Die silberne Göttin
zu sitzen, doch sie war augenblicklich auf einen der beiden Sessel rechts und links vom Kamin zugegangen. Rob zog seinen Sessel näher an den ihren heran. Er beschloss, nicht nach ihrer Hand zu greifen, und lehnte sich, die Arme auf die Knie gestützt, vor.
"Miss Kethley, ich bin mir sicher, Sie wissen, worüber ich mit Ihnen reden möchte."
Sie hob abwehrend die Hand und blickte ihn ernst an. "Bitte, Lord Duncan. Ich sehe keinerlei Notwendigkeit für dieses Gespräch. Ich rechne es Ihnen hoch an, dass Sie bereit sind, wie ein Ehrenmann zu handeln, aber ich will es nicht ausnutzen, dass Sie das Pech hatten, mich aus einem Schneesturm zu erretten. Ich habe es Ihnen bereits gesagt – mein Ruf ist nicht in Gefahr." Sie sah in die Flammen und dann auf ihre Hände. "Und ich … ich bin sicher, mein Vater erzählte Ihnen …"
"Von der fürchterlichen Gewalttat, der Sie zum Opfer fielen? Ja, und ich habe nicht die Absicht, die Ungerechtigkeit, die Ihnen danach widerfahren ist, auch noch zu unterstützen."
Sie hob die Augen und sah ihn an. "Was soll das heißen?"
"Dass ich keine wie immer geartete Gerechtigkeit darin sehe, Ihnen ein Heim und eine Familie zu verweigern, weil eine Bande von Schurken Ihnen ihren perversen Willen aufgezwungen hat."
"Das sind wahrhaft offene Worte, Mylord."
"Und warum nicht? Ihre Tat bringt keine Schande über Sie."
Iantha starrte wieder ins Feuer. "Das sagt Mama auch. Doch Sie wissen sehr gut, Lord Duncan, dass die meisten Menschen Ihre Ansicht nicht teilen."
"Zum Teufel mit den meisten Menschen! Wollen Sie wegen dieser engstirnigen Leute wie eine Gefangene hier in der Wildnis von Cumbria leben?" Er runzelte die dunklen Brauen.
"Ich bin keine Gefangene, Mylord. Ab und zu begebe ich mich sogar auf Gesellschaften – zu kleineren, nachbarlichen Einladungen. Und Mama unterstützt das auch. Meine Eltern haben mich gedrängt, London zu besuchen, aber … ich … ich möchte nicht. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht von dem Überfall verbreitet. Jeder weiß Bescheid. Und außerdem ist es sehr schwierig für mich, mich unter vielen Menschen aufzuhalten." Wie konnte sie sich ihm verständlich machen?
Die Atemnot.
Körper, die den ihren streiften.
Der andauernde Kampf gegen die aufkommende Panik.
Und dann waren da natürlich auch noch das heimliche Flüstern und das gelegentliche Kichern. Und die Blicke voller Anteilnahme. Mit einem Mal stieg Zorn in ihr auf. Sie unterdrückte ihn, bis sie ganz ruhig sagen konnte: "Ich verlange kein Mitleid von Ihnen, Lord Duncan."
"Daher biete ich es Ihnen auch nicht an."
Er schaute ihr fest in die Augen.
"Warum beharren Sie dann so sehr auf Ihrem Vorschlag?"
Er seufzte und lehnte sich im Sessel zurück. "Ich bin mir nicht ganz sicher. Zum großen Teil deswegen, weil ich Ungerechtigkeit hasse. Ich habe ein glühendes Bedürfnis, sie aus der Welt zu schaffen. Aber …" Plötzlich lächelte er. "Ich glaube, der ausschlaggebende Grund für meine Entschlossenheit ist die Tatsache, dass ich die Bekanntschaft einer höchst faszinierenden Frau gemacht habe. Einer Frau, die nicht nur reizend, sondern auch intelligent, talentiert und abenteuerlustig ist. Ich selbst habe ein großes Verlangen nach Abenteuern – und nach jemandem, der sie mit mir teilt."
"Aber Sie kommen gerade von Ihrem großen Abenteuer in Indien zurück. Sind Sie es müde geworden?"
"Nein, nein", meinte er, jetzt wieder ganz sachlich. "Ich hatte nur festgestellt, dass ein Teil meines Lebens vorüber ist." Jetzt war er es, der ins Feuer starrte, und Iantha wartete, bis er sich gesammelt hatte.
"Sehen Sie, ich heiratete dort – eine zauberhafte indische Dame. Sie ist vor zwei Jahren gestorben."
"Sie trauern immer noch um sie."
"Ich denke, auf eine gewisse Weise schon. Sicher werde ich sie nie vergessen. Aber es ist mehr als das, ich bin einsam. Ich vermisse sie …" Er rieb sich nachdenklich die Wange. "Ich habe mein kleines Mädchen durch das gleiche Fieber verloren." Seine Stimme zitterte. "Das indische Klima ist teuflisch." Er räusperte sich und wischte verstohlen eine Träne fort. "Besonders um meiner Tochter trauere ich immer noch."
Iantha unterdrückte die Welle von Traurigkeit, die in ihr aufstieg. "Es tut mir so Leid. Es muss schrecklich sein, ein Kind zu verlieren."
"Ja, das ist es." Er holte tief Luft. "Seit sie tot sind, bin ich keiner Frau begegnet, die mich interessierte. Bis zu dem Moment, als Sie mit der Pistole auf mich gezielt haben." Jetzt kehrte sein
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