Die Silberne Festung
gehen, daß die richtigen Werte angezeigt wurden. Auf keinen Fall wollte Ann den Laser oder das Modul bei der Trennung von der Station beschädigen. Sie hatte den Auftrag, Skybolt in eine sichere Parkbahn zu bringen, ohne ihn dabei so zu beschädigen, daß er in nächster Zeit nicht mehr einsatzbereit war.
»Klar zur Trennung?« erkundigte sich Saint-Michael. Sie nickte trübselig. »Okay, es geht um folgendes: Wir bringen Skybolt nur in Sicherheit, wenn die Zeit dafür ausreicht. Sollten Goworows Raumflugzeuge unmittelbar nach dem Laserangriff gestartet sein, dürfte die Zeit nicht für eine Verladung in die Enterprise ausreichen. Du mußt dich also beeilen…«
Ann begriff, was er damit sagen wollte: Keine Zeit für einen nostalgischen letzten Besuch des Skybolt-Moduls. Sie löste sich von dem Klettband, auf dem sie sich verankert hatte, stieß sich leicht ab, schwebte zur Decke hinauf und…
Dann fand sie sich plötzlich in die entgegengesetzte Ecke des Kommandomoduls geschleudert wieder, während eine gewaltige Explosion die Armstrong-Raumstation erschütterte.
»Verdammt noch mal, was ist das gewesen?« Ann stieß sich von der Wand ab, suchte mit den Klettbandsohlen Halt auf dem Boden und wischte sich etwas Blut von der Nase.
Bevor Saint-Michael antworten konnte, wurde Silver Tower von einer weiteren Explosion erschüttert, die eine Warnleuchte über der Luke zum Verbindungstunnel aufblinken ließ.
»Druckabfall im Verbindungstunnel«, stellte Saint-Michael fest. Die Raumstation schien jetzt seitlich wegzurutschen – wie ein auf eisiger Fahrbahn schleudernder Lastwagen. Der General kämpfte gegen akutes Schwindelgefühl an, während er an seinen Platz zurückkehrte, die bereitliegende Atemmaske aufsetzte und seine Sprechtaste drückte.
»An alle! Station sofort räumen!« Er trennte seine tragbare Sauerstoffflasche vom Lebenserhaltungssystem der Station. »Komm, Ann, wir müssen…«
Eine weitere Explosion – jetzt anscheinend direkt über ihnen – warf sie beide zu Boden.
Ann arbeitete sich zur Hauptluke vor, klappte unterwegs die an der Decke angebrachte Sicherheitsabdeckung über dem Modul-Absprengschalter zu, verriegelte sie und hastete weiter in den Verbindungstunnel hinaus.
Saint-Michael drückte auf seine Sprechtaste, als er sie durch die Luke verschwinden sah. » America , hier Alpha. Jon, Ann kommt zu euch rüber.
Helft ihr…«
Eine vierte ohrenbetäubende Explosion, der das Geräusch von zerreißendem Metall folgte, hallte durch die Station. Über der Luke zum Verbindungstunnel blinkten jetzt Brand- und Druckwarnleuchten. Saint-Michael wurde quer durch das Kommandomodul geschleudert und fand sich inmitten eines Gewirrs aus Kabeln und Konsolen wieder, die sich aus ihren provisorischen Halterungen losgerissen hatten. Nachdem er sich aufgerappelt hatte, war er eben zur Luke unterwegs, als sein Blick aus einem Bullauge nach draußen fiel.
Was er dort sah, ließ sein Herz sinken.
Die America trieb offenbar steuerlos Hunderte von Metern von der Station entfernt. Ihr Rumpf war wie von einem riesigen Büchsenöffner aufgeschlitzt, und aus dieser klaffenden Wunde schlugen Flammen, als die Wasserstoff- und Sauerstoffvorräte des Raumflugzeugs sich entzündeten und miteinander reagierten.
»Mein Gott…« Saint-Michael dachte weniger an das feurige Ende des Raumflugzeugs; ihn beherrschte der Gedanke an die Menschen an Bord – zu denen auch Ann gehörte, falls sie das Raumflugzeug noch erreicht hatte, bevor es sich vom Andockmodul losgerissen hatte…
Dann kam plötzlich ihre Stimme aus seinem Kopfhörer: »Jason… bei dir alles in Ordnung?«
»Wo bist du?« brachte er mühsam heraus.
»Im Skybolt-Modul. Hast du Marty gesehen?« ,
»Nein.« Über die Bordsprechanlage verlangte Saint-Michael: »Marty, kommen!«
Keine Antwort.
»Er ist in der Enterprise gewesen…«
Der General schaltete auf die Bord-Bord-Frequenz um. »Marty, hier Jason. Melden Sie sich, verdammt noch mal!«
Als er jedoch wieder aus dem Bullauge sah, wurde ihm klar, wohin Marty verschwunden war. Die Raumfähre Enterprise entfernte sich rasch von Silver Tower, und Saint-Michael konnte sich denken, wer im Cockpit saß.
»Marty an Bord der Enterprise… bitte melden!«
Raumfähre Enterprise
Auf dem Flugdeck der Enterprise saß Marty Schultz im linken Kommandantensitz und schob die Leistungshebel der Haupttriebwerke nach vorn, während er versuchte, von der Station und den sie angreifenden Raumflugzeugen wegzufliegen.
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