Die silberne Maske
dann, aus einem bestimmten Winkel heraus, sah der Prinz plötzlich die Angeln. Und zwei Torflügel. Er bewegte sich aus dem Winkel heraus darauf zu, schob einen Flügel leicht auf - und zog ihn hastig wieder zu.
Luftbläschen sprudelten aus seiner Silbermaske, als er Birüc und allen anderen, die hier unten waren, bedeutete aufzutauchen. Wer ihm von oben entgegenkam, den forderte er auf, umzukehren. Oben berichtete er mit fliegendem Atem, was er gesehen hatte. Er wählte die Männer aus, die er mitnehmen wollte - nicht alle waren davon begeistert, einer wollte nicht einmal die Stiefel ausziehen -, und sie tauchten mit gezückten Schwertern nach unten.
Obwohl sich hinter den Flügeltüren, die eigentlich gar nicht da waren, nichts außer der anderen Seite des Hofes befinden durfte, schritten die Männer nun hindurch und standen auf dem Boden eines Gewölbes, in trockener, staubiger Luft. Selbst durch die geöffnete Tür trat kein Wasser ein.
»Wie ist das möglich ...«, staunte Birüc.
»Wo kommt das Licht her?«, flüsterte Azzagar mit Blick auf die Gewölbedecke. Unwirkliche Helligkeit erfüllte den Raum.
Sie fuhren herum, als noch jemand nachkam - Zoe. »Wow«, stellte sie fest. »Das ist ein Ding.«
Sie ging ein Stück in das Gewölbe hinein und legte ihre Hand an die Seitenwand. Sie fühlte Wärme in dem grob behauenen Gestein.
»Ich frage mich ...«, murmelte sie nachdenklich und sah sich nach Laycham um. »Was glaubst du: Wäre es möglich, dass wir getäuscht werden? Dass sich dieses Gewölbe in Wahrheit an einem anderen Ort befindet?«
»Gut möglich«, sagte der Prinz zustimmend.
Zoe klopfte leicht gegen die Wand.
»Wer da?«
Alle erstarrten. Wieder ertönte die fremde Stimme.
»Hallo? Ist da jemand?«
Zoe preschte wieder einmal vor. »Wir sind in friedlicher Absicht gekommen und wollen keinen Streit! Zeig dich bitte!«
»Zeig dich doch selbst!«, scholl es zurück.
»Mach ich. Wenn du mir sagst, wo du bist!«
»Na hier. Wo sollte ich sonst sein?«
Zoe hatte während des kurzen Wortwechsels aufmerksam gelauscht und glaubte zu wissen, woher die Stimme kam: aus der Wand! Zügig ging sie daran entlang, tastete erneut über die Steine ... - und wäre fast vornübergefallen, als ihre Hand ins Leere stieß.
Laycham, der ihr gefolgt war, griff gerade rechtzeitig zu, um sie vor einem Sturz zu bewahren. Die beiden traten zurück, suchten nach der Lücke im Gestein, fanden sie nicht.
Bis die Stimme sich erneut meldete. »Kommst du nun oder nicht?«
»Ich hab’s.« Der Prinz deutete auf das Gestein. »Den Trick gibt es im Palast auch, er war mir selbst oft genug dienlich. Es sind zwei Wände, nicht eine. Ganz ohne Magie sind sie hintereinander versetzt, sehen für uns aber durchgehend aus, und wir können einfach durch die Lücke hindurchtreten.« Er machte es vor, und die anderen folgten ihm.
Dahinter befand sich ein Raum. Er war dunkler als das Gewölbe, klein wie ein Verlies.
Und leer.
»Hier bin ich«, sagte Zoe zögernd. Laycham blieb direkt hinter ihr am Eingang stehen, sein Kurzschwert bereit.
»Wo ... bist du ?«, fragte sie.
»Tritt näher, Frau, dann wirst du es herausfinden!«
Die Stimme klang nicht böse oder tückisch, und so machte Zoe einen weiteren Schritt in den Raum hinein.
Laycham zog sie sofort zurück, aus der Doppelwand ins Gewölbe. Er raunte: »Das ist zu riskant, Zoe! Wer weiß, was sich da in der Dunkelheit verbirgt.«
»Aber er hört sich ganz harmlos an!«
»Das tun Drachen auch.« Er sah sich um. »Wir brauchen mehr Licht!«
»Ich hätte da eine Idee!«, sagte Birüc unvermittelt, hielt sich nicht mit Erklärungen auf und eilte zum Ausgang - dem geöffneten Portal, auf dessen Schwelle das Wasser wie eine Glaswand endete. Und war fort.
»Frau! Hast du dich verlaufen?«, scholl es aus dem Verlies.
»Nein, ich ...«
Laycham unterbrach sie und flüsterte: »Frag ihn nach den Hundert Gerechten!«
»Gute Idee!« Diesmal trat Zoe nicht in den Raum, sondern blieb auf der Grenze von Licht und Dunkelheit stehen. »Wir suchen die Hundert Gerechten. Weißt du, wo wir sie finden können?«
»Natürlich.«
Stille.
Zoe runzelte die Stirn. »Ja, und ... wo sind sie?«
»Den Gang runter, erste Tür links.«
»Danke!« Zoe wandte sich um und kehrte zu Laycham zurück. »Das war einfach.«
» Zu einfach!«, verbesserte der Prinz. »Hier wurde großer Aufwand betrieben, um diese Krieger für alle Zeit zu verstecken. Da geht keiner hin und plaudert ihr Geheimnis
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