Die silberne Göttin
Lady Rosley hob die Augenbrauen. "Sag nicht, dass da mehr als einer war." Erschrocken griff sie sich ans Herz.
Oh je! Jetzt hatte sie zu viel gesagt. Iantha schüttelte rasch den Kopf. "Nein … nun gut, ja, Mama. Aber Lord Duncan hat mich vor dem zweiten in Sicherheit gebracht."
"Mit scheint, wir haben ihm viel zu danken." Die Mutter musterte Iantha aufmerksam.
"Ja." Iantha betrachtete ihre Hände. Ihr war ein unangenehmer Gedanke gekommen. "Mama … Was glauben Sie, was er und Papa zu bereden haben?"
"Nun, Liebes, Lord Duncan bittet deinen Vater natürlich um deine Hand."
4. Kapitel
Rob folgte Lord Rosley in die Bibliothek. Dessen misstrauisches Verhalten war ihm sehr wohl bewusst. Natürlich machte der Viscount sich Sorgen wegen dem, was seiner Tochter die letzten beiden Tage zugestoßen war. Und er würde noch besorgter sein, wenn er erfuhr, dass sie die einzige Frau im Schloss gewesen war. Rob wusste aber genau, wie er die Ängste des anderen beruhigen konnte.
Während der letzten Tage hatte er viel nachgedacht. Als Ehrenmann, der eine junge Dame in eine kompromittierende Lage gebracht hatte, erwartete man von ihm, dass er nun um ihre Hand anhielt. Und das war immerhin einem Duell im Morgengrauen mit einem ihrer männlichen Verwandten vorzuziehen. Doch war er auch zu einem solchen Schritt bereit? Wollte er genau diese Dame heiraten? Oder würde die Ehe für beide eine Katastrophe werden?
Bei genauerem Hinsehen sicher nicht, entschied er. Er sehnte sich nach einer Gefährtin. Wie viele Ehen wurden geschlossen, ohne dass sich die Partner kannten. Und er hielt Miss Kethley für eine überaus interessante Partnerin – talentiert, intelligent und schön. Ein wenig machte ihm ihre Gewohnheit Sorgen – allem Anschein nach eine hartnäckige Gewohnheit –, allein in den Hügeln herumzuwandern. Doch wenn er ihr einige der Abenteuer, nach denen sie sich sehnte, verschaffte, würde sie ihn vielleicht als Begleiter akzeptieren.
Und er hatte lange über die bemerkenswerte Tatsache nachgedacht, dass sie jede Berührung zu vermeiden schien. Solch eine Frau versprach ein kaltes Bett. Und das wünschte er sich für den Rest seines Lebens nun wirklich nicht. Doch er hoffte, dass er sich nicht wie ein eitler Hahn benahm, wenn er sich für fähig hielt, diese Befangenheit aus dem Weg zu räumen. Rob lächelte vor sich hin. Immerhin war es ihm gelungen, sie zu einem Tanz überreden. Dann müsste es doch auch zu schaffen sein …
Er hatte nur nicht so schnell wieder heiraten wollen.
"Nehmen Sie diesen Sessel, Duncan." Seine Lordschaft ließ sich in einem ähnlichen Sessel nieder und legte vorsichtig den mit einem Hausschuh bekleideten Fuß auf einen niedrigen Schemel. "Darf ich Ihnen einen Madeira anbieten? Ich muss Sie leider bitten, sich selbst zu bedienen." Er zuckte zusammen. "Verdammte Gicht!"
"Danke. Darf ich Ihnen auch einen einschenken?" Rob ging zum Tisch und griff nach der Karaffe. War das etwa ein Knurren, was sein zukünftiger Schwiegervater da hören ließ?
"Warum nicht. Die Quacksalber sagen, dass es die verfluchte Gicht noch schlimmer macht. Aber ich kann kein verdammtes bisschen Unterschied erkennen, wenn ich nichts trinke."
Rob schenkte zwei Gläser ein. Kein sehr günstiger Moment, um einen misstrauischen Vater gnädig zu stimmen. Ein Mann, der die Höllenschmerzen der Gicht ertragen musste, war Vernunftgründen nicht gerade zugänglich. Aber er würde sicher auch niemanden in die anbrechende, schneereiche Nacht hinausschicken.
Rob reichte Seiner Lordschaft das Glas und ging zu seinem Sessel. Es war an der Zeit, ein offenes Wort zu sprechen. "Mylord, erlauben Sie mir, Sie, was das Wohlergehen ihrer Tochter betrifft, zu beruhigen. Bei meiner Ehre, ich habe sie nicht angerührt. Noch trug sie ernsthafte Verletzungen durch den abrutschenden Schnee davon. Sie muss wohl einige Prellungen erlitten haben, doch sie klagte nicht darüber."
"Nein, das würde sie auch nie." Lord Rosley wechselte vorsichtig die Lage seines Fußes auf dem Schemel und verzog schmerzhaft das Gesicht. "Auf ihre Art ist sie eine sehr starke junge Dame."
"Das habe ich bemerkt." Besonders, als sie mit der Pistole auf mich zielte. "Ihr Erscheinungsbild täuscht. Man würde nicht glauben …"
"Es gibt vieles, das man bei Iantha nicht glauben würde." Einen Augenblick lang starrte ihr Vater nachdenklich ins Feuer.
"Die Sache ist …" Rob räusperte sich unbehaglich. Das war jetzt eine heikle Angelegenheit. "Ich glaube, das
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