Die silberne Maske
herumliegen?«
Laycham lachte. »Wohl kaum! Und sie werden auch nicht auf Zuruf reagieren, Hauptmann. Wir müssen sie schon selbst finden, aber dazu brauchen wir einen Ausgangspunkt, und das kann nur der Hof sein.«
»Sollten wir ihn tatsächlich entdecken, werde ich nie mehr Zweifel äußern!«, brummte Birüc. Er glaubte nach wie vor nicht an einen Erfolg der Mission. Kopfschüttelnd setzte er sein Pferd in Bewegung.
»Und ich? Was soll ich tun?«, rief Azzagar und breitete ratlos die Hände aus.
Laycham wies auf einen knorrigen Baum am Waldrand.
»Rauf mit dir!«, befahl er. »Bogenschützen haben die schärfsten Augen, heißt es, und die brauchen wir, um herauszufinden, wer uns da folgt. Gib mir Bescheid, sobald du es weißt!«
»Wie denn, wenn du auf Suche bist?«, fragte der Krieger scharf. Offenbar behagte ihm sein Auftrag nicht.
»Lass dir was einfallen!«, erwiderte Laycham im gleichen Tonfall und machte sich auf den Weg.
Abendstimmung lag über dem See. Blüten schlossen ihre Kelche, Vögel kehrten aus der Ebene zurück, und mit dem Erlöschen der Sonne wurde das Himmelsblau zu unwirklichem Zwielicht.
Es war die Blaue Stunde - die Zeit der Dichter und ihrer Schöpfung. Jene kurze Spanne zwischen Tag und Traum, in der die Grenzen fließend wurden, damit Wunsch und Wahrheit einander begegneten.
Zoe saß auf einem Steinbrocken am Ufer, ließ das Panorama auf sich wirken und lauschte den Geräuschen des ausklingenden Tages.
Kleine Wellen, die ohne Eile ans Schilf schwappten; ein verspäteter Käfer auf dem Taumelflug heimwärts, Wind in den rauschenden Bäumen.
Es ist so friedlich hier!, dachte Zoe.
Wenn sie zur Seite blickte, konnte sie das Nachtlager sehen. Manche der Elfenkrieger hatten es sich bereits gemütlich gemacht, andere werkelten noch herum. Am Lagerfeuer, beim Sattelzeug, den Waffen ...
Die Jäger und Sammler kamen mit Beute zurück, und das Essen wurde zubereitet.
Die Aussicht auf ein reiches Mahl ließ die Elfen so manche Mühsal vergessen, zumindest vorübergehend. Zoe hörte sie lachen und scherzen. In ihren Stimmen schwang Hoffnung mit, Erleichterung und Brüderlichkeit. Es waren gute Klänge, die der Wind herantrug, doch das konnte nicht allein dem schönen Platz und dem guten Essen geschuldet sein. Denn auch Zoe fühlte sich besser - und das Model aß wie ein Spatz. Ihr durch lange Hungerphasen zusammengeschnurrter Magen konnte gar nicht mehr so viel aufnehmen, wie sie wollte. Und brauchte.
Es ist dieser Ort!, dachte sie. Er hat eine ganz eigene Magie. Nicht wie in Dar Anuin, wo sie beängstigend ist und feindlich. Nein, hier ist etwas anderes unterwegs! Etwas Friedliches. Gutes. Durch und durch magisch. Seltsam, dass ich es spüren kann.
Sie stutzte. Seltsam, dass ich überhaupt daran denke.
Zoe fragte sich, woher ihr veränderter Blick auf die Welt rühren mochte. War es ein ortsgebundenes Phänomen? Oder das Wissen um ihr nahendes Ende?
Hatte vielleicht die Maske etwas damit zu tun?
Ihre Finger bebten, als sie das fest auf ihrem Gesicht sitzende Relikt aus Shires Tagen betastete. Zoe erinnerte sich mit Schrecken an die Momente, in denen das rätselhafte Stück bewiesen hatte, dass es ein Eigenleben besaß. Eines, das der Trägerin seinen Willen aufzwingen konnte. In letzter Zeit hatte es sich zum Glück nicht mehr gerührt.
Bleib so! Lass mich bloß in Frieden!
»Gesandte?«, hörte sie Laycham rufen. Sie stöhnte, als sie sich nach ihm umdrehte.
»Zoe. Mein Name ist Zoe!«, knurrte sie. Wann würde er endlich aufhören mit dieser albernen Anrede?
Ich weiß nicht, wie oft ich den Satz schon gebetsmühlenartig aufgesagt habe! Irgendwann ändere ich ihn ab in: Bond. Mein Name ist Bond. Jede Wette, dass er darauf genauso wenig reagiert!
Der Prinz war erfolglos von seiner Suche zurückgekehrt. Dennoch hatte er die Hoffnung nicht aufgegeben, wollte am nächsten Tag erneut in den Grüngürtel reiten und das Unterholz durchforsten. Vielleicht war der Hof inzwischen endgültig zerfallen, und es verbargen sich nur noch Mauerreste am Boden.
Dafür hatte Azzagar von seinem Ausguck in den Bäumen gute Nachrichten mitgebracht: Was auf dem Wildpfad hinter ihnen herkam, waren nicht Maletorrex’ Truppen, sondern Marlinge. Vermutlich wollte die Herde zu ihrer Tränke wandern.
Wildenten zogen mit sirrendem Flügelschlag über Zoe hinweg, und sie duckte sich unwillkürlich.
Mäßig elegant landeten die Enten weiter draußen auf dem See, dümpelten ein paar Momente herum und
Weitere Kostenlose Bücher