Die silberne Göttin
Schwierigste an der ganzen Situation war für sie, dass ich gerade aus Indien zurückgekehrt bin und noch nicht einmal eine Haushälterin habe, die als Gastgeberin hätte fungieren können. Natürlich erwiesen wir ihr jede Höflichkeit, doch sie schien schon sehr darunter gelitten zu haben."
"Ich kann es mir vorstellen." Rosley nippte an seinem Madeira und warf Rob über den Rand seines Glases einen prüfenden Blick zu. "Dann sind Sie also nicht verheiratet?"
"Nein, Sir. Ich bin Witwer." Jetzt war es heraus. Der Hinderungsgrund für eine Heirat. Rob holte tief Luft. "Ich würde mich jedoch sehr geehrt fühlen, wenn Miss Kethley meine Frau würde."
"Das könnten Sie sich auch." Eine ganze Zeit lang betrachtete Seine Lordschaft ihn schweigend.
Was genau hatte er jetzt damit gemeint? Rob nahm einen Schluck und wartete auf eine weitere Antwort. Es kam keine. Er runzelte die Stirn. "Ich weiß natürlich, dass ich keinen so hohen Titel führe wie Sie und dass ich mich die letzten Jahre mit Handel beschäftigt habe. Doch ich kann Ihrer Tochter ein komfortables Leben bieten. Sie werden sicher wollen, dass sich mein Geschäftsführer mit Ihnen in Verbindung setzt, damit Sie sich selbst ein Bild machen können."
Lord Rosley winkte ab. "Nein, nein. Sie missverstehen mich. Ich wage zu sagen, dass Sie ihr nicht nur ein komfortables, sondern ein luxuriöses Leben bieten können. Man sagt, Sie seinen als ein sehr reicher Mann nach Hause zurückgekommen – ein Nabob, um es genau zu sagen. Und Ihre Familie besitzt ihren Titel länger als die meine. Ich habe nichts gegen einen Mann, der sich mit ehrlichen Geschäften abgibt. Schließlich investieren wir doch alle in die unterschiedlichsten Unternehmungen. Ich weiß wirklich nicht, warum wir uns wegen des Handels herumstreiten."
Er wandte sich wieder dem Feuer zu und starrte in die Flammen. Rob wartete. Schließlich seufzte Seine Lordschaft und blickte ihn an. "Ich wollte nur sagen, dass jeder Mann sich geehrt fühlen sollte, Iantha zur Frau zu bekommen. Sie ist eine großartige junge Dame." Wieder legte er seinen Fuß in eine bequemere Position und benutzte diesmal beide Hände dazu. "Und es tröstet mich, dass Sie Willens sind, wie ein Gentleman zu handeln und das Richtige zu tun. Ich wäre außerordentlich glücklich, sie mit einem Mann wie Ihnen verheiratet zu sehen."
"Aber …?" Rob hob fragend die Brauen.
"Aber da ist etwas, das Sie wissen sollten. Ich würde es verstehen, wenn Sie dann Ihr Angebot zurückziehen würden."
Robs Blick wurde noch fragender. "Ich höre."
Rosley nickte und fuhr fort, und er schien die Sätze zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorzustoßen. "Als Iantha achtzehn war, wurde sie überfallen, von einer Horde …" Er schlug mit der Faust auf die Lehne seines Sessels. "Ich weiß kein Wort, das schlimm genug ist, um diese Kerle zu beschreiben. Aber ich will es nicht beschönigen – sie wurde von mehreren maskierten Männern vergewaltigt. Sie weiß noch nicht einmal, wie viele es waren."
"Oh mein Gott! Sie haben Recht. Für solche Menschen gibt es kein Wort, das schlimm genug ist. Kein Wunder, dass sie die Berührung eines Mannes nicht ertragen kann."
"Noch von irgendjemand anderem. Sie entzieht sich sogar ihrer Mutter, wenn sie sie trösten will. Nur ihren jüngeren Geschwistern gegenüber zeigt sie auch körperlich ihre Zuneigung. Doch selbst Thomas gegenüber, seitdem er zum Mann wird …" Lord Rosley schüttelte traurig den Kopf.
Einen Moment lang saß Rob wie betäubt da. Das erklärte die Sache mit den Pistolen. Wie hatte eine solch zierliche Frau das nur überleben können? Eine wilde Wut stieg in ihm auf, und er hieb mit der Faust auf die Sessellehne. Könnte er nur fünf Minuten mit jedem dieser Bastarde allein sein …!
Darauf konnte er leider nicht hoffen.
Rob atmete tief durch und beruhigte sich. "Wie ist es passiert?"
Rosley stärkte sich mit einem Schluck. "Es war, bevor sie im Frühling in die Gesellschaft eingeführt werden sollte. Meine älteste Tochter, Andrea, erwartete ein Baby, und natürlich hatte Lady Rosley vor, zu ihr zu reisen. Doch wie es das Unglück wollte, bekamen Valeria und Nathaniel beide die Masern und benötigten ihre Pflege. Es gab Komplikationen. Die Kinder waren sehr krank."
Er machte eine kleine Pause, und sein Gesicht zeigte, wie aufgewühlt er innerlich war. "Iantha hatte die Masern schon gehabt. Daher bestand keine Gefahr, dass sie Andrea anstecken könnte, die sie noch nicht gehabt hatte. Sie
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