Die silberne Maske
genutzt und mit verstaubten Glasgefäßen befüllt. In einigen von ihnen zappelte etwas.
Auf der gegenüberliegenden Seite gähnten tiefe Nischen. Schreine schimmerten aus der Dunkelheit darin, kreuz und quer abgestellt. Was immer sie enthielten - Ruan hoffte, dass es nie herauskommen würde.
Und diese seltsame Art, Götterbilder - oder was immer sie darstellen mochten - anzubringen! Der Elf erschauerte unwillkürlich. Sie schwebten frei vor den Wänden, einzig festgehalten vom Wunsch ihrer magisch geschulten Besitzer. Ohne Eile drehten sie sich mit ihren schweren, verschnörkelten Rahmen hinter Maletorrex her. Als wollten sie ihn beobachten.
Wer mögen sie sein?
Die Schauer auf seiner Haut wurden zum Eishauch, als ihm eine innere Stimme zuwisperte, es könnte sich um Dämonen handeln. Abwegig war das nicht, wenn man die zweifelhafte Gesinnung des Hohen Priesters bedachte. Doch mit solchen Gedanken wollte Ruan sich nicht weiter befassen, schon gar nicht in diesem Tempel. Draußen vielleicht. Aber nicht in Gegenwart der fremden Abbildungen, die vielleicht Macht besaßen.
»Wer ist das, und was hat er hier zu suchen?«
Eine fremde Stimme riss den Faitachen aus seiner Grübelei.
Vor dem Hochaltar mit seinem Opferlicht stand wie hingezaubert ein Halbkreis aus schweren Stühlen. Die Priester von Dar Anuin saßen darauf, in rote Roben gekleidet und alle mit dem gleichen ablehnenden Ausdruck im Gesicht. Ruan hätte schwören können, dass sie vor einer Minute noch nicht da gewesen waren. Es verunsicherte ihn, dieses verspukte Erscheinen, und er hatte das Gefühl, er müsse seine Anwesenheit unbedingt rechtfertigen.
Schon trat er einen Schritt vor.
Öffnete den Mund.
Maletorrex’ Hand schoss hoch wie eine Natter. In allerletzter Sekunde erwischte er Ruans Arm und rüttelte daran.
»Was hatte ich dir gesagt?«, zischte er wütend. »Keinen Mucks! Und tritt sofort zurück, du Idiot!«
Maletorrex wandte sich den Priestern zu. »Keine Sorge, meine Brüder! Der hier ...« - er wies mit dem Daumen auf Ruan, der jetzt einen Schritt hinter ihm stand und kreidebleich zu Boden starrte - »... ist der Anführer der Faitachen. Ich habe ihn mitgebracht, weil es Dinge zu besprechen gibt, über die er informiert sein muss.«
»Und du kannst ihn nicht anschließend informieren? Zum Beispiel in deinem Palast?«, fragte jemand.
»Es ist kein Palast, es ist ein Haus«, erwiderte Maletorrex mit unbewegter Miene. »Und selbstverständlich könnte ich auch später mit ihm sprechen. Aber dieser Mann ist bereit, sein Leben für unsere Sache zu opfern.«
Er hielt inne. Korrigierte sich.
»Unsere gerechte Sache. Und weil wir mit einer Situation konfrontiert sind, die uns allen großen Schaden zufügen kann, halte ich es für angemessen, Ruan ins Vertrauen zu ziehen.«
»Ins Vertrauen meinetwegen - aber in die Kartause ?«, fragte der Priester gedehnt. »Dies ist nach wie vor unser heiliges Refugium, und ...«
»Danke, das weiß ich. Und ich bin der Hohepriester!«, schnarrte Maletorrex dazwischen. »Ich trage euch jetzt meine Pläne vor bezüglich dieser verdammten Aufständischen, und dann werde ich mich mit euch beraten und anschließend entscheiden, was zu tun ist.«
Ruan hörte dem weiteren erregten Austausch nicht zu. Er stand wie angewurzelt da und starrte noch immer auf den Tempelboden. Blass, mit weit geöffneten Augen.
Eine Winzigkeit vor Maletorrex’ Stiefelspitzen zog sich ein rotorange glühendes Band durchs Gestein. Folgte man dessen Verlauf, eröffnete sich den Blicken ein gigantisches Zeichen, einem fünfzackigen Stern ähnlich, vermutlich von starker Magie erfüllt. Ruan wusste nicht, was mit ihm geschehen wäre, wenn er es berührt hätte. Doch er konnte die Macht spüren, die von diesem Zeichen ausging. Er würde Maletorrex danach fragen.
Ich sollte jetzt gehen, dachte er lahm.
Unterdessen hatte sich die Versammlung einigermaßen beruhigt, und Maletorrex ergriff wieder das Wort. »Gehen wir die Sache logisch an«, sagte er. »Betrachten wir die Fakten!«
»Das sollten wir in der Tat!«, unterbrach ihn eine fremde Stimme vom Hochaltar her.
Ruan sah, wie sich aus dem wuchtigen roten Opferstein mit seinen Verzierungen und Figuren ein Stück löste und nach vorn trat. Bei jedem Schritt verlor es mehr den Anschein einer Statue, bis zuletzt ein Priester aus Fleisch und Blut auf den Stufen stand. Er streckte die Hand nach dem Ewigen Licht aus, das hinter ihm auf dem Opferstein brannte, und sofort kam es wie ein
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