Die Silberschmiedin (2. Teil)
redest du da?», fragte David und betrachtete Eva seit langer Zeit einmal wieder mit Interesse. «Bist du nicht fähig, meine Liebe zu dir zu erkennen? Warst du es nicht, die sich mir widersetzt hat? Hast du nicht sogar die Schlafkammertür verriegelt? Du hast mir nicht gehorcht, hast dich anderen Männern gezeigt, unfähig, die Neue Zeit zu begreifen. Sie gehört denen, die sich nehmen, was ihnen zusteht.»
«Nun, ich werde mich der Neuen Zeit gewachsen zeigen. Deshalb fordere ich von dir: Gib mir meine Freunde zurück, meinen Bruder, meine Arbeit, die Stellung im Haus. Hörst du, David, ich bitte dich nicht darum, sondern fordere. Ich möchte ein Kind von dir. Verweigerst du es mir weiter, so werde ich die Ehe annullieren lassen. Du weißt, dass dies möglich ist, wenn einer der beiden Eheleute Vorkehrungen trifft, um die Empfängnis zu verhindern.»
Den letzten Satz sagte Eva mit so viel Nachdruck, dass David begriff, dass sie es ernst meinte.
Mit einem Schlag veränderte sich seine Haltung. Sein Gesicht wurde weich, liebevoll blickte er Eva an, nahm ihre Hände in seine und bat: «Du darfst mich nicht verlassen, Eva. Alles, was ich bin, bin ich durch dich.»
Er nahm ihr Gesicht behutsam in seine Hände und bedeckte es mit Küssen. «Bitte, bleib bei mir», flüsterte er dabei.
Eva hatte nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet. Ihr Körper war noch ganz angespannt, ihre Sinne gewappnet. Sie blieb steif in seinen Armen, ließ die Küsse über sich ergehen.
Schließlich machte sie sich vorsichtig von ihm los und stand auf. «Ich möchte ein Kind von dir, David. Und die Herrin im Hause werde wieder ich sein.»
Dann nahm sie ihren Stickrahmen von der Anrichte und begann, mit Nadel und Faden zu hantieren.
In den nächsten Tagen und Wochen bemühte sich David um Eva wie nie zuvor. Er rückte ihr den Sessel zurecht, reichte ihr bei Tisch das Salzfass, überschüttete sie mit kleinen Geschenken. Susanne suchte seinen Blick. Doch David wich ihr aus. Stellte sie eine Frage, so tat er, als habe er nichts gehört.
Eva aber sprach so wenig wie möglich. In der letzten Zeit war sie nur mit sich selbst beschäftigt gewesen. Nun da sie wieder ihren angestammten Platz einnehmen wollte, beobachtete sie die anderen und war erstaunt, was sie auf diese Art erfuhr.
Susanne war nun so abhängig von David, wie sie es gewesen war. Unterwürfig und hungrig waren die Blicke, die sie David zuwarf.
Heinrichs Bewegungen waren eckiger geworden, als sie sie in Erinnerung hatte, die Falten in seinem Gesicht tiefer. Er war alt geworden. Die Falten wurden härter, wenn er mit David sprechen musste. Wandte er sich aber an Priska, so wurden seine Züge weich.
Regina hingegen hatte sich nicht verändert. Ihre Blicke huschten wie Fliegen über den Tisch, nahmen jede Regung der anderen wahr. Sie sprach schnell, als fürchte sie, unterbrochen zu werden. Freundlich war sie zu Susanne und David, Heinrich beachtete sie nicht, Priska und Eva aber mied sie.
Priska war Eva immer mehr ans Herz gewachsen. Sie half jedem im Stillen, reichte das Brot herum, legte Heinrich die guten Bratenstücke auf, füllte seinen Krug mit Bier, holte Wasser für Eva und antwortete nur, wenn jemand das Wort an sie richtete. Eva nahm sich vor, sich mehr um sie zu kümmern. Sie war ihr lieb wie das Kind, das ihr bisher versagt blieb.
David verstärkte seine Aufmerksamkeiten Eva gegenüber. Eines Abends brachte er ihr sogar einen Gürtel mit. Es war ein schlichtes Band aus schwarzem Leder mit einer einfachen Schließe, die jedoch aus reinem Silber und aufwändig gearbeitet war. Eva wusste, dass David diese Schließe selbst gefertigt hatte.
«Wenn du dich unbedingt schmücken möchtest, so will ich dir die Freude nicht vergällen», sagte er und strich ihr zärtlich über die Wange.
Eva schloss die Augen, als seine Hand ihr Gesicht berührte. Für einen Augenblick schmiegte sie ihre Wange an seine Haut.
Es ist fast wie früher, dachte sie. Vielleicht war doch ich es, die alles verdorben hat. Vielleicht habe ich die Größe seiner Liebe nicht verstanden, vielleicht habe ich ihn nicht verstanden.
Vielleicht, dachte sie, ist meine Seele wirklich zu niedrig, viel zu dicht noch mit dem Alten verhaftet, nicht wirklich schön.
Aber hat Gott die Menschen nicht nach seinem Abbild geschaffen? Versucht David mit seinen Reden und seinen Arbeiten nicht Gott? Auch David erschuf Dinge neu. Silber- und Goldwaren, die kein Mensch kaufen wollte, die wie Blei in den Lagern
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