei solchen Wächtern um ehemalige Landsknechte oder Soldaten handelt, die während ihrer Dienstzeit auf einer Bank saßen.
    Barnoss jüdischer Gemeindevorsteher
    bat hebr. »Tochter von«, s. u.
    ben hebr. »Sohn von«. In der Regel gab es bis zum Ende des 18. Jhds. keine jüdischen Familiennamen. Der Vorname des Vaters wurde als Zweitname an den eigenen Vornamen angehängt. So hieß z. B. der Sohn des Moses ben Josua Abraham ben Moses, dessen Sohn wiederum Chajim ben Abraham, dessen Sohn dann Ascher ben Chajim. Bei den Töchtern wird das »ben« durch »bat« ersetzt.
    Besamim Hebräische Bezeichnung für die duftenden Gewürze, die in einem kultischen Behälter, der »Besamimbüchse« aufbewahrt wurden. Beim Ritual zum Ende des Sabbats wird an diesen Gewürzen gerochen, um den »Duft« des Feiertags mit hinüber in die Woche zu nehmen.
    Bima → Almemor
    boker tow hebr. »guten Morgen«
    Bruoche mittelalterliche Unterhose
    Buhurt Turnierart, bei der zwei Gruppen von Rittern, oft mit stumpfen Waffen, gegeneinander antraten. In einer simulierten Schlachtsituation wurde so der Kampf trainiert.
    Chanukka hebr. »Einweihung«. Achttägiges, alljährlich gefeiertes Fest zum Gedenken an die Wiedereinweihung des Zweiten Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v. Chr., auch »Lichterfest« genannt. Es beginnt am 25. Tag des Monats Kislew. Wichtigster

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