Die silberne Göttin
Schloss wohnten – Burnside, Feller mit seiner Geige, der junge, rothaarige Thursby und natürlich Lord Duncan und Iantha. Und, völlig unerwartet, Prinz Vijaya. Still erschien er, als sie sich versammelten, und zog sich einen Sessel dicht ans Feuer. Thursby hatte ein Tablett mit Tee mitgebracht und setzte es jetzt auf einem Tisch zwischen Iantha und dem Inder ab.
Seit der vorherigen Nacht hatte Iantha nicht mit Vijaya gesprochen. Seine Kleidung war nicht weniger strahlend als beim letzten Mal. Sie bestand diesmal aus einem seidenen Hemd und einer seidenen Hose mit einem offenen Mantel darüber und war verziert mit glitzernder Stickerei, in die Juwelen eingearbeitet waren. Der große Saphir auf seiner Stirn lenkte die Aufmerksamkeit auf erstaunlich blaue Augen in dem dunklen Gesicht.
Wieder hatte Iantha das Gefühl, eine unwirkliche Situation zu erleben, und das Empfinden, gefangen zu sein, wuchs. Nun, schalt sie sich, was versprach ein faszinierenderes Abenteuer zu werden, als sich in Begleitung von drei stämmigen Landbewohnern aus dem Norden, einem englischen Grenzlord und einem indischen Prinzen die Volksmusik dieser Gegend anzuhören? Sie beobachtete die Szene genau und prägte sich jede Kleinigkeit ein. Bei nächster Gelegenheit wollte sie sie zu Papier bringen.
Da sie die einzige Frau war, oblag ihr wohl die Pflicht des Teeeinschenkens. "Wer möchte Tee?"
Sie sah sich um, und einer nach dem anderen lehnte ab und zog Bier vor, alle bis auf den Prinzen. Nachdem sie zwei Tassen eingeschenkt und eine davon dem Prinzen gereicht hatte, lehnte sich Iantha zurück und nippte an ihrer eigenen. Bemerkenswert. Sie ließ sich den ungewohnten Geschmack auf der Zunge zergehen. Rauchig und exotisch. Wenn sie nur auch diesen Geschmack in ihrem Bild zeigen könnte!
Feller hob den Bogen, strich zweimal zur Probe über die Saiten und begann dann mit einer bekannten Melodie. Am Ende des zweiten Liedes nahm sich Iantha noch eine Tasse Tee.
"Schmeckt Ihnen der Tee, Madam? Es ist meine eigene Mischung." Iantha blickte den Inder überrascht an. Er war so still gewesen, dass sie ihn ganz vergessen hatte. "Ich mag ihn sehr, Eure Hoheit. Danke, dass Sie ihn mit mir teilen."
"Mit Vergnügen. Er entspannt auf natürliche Art. Da ich keinen Alkohol trinke, empfinde ich ihn als sehr nützlich."
Er streckte ihr seine Tasse entgegen. Iantha nahm sie und goss Tee ein.
Lord Duncan nahm hin und wieder einen Schluck von seinem Bier und schlug mit dem Fuß den Takt. Er lächelte sie an, während er das Wort an seinen Diener richtete. "Komm, Burnside, tanz eine Gigue für uns"
"Ich weiß nicht, Mylord." Der Mann grinste, und sein verlegenes Zögern war offensichtlich gespielt. "Es ist schon eine Weile her, dass ich für eine Dame getanzt habe."
"Oh bitte, tun Sie es, Burnside." Iantha beugte sich etwas vor. "Ich möchte so gerne eine Gigue sehen." Dieses Abenteuer wurde wirklich mit jeder Minute interessanter. Was würde sie ihrer kleinen Schwester alles zu erzählen haben! Und vielleicht auch … Ja, morgen musste sie sich unbedingt Notizen machen.
Burnside grinste wieder, setzte seinen Bierhumpen ab und stand auf. "Nun gut, weil Sie es sind, Miss Kethley. Aber jemand muss den Takt dazu schlagen."
Seine Lordschaft lachte. "Das werden wir schon hinbekommen. Fang an."
Feller ließ die ersten Töne erklingen, und Burnside schien mit seiner Behändigkeit die Schwerkraft Lügen zu strafen. Lord Duncan und Thursby klatschten den Takt dazu, und Iantha konnte der Versuchung nicht widerstehen, sich ihnen anzuschließen. Kaum etwas anderes konnte sie so bewegen wie Musik. Doch die meisten musikalischen Veranstaltungen, die sie besuchte, waren eine zu erhebende Angelegenheit, als dass man hätte mitklatschen können. Sie lachte laut über Burnsides drollige Verbiegungen. Und selbst der zurückhaltende Vijaya klopfte lächelnd mit den Fingern den Takt auf dem Tisch.
Die Musik steigerte sich zu einem rauschenden Finale, und Burnside verbeugte sich vor seinem begeisterten Publikum und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er nickte seinem Herrn zu. "Jetzt sind Sie dran, Mylord."
"Ich?" Seine Lordschaft nahm einen großen Schluck. "Mit dir kann ich aber nicht mithalten."
"Ha! Das wäre mal was. Aber keine Angst. Ich bin völlig fertig." Burnside fächelte sich mit der Hand Luft zu.
"Nun, wenn Miss Kethley mein fortgeschrittenes Alter als mildernden Umstand in Betracht ziehen wird …" Lord Duncan setzte seinen Humpen neben seinem Sessel auf
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