Die silberne Maske
aufhören zu laufen noch zu schreien. Die Anspannung war zu viel gewesen.
Längst japsten ihre Lungen, sie bekam Seitenstechen, in ihren Beinen kribbelte es nach der erzwungenen Ruhehaltung, doch sie war nicht in der Lage, anzuhalten. Egal wohin, sie wollte fort, so weit weg wie möglich. Als sie heiser wurde, verstummte sie und konzentrierte sich darauf, richtig zu atmen. Sie presste die Hand an ihre Seite und lief weiter, langsamer und kontrollierter.
Es war Tag. Sie hatte es geschafft!
Da sah sie plötzlich einen Schatten, der ihr in die Quere kam, so schnell, dass sie nicht ausweichen konnte, und schon prallte er mit ihr zusammen, und sie stürzte rücklings zu Boden, über sich den Schatten, der sie niederpresste.
9
Am See
Schattengeflüster (2)
V or 13 Tagen.
Götter sind auch nicht mehr das, was sie mal waren!, dachte der Spion angesäuert. Ich hatte gebetet, dass Laychams rührselige Mär von den verwunschenen Gerechten auf taube Ohren stoßen würde. Und? Hat es etwas genutzt? Offenbar nicht, denn sonst wären wir jetzt auf dem Weg nach Dar Anuin.
Verärgert trat er seinem Pferd in die Flanken. Es hatte nichts getan, aber an irgendwem musste er die schlechte Laune schließlich auslassen.
Anscheinend haben sich die Männer innerlich schon so weit von den wahren Faitachen entfernt, dass sie lieber Geschichten hören und darüber weinen wie kleine Mädchen, statt ihrem geistesgestörten Anführer mal die Stirn zu bieten, wenn er sie auf Gespensterjagd schickt. See der himmlischen Tränen - so ein Quatsch! Wenn wir überhaupt etwas finden, wird es ein Wasserloch sein. Da können sich wenigstens die Pferde satt saufen.
So dachte Maletorrex’ Spion, doch er war nicht ganz aufrichtig gegen sich selbst. Was ihm irgendwo durchaus klar war.
Vor einer Stunde war am Horizont ein dunkler Fleck aufgetaucht, dem die Elfenkrieger entgegenritten. Irgendetwas war dahinten, und damit stand fest, dass der Wildpfad nicht ins Leere führen würde. Ob die ferne Erhebung nur ein bewaldeter Hügel war - oder vielleicht eine Oase - und ob der See, wenn er denn existierte, tatsächlich ein Geheimnis barg, musste sich noch herausstellen. Und sollten die Götter weiterhin so unzuverlässig sein ...
Ich muss auf jeden Fall verhindern, dass Laycham Verstärkung findet! Wenn ich nur wüsste, wie es in Dar Anuin aussieht! Vielleicht ist die Entscheidung ja längst gefallen, und Maletorrex hat seine Macht gefestigt. Dann wäre alles gut. Aber wenn nicht ...
Er stutzte. Ein Tropfen war mit leisem Klatschen auf seinem Kopf gelandet. Als er hochsah, bekam er die nächsten gleich ins Gesicht.
Verflucht, jetzt fängt es auch noch an zu regnen!
Missmutig hielt er sein Pferd an und drehte sich im Sattel um. Er hatte Dinge dabei, die nicht nass werden durften.
Ein warmer, leichter Regen nieselte auf den Wildpfad. Ohne Eile verwandelte sich die staubtrockene Erde erst in dunkles Geläuf, dann in klebrige Bröckchen, dann in Matsch. Dieser gab Furzgeräusche von sich, wenn die Pferdehufe ihn hinuntertraten.
Zoe grinste darüber manchmal hinter Laychams Rücken. Buchstäblich hinter seinem Rücken. Zunächst hatten sich zwei Krieger ein Pferd geteilt, aber dann machte Birüc den Prinzen darauf aufmerksam, dass sie dadurch praktisch ein Schwert weniger zur Verteidigung hatten. Laycham hatte das eingesehen und Zoe mit zu sich aufs Pferd genommen. So konnte er sie besser beschützen, führte er zur Begründung an.
Gemischte Gefühle begleiteten die junge Frau bei ihrem Ritt auf dem schwarzen Hengst. Noch nie war sie Laycham körperlich so nahe gewesen, und sie hätte nun endlich einmal das tun können, wonach es sie heimlich verlangte: ihre Arme um ihn schlingen, sich anschmiegen, seine Wärme spüren. Den Duft seiner Haut atmen, der so gut war und Lust machte auf mehr ...
Stattdessen saß sie angespannt da und versuchte so oft wie nutzlos, den unvermeidlichen Körperkontakt zu unterbrechen. Laycham hatte ihr zuliebe seinen Sattel zurückgelassen und dem Hengst nur eine Decke aufgelegt, weil es eine Tortur für Zoe geworden wäre, Stunde um Stunde bei jeder Bewegung des Pferdes an hartes Sattelleder zu stoßen. So jedoch konnte sie schmerzfrei hinter dem Prinzen mitreiten. Das Einzige, woran sie stieß, war er.
Und genau das war ein Problem.
Hör doch mal auf, dich so blöd anzustellen!, befahl sie sich ungeduldig. Jeden anderen hättest du heiß gemacht, aber bei ihm benimmst du dich wie eine verhuschte Klostermaus, und die
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