Die silberne Maske
für einen gezielten Schlag ließen.
Im selben Moment traf Vedas flache Hand ihn, und Milt flog durch die Luft, während die Amazone gleichzeitig brüllend zu Boden ging. Wahrscheinlich hatte er sich gerade einen unerbittlichen Feind geschaffen, und nun würde es ihm ans Leder gehen. Es musste also schnell etwas passieren - entweder mischte Finn sich ein, oder ...
»Wu-huff«, entwich es Milt, als er unsanft auf den Boden prallte und ein Stück weiterrutschte. Er rollte sich herum und kam strauchelnd auf die Beine, die Hände zu Fäusten geballt. Veda stand ebenfalls wieder, und der Blick ihrer eisblau flammenden Augen war kaum zu ertragen. Milt erkannte, dass sie am Ende ihrer Geduld angekommen war. Bisher hatte sie sich sehr zurückhaltend und äußerst rücksichtsvoll, ja sanft gezeigt, doch damit war es vorbei. Sie hatte genug. Jetzt würde Blut fließen. Sein Blut.
Er räusperte sich, weil er nicht mehr schlucken konnte, so trocken war seine Kehle jetzt. Die Euphorie machte der Angst Platz, und diese riet ihm, so schnell wie möglich davonzulaufen, durch den Kreis der Zuschauer hindurch, und sich an einem sicheren Ort zu verstecken, bis der Zorn der Amazone verraucht war. Lieber ein lebender Feigling als ein toter Größenwahnsinniger.
Veda machte einen Schritt vor.
Milt brach der Schweiß aus, und die Gedanken überschlugen sich. Bleiben? Fliehen? Im Kreis rennen und ausweichen?
Der zweite Schritt.
Da ging auf einmal ein Ruck durch Milt, und schlagartig wurde er ruhig.
Und nicht nur das. Ein unheilvolles Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen.
»Jetzt«, flüsterte er. »Jetzt.«
Vedas Schwert lag nach wie vor im Staub, als sie vorstürmte. Ihr Gesicht zeigte jetzt keinerlei Emotion mehr. Sie griff nun an in der Absicht, Milt wie eine lästige Kakerlake unter ihren Stiefeln zu zertreten. Und kein Trick konnte ihn mehr retten - sie war viel zu schnell und zum Äußersten entschlossen, ohne Nachsicht, ohne Zurückhaltung.
Milt erwartete sie immer noch lächelnd, mit halb geschlossenen Lidern. Er stand völlig entspannt.
Und dann, Veda war höchstens fünf Meter von ihm entfernt und setzte zum Sprung an, war plötzlich etwas um Milt. Als ob ein Wind sichtbar geworden wäre, ähnlich den Sieben Stürmen des Korsaren. Seine Gestalt war von einem Leuchten umgeben, in dem sich Wirbel bildeten, die ihn wie einen Wall umgaben.
Milt streckte die Hände vor, und in dem Moment, als Veda im Sprung eine bestimmte Distanz unterschritt, prallte sie auf heftigen Widerstand, und ihr Körper wurde genauso wie Milts von den Wirbeln eingehüllt und glühte auf.
Es gab einen grellen Blitz, gefolgt von einem gewaltigen Knall, der weit übers Land hinausschallte. In einer Staubexplosion wurde Vedas Körper durch die Luft zurückgeworfen. Milt wurde von der Druckwelle in die andere Richtung fortgeschleudert. Die rasenden Wirbel zogen sich in der Mitte zusammen und schossen dann fauchend in den Himmel hinauf, wo sie verschwanden.
Milt und Veda standen gleichzeitig auf; das Gesicht der Amazone zeigte Verwirrung und Ratlosigkeit. Ihr war deutlich anzusehen, dass sie nicht begriff, was vorgefallen war. Schließlich war Milt ein magieloser Reinblütiger.
Der Menschenmann hingegen zog eine strenge Miene und wandte sich an die Zuschauer, die verstummt waren und ihn mit offenen Mündern anstarrten.
»Um das ein für alle Mal klarzustellen«, schmetterte er ihnen mit klarer Stimme entgegen. »Wir sind nicht die hilflosen Wesen, als die ihr uns hinstellt, wir sind nicht nutzlos und auch nicht auf euren guten Willen angewiesen! Wir sind nicht schuld an allem Schlechten, was euch oder jedem anderen in Innistìr widerfährt, wir tragen keine Verantwortung an dem, was hier geschieht! Wir haben euch bereits gute Dienste erwiesen, wir tun es nach wie vor, und ich erwarte dafür den Respekt, der uns zusteht, und eine gleichwertige Anerkennung als Bündnispartner! Ich erwarte von euch Loyalität uns gegenüber, wie wir sie euch entgegenbringen!« Er sah Veda an, hob den Arm und stocherte mit dem Zeigefinger in ihre Richtung. »Und das gilt für alle !«
Niemand rührte sich, niemand sagte etwas, während Milts Stimme verhallte.
Veda überquerte den Platz, hob ihr Schwert auf und steckte es schweigend ein. Dann verließ sie wortlos den Kreis.
Die Zuschauermenge verstreute sich.
Milt blieb zurück, keuchend und schwer atmend. Er zitterte am ganzen Leib, und sein Gesicht nahm eine ungesunde Blässe an. Er hatte hoch gepokert und sich
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