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Die silberne Maske

Titel: Die silberne Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz , Stephanie Seidel
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Vögelchen angeflattert.
    Jetzt weiß ich, wer das ist!, dachte Ruan erschrocken. Justen, der Hüter der Flamme! Ich dachte, er wäre längst tot!
    Die Flamme war das letzte Auflodern des sterbenden Vulkans gewesen. Shire selbst hatte sie damals aus dem Kratergrund geborgen und bewahrt. Das aber war viele Jahrhunderte her, und fast genauso lange hatte niemand mehr den damals schon alten Priester gesehen.
    Die Männer erhoben sich von den Stühlen und erwiesen ihm ihre Reverenz. Selbst Maletorrex verbeugte sich, wenn auch nicht besonders tief und eher spöttisch. Er ließ keinen Zweifel darüber offen, wer der autokratische Anführer der Priesterschaft war. Er duldete den Alten aus irgendeinem Grund und ließ ihm einiges durchgehen. Was er dann später an anderen auslassen würde, dessen war sich Ruan sicher.
    Der alte Priester winkelte den ausgestreckten Arm mit der Flamme an und begann, das kleine Licht zu kraulen. Als wäre es kein verzehrend heißes Feuer, sondern ein geliebtes Wesen. Er lächelte dabei. Ruan erkannte, dass er nicht mehr ganz bei Sinnen war. Wahrscheinlich schöpfte Maletorrex aus ihm und der Flamme Kraft.
    »Nun gut.« Justen nickte. »Und welche Pläne hast du nun?«
    Maletorrex lächelte böse. »Ich werde meine Truppen verstärken - und zwar aus der Stadt selbst. Wir wenden uns an all jene, die durch den Ruf nach Freiheit mehr zu verlieren als zu gewinnen haben: Reiche, Mächtige, Grundbesitzer, Staatsdiener. Wenn sich Dar Anuin auflösen würde, stünden sie vor dem Nichts, und dieser Gedanke wird ihnen nicht gefallen.«
    Genial! Er versucht, die Bevölkerung zu spalten! Maletorrex’ Lächeln sprang auf den Faitachen über. Ruan war mit einem Mal erfüllt von Zuversicht. Als wäre der unausweichliche Kampf um Dar Anuin lediglich eine Formsache und der Sieg längst errungen.
    »Hinzu kommen die Unentschlossenen, die Mitläufer und Verzagten«, fuhr der Hohepriester fort. »Machen wir ihnen ein Angebot, das sie nicht ausschlagen können: Wer sich mit uns verbündet, erhält eine Prämie, deutliche Steuersenkungen und darf die Stadt verlassen, wann immer es ihm beliebt.«
    »Bist du verrückt?«, scholl es aus der Priesterrunde.
    »Was sind das für neue Töne?«, fragte Justen stirnrunzelnd. Er wirkte jetzt völlig klar.
    Maletorrex hob beschwichtigend die Hand. »Das gilt natürlich nur für Familien mit Kindern, und die Bälger bleiben unter Aufsicht der Faitachen, solange ihre Eltern ... spazieren gehen. Aber so ein unbedeutendes Detail muss man ja nicht ausdrücklich erwähnen.«
    Ruan beobachtete, wie die Priester miteinander sprachen und sich nach einer Weile zunickten. Offenbar gefiel ihnen der Vorschlag.
    Justen schien noch nicht überzeugt. »Sieh dich vor, dass wir nicht plötzlich eine leere Stadt regieren.«
    »Eben das will ich verhindern. Das Volk ist bereits zerstritten wegen der magischen Feuer. Sie brennen Tag und Nacht und verströmen dabei eine Hitze, die sich kaum ertragen lässt - es sei denn, man zählt zu den Aufständischen! Denen macht es nichts aus. Im Gegenteil: Diese Verstofflichung ihrer Gefühle ...«
    »Ihres Hasses.«
    »Dies macht sie immer entschlossener, uns zu bekämpfen. Ich schlage also vor, dass wir unsere Anhänger in der Bevölkerung unverzüglich mobilisieren, damit sie gemeinsam mit den Faitachen die Ordnung wiederherstellen.«
    Er redet, als ob er ihnen eine Wahl ließe, dachte Ruan. Aber wahrscheinlich benötigt er bis zu einer gewissen Grenze ihr Wohlwollen zur Erhaltung seiner Macht.
    »Was er sagt, klingt vernünftig«, meinte einer der Priester zögernd. Andere stimmten ihm zu.
    »Genau! Unsere wichtigste Aufgabe besteht darin, möglichst viele Leben zu retten.«
    »Ja, denn mit jedem Toten schrumpft unsere Macht.«
    »Nicht zu vergessen die Steuereinnahmen!«
    »Und die Bediensteten! Was soll aus uns werden ohne Köche, Schuster, Schneider ...«
    »Aufräumer, Putzleute ...«
    »Bettwärmer ...«
    »Bettwärmer?«
    »Vergiss es!«
    So scholl es immer erregter durch den Tempel. Maletorrex sah seinen Begleiter an. Zwinkerte ihm zu.
    Er genießt es, sie alle zu manipulieren und ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass sie etwas mitzureden hätten! Ruan verstand dieses Spiel immer besser.
    »Lass uns gehen«, sagte der Hohepriester. »Ich denke, sie haben es verstanden.« Er nickte Justen zu, der versonnen die Flamme streichelte und ihm entrückt zulächelte.
    Ruan war froh, den düsteren Tempel verlassen zu können - doch seine anfängliche Furcht

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