Die silberne Maske
begannen dann mit ihrem Kipptauchen nach Essbarem.
Zoe ließ sich anstecken von dem munteren Planschen.
Morgen gehe ich schwimmen!, nahm sie sich vor - und prompt stiegen halb vergessene Erinnerungen in ihr auf.
An wilde, nächtliche Strandpartys unter den funkelnden Sternen des Südens. Rauschende Brecher, die das sandige Ufer hochdonnerten und auf dem Rückweg alles in die Karibik zogen, was sie zu fassen bekamen. Handtücher, leere Flaschen, Zigarettenstummel.
Wie cool war es gewesen, mit dem Typ des Abends hinter dem Wasser herzulaufen, hinein in die gischtende Dünung. Heiße Küsse im Meer, eng umschlungen gegen die Wellen anstemmen, bis der nächste Brecher kam und einem die Füße wegzog.
Unbekümmertheit pur. Unter Freunden sein, die ihre jungen gebräunten Körper zu dröhnender Musik bewegten. Lachen, flirten, coole Drinks. Und nie allein nach Hause gehen.
Eine schöne, heile Welt.
Alles nur oberflächlich. Wertlos, ohne Bedeutung! Zoe war ihr früheres Leben inzwischen fremd geworden, und trotzdem wünschte sie sich, zurückkehren zu dürfen. Nur ein einziges Mal, bevor ihre Zeit in der Anderswelt ablief und sie ohne Vorwarnung zu Staub zerfiel. Unbeachtet. Ungeküsst. Schnell vergessen.
In wenigen Wochen ...
Laychams Elfenkrieger hatten es sich am Lagerfeuer gemütlich gemacht, bäuchlings auf ihren Decken oder ausgestreckt im Gras.
Der Prinz forderte Zoe auf, ihm zu folgen, und führte sie zu einem meterhohen Holunder. Das dunkle Gesträuch war über und über mit altrosafarbenen Blütendolden bedeckt. Es wuchs in die Breite, und seine Außenzweige, schwer von der Last der Blüten, hingen ein wenig vornüber.
»Perfekt!«, sagte Zoe.
Es war lauschig unter dem Holunderbusch; abgeschieden und doch nahe genug am prasselnden Lagerfeuer, dass sein Widerschein und Wärmehauch das verborgene Plätzchen noch erreichten.
Laycham hatte eine Pferdedecke mitgebracht, und Zoe half ihm beim Ausbreiten.
»Ich bin froh, dass du die Oase gefunden hast«, sagte sie, während sie am Rand der Decke Platz nahm. »Es ist so angenehm hier! So friedlich! Ich würde diesen Ort am liebsten gar nicht mehr verlassen.«
»Den Kriegern geht es genauso.« Laycham ließ sich am anderen Rand nieder und streckte die Beine aus. »Deshalb reiten wir morgen nach Dar Anuin.«
»Was?«, fragte Zoe überrascht.
Er nickte. »Ich werde alles daransetzen, die Hundert Gerechten zu finden. Aber wenn ich bis zum Nachmittag nicht wenigstens eine Spur habe, brechen wir auf.«
Laycham sah sie an. Feuerschein tanzte über seine Maske. »Hast du bemerkt, wie gut gelaunt die Männer sind? Das dürften sie nicht sein nach dem, was wir vorhaben. Und dieser Ort ist so perfekt. Zu perfekt! Ich werde das Gefühl nicht los, dass uns irgendwas hier festhalten will.«
»Nein.« Zoe schüttelte den Kopf. »Glaube ich nicht. Es stimmt, hier ist alles voller Magie, aber sie fühlt sich ganz anders an als in Dar Anuin. Viel ... leichter. Wie von allem Bösen befreit.«
»Und das sagst du nicht nur, weil du gern hierbleiben möchtest?«
»Ich bin schließlich nicht blöd.« Zoe wollte sich an die Schläfe tippen, traf stattdessen die Maske und schnaubte unmutig.
»Verrate mir mal was, Laycham: Warum, um alles in der Welt, hat sich deine Mutter dieses elende Ding angetan?«
»Hat sie nicht.« Der Prinz setzte sich auf und schlang seine Arme um die Knie. »Die Maske ist das Werk meines Vaters. Er hat sie erschaffen, um Shires Macht zu brechen und ihr die Stadt zu stehlen, die einst so wundervoll war.«
»Erzähl mir von Dar Anuin!«, bat Zoe. »Dem echten, meine ich.«
Laycham zögerte, ihren Wunsch zu erfüllen. Die Erinnerungen an seine Kindheit waren schmerzlich, von Tod und Zerstörung überschattet. Er hatte als Junge den Mord an seiner Mutter mit angesehen, und Maletorrex’ Gesichtsausdruck, mit dem er sich das Blut der sterbenden Frau vom Ärmel wischte, verfolgte Laycham bis in den Traum.
Trotzdem begann der Prinz zu erzählen. Von den Anfängen, dem Bau der Stadt, ihrer wachsenden Schönheit. Zuerst mit erstickter Stimme, dann immer leichter ließ er für Zoe das alte Dar Anuin auferstehen - in all seiner Pracht, mit breiten sonnigen Straßen und Schatten spendenden Gärten und den Elfen, die sie bevölkerten.
»Es duftete überall nach Rosen«, sagte er, als die Pferde unruhig wurden.
Yem hatte ein Seil unter den Bäumen gezogen und sie daran angebunden. Bis jetzt hatten sie friedlich gedöst, doch damit war es nun vorbei. Sie
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