Die Silberne Festung
arbeitet so schnell, daß das manchmal schwierig ist.«
Die Unterbrechung hatte mindestens fünf Minuten gedauert, als plötzlich eine Stimme über Funk sagte: » America , hier Falcon Launch Control.
Zündfolge ist unterbrochen. Startabbruch!«
Ann brauchte wie Schultz nur wenige Sekunden, um ihre Gurte, den Sauerstoffschlauch, die Schläuche des Druckanzugs und das Kabel der Bordsprechanlage zu lösen. Als die beiden aufstanden, hörten sie, daß die Luke der oberen Luftschleuse geöffnet wurde.
»Dort draußen ist jemand!« sagte Schultz ungläubig. »Aber wie ist das möglich? Der Start ist eben erst abgebrochen worden…«
Wie als Antwort auf seine Frage wurde die innere Luke der Luftschleuse aufgestoßen, und eine hochgewachsene Gestalt in einem Druckanzug betrat das Flugdeck. Ann starrte den Mann verblüfft an, aber bevor Schultz oder sie etwas sagen konnten, hob er abwehrend die rechte Hand.
»Keine Zeit für Erklärungen«, stellte Jason Saint-Michael fest und trat rasch an ihnen vorbei ins Cockpit.
Bevor Ann sich von ihrer Verblüffung erholt hatte, hörte sie weitere Geräusche, drehte sich um und sah zwei Techniker des Bodenpersonals an Bord kommen. Als sie sich dann in Richtung Cockpit bewegte, drängte Horvath an ihr vorbei, während Hampton sich auf dem rechten Sitz anschnallte.
»Jason, du… du fliegst also doch?«
»Sieht so aus.«
»Aber du hast mir erzählt, dein Plan sei abgelehnt worden…«
»Ich habe mit ein bißchen Erpressung gearbeitet. Mehr später«, sagte er, während er sich auf dem linken Sitz des Kommandanten anschnallte.
»Macht euch wieder startbereit; wir dürfen keine Zeit verlieren. Uns bleiben nur neunzig Minuten, um den verdammten Sarg aus dem Laderaum zu holen und durch einen Treibstofftank zu ersetzen – diesmal durch einen vollen Tank.«
Ann hob sich weitere Fragen für später auf und kehrte an ihren Platz zurück. Horvath, Schultz und die beiden Techniker waren dabei, neben den beiden fest eingebauten Sitzen einen Notsitz zusammenzubauen. Schultz überließ Horvath mit einer Handbewegung seinen festen Sitz. Der Major nahm sein Angebot dankend an und ließ sich in den Sitz neben Ann fallen, während Schultz sich auf dem eben zusammengebauten, zerbrechlich wirkenden Notsitz anschnallte.
»Auf dem wollen Sie fliegen?« fragte Ann.
»Klar doch«, bestätigte Schultz unbekümmert grinsend. »Nur Neulinge brauchen gepolsterte Sitze.«
»Was wird aus unserem Auftrag, die Leichen zu bergen?«
»Wir scheinen jetzt einen anderen Auftrag zu haben«, antwortete Schultz. »Aber das haben sie sich verdammt spät überlegt. Sobald unsere Tanks und die des Raketenschlittens unter Druck stehen, ist jede Startverschiebung verdammt gefährlich. In ein paar Minuten hätte der Start um mindestens eine Woche verschoben werden müssen.«
Schultz wies mit einem Daumen nach hinten. »Wie ich General Saint-Michael kenne, hat er den schnellsten Frachtwechsel aller Zeiten veranlaßt. Ein Tank dieser Größe enthält zweieinhalb Tonnen Flüssigsauerstoff und fünf Tonnen Flüssigwasserstoff – mehr als genug, um erschöpfte Brennstoffzellen von Silver Tower wiederaufzufüllen.«
»Dann tun wir’s also tatsächlich… Wir reaktivieren die Armstrong-Raumstation !«
Kosmodrom Tjuratam, UdSSR
An diesem Spätnachmittag befand Marschall Alexander Goworow sich auf einem Inspektionsgang über den sowjetischen Raumflughafen in Kasachstan. Er hatte auf die Begleitung durch seinen Adjutanten verzichtet, aber sein Dienstwagen mit dem bewaffneten Fahrer folgte ihm in einigen Dutzend Metern Abstand. Goworow zog es vor, allein zu sein, während er in der Abenddämmerung über das Elektron-Startgelände ging – das jetzt auf Beschluß der Stawka unzweifelhaft sein Gelände war – und die Arbeiter an den Startrampen beobachtete.
Er blickte nach vorn und sah seinen Traum im Scheinwerferlicht vor sich stehen: drei startbereite Raketen SL-16 Krypkei auf ihren Plattformen zwischen Bedienungsarmen und angeschlossenen Versorgungsleitungen.
Auf jeder dieser Trägerraketen saß ein in den Farben des Raumverteidigungskommandos rotsilbern glänzendes Raumflugzeug Elektron.
Wie Goworow wußte, waren alle drei Raumflugzeuge mit jeweils zehn Sichel-Raketen bewaffnet, deren Serienherstellung jetzt in der Leningrader Fabrik für Geheimwaffen angelaufen war. Sie hatten ihren Wert im Einsatz mit erstaunlichem Erfolg bewiesen. Darüber hinaus hatte Goworow veranlaßt, daß drei von ihm persönlich
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