Die Silberschmiedin (2. Teil)
Blicke auf sie gerichtet waren.
Sie räusperte sich, wünschte: «Gesegnete Mahlzeit» und setzte sich neben Meister Faber.
David sah sie von der Seite an. Sie fühlte seinen Blick, doch erwiderte ihn nicht.
Bärbe füllte ihre Schüssel mit Grütze, reichte ihr die Platte mit den gebratenen Speckscheiben, Heinrich schob das Salzfässchen näher.
«Was ist mit Eurem Auge, Eva?», fragte er besorgt.
«Ein Span ist mir hineingeflogen. Das ist alles.»
Eva begann zu essen. Sie hielt den Blick starr auf die Schüssel gerichtet.
«Nun, wir kommen mit der Arbeit gut voran. Ich denke, der Pokal, den David gerade verziert, werden wir zum Wochenende fertig haben», brach Meister Faber das Schweigen.
Eva sah hoch. «Seid Ihr mit seiner Arbeit zufrieden? Ihr wisst ja, er ist zur Probe hier.»
Sie wusste, dass es David kränken musste, wenn sie über ihn sprach, als sei er nicht anwesend. Meister Faber zog ein wenig die Augenbrauen hoch, als er nach einem Blick zu David sagte: «Er ist sehr geschickt. Bisher gibt es keinen Grund zur Klage.»
Eva nickte und löffelte weiter, doch nach ein paar Bissen schob sie die Schüssel von sich.
«Von mir gibt es auch keine Klagen», mischte sich Susanne kichernd ein. «Er isst seine Schüssel immer leer.»
Eva verzog den Mund und sah in Susannes lachendes Gesicht. Susanne stand auf, trat hinter David und beugte sich so über ihn, dass ihre Brüste seine Schulter streiften.
Heinrich schüttelte den Kopf. «Du benimmst dich wie ein Weib, dass mit gerafften Röcken auf der Ofenplatte hockt.»
Eva konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Susanne aber richtete sich auf und stemmte die Fäuste in die Hüften. «Du hast gut reden und gut lachen», fauchte sie. Gerade noch war sie bester Laune gewesen, doch nun war ihre Stimmung ins Gegenteil umgeschlagen. «Wem habe ich es denn zu verdanken, dass ich jetzt hier bin und wie eine bessere Magd gehalten werde, hej?»
Noch ehe die anderen den Mund für eine Antwort geöffnet hatten, brach es aus ihr heraus: «Deine Mutter hat mein Glück verhindert!» Mit dem Finger zeigte sie auf Eva. «Hat mir nicht zugestanden, was mir von Rechts wegen gebührte.»
«Schweig!», mahnte Heinrich. «Eva und ich wissen sehr genau, warum du hier bist. Sibylla, meine Liebe, hat dir womöglich das Leben gerettet.»
David drehte sich um. Er blickte Susanne aufmerksam an, dann sagte er: «Eva und ihre Mutter tragen keine Schuld an deinem Schicksal. Du hast nur nicht verstanden, dass du vorbestimmt bist, das zu sein, was du sein willst. Du musst nehmen, was dir gefällt. Es ist falsch, darauf zu warten, dass es dir in den Schoß fällt.»
«Was weißt du schon?», herrschte Susanne ihn an, dann raffte sie ihr Kleid und stürmte aus der Küche.
Am Abend, Mattstedt war gerade gegangen, kam Susanne in Evas Zimmer. Sie setzte sich unaufgefordert aufs Bett und fragte: «Was hältst du von David?»
Eva war verwundert über Susannes Auftauchen. Normalerweise hätte sie sie nach der Szene heute gemieden. Susanne musste irgendetwas wollen. Eva zuckte die Achseln. «Für die Werkstatt ist er gut.»
«Magst du ihn?», fragte Susanne nach.
Eva, die gerade dabei war, ihr Haar zu lösen, hielt in der Bewegung inne.
«Ob ich ihn mag, fragst du?»
«Ja. Ist das so schwer zu beantworten?» Susanne wurde ungeduldig.
Eva ließ die Arme sinken. «Ja, denn ich weiß nicht, ob ich ihn mag oder nicht.»
Sie setzte sich neben Susanne aufs Bett. «Er hat etwas an sich, das mich neugierig macht. Etwas, das ich noch nie bei einem anderen Menschen bemerkt habe. Etwas Zwingendes, das ich nicht besser erklären kann. Manchmal macht er mir Angst.»
Susanne lachte fröhlich und ließ sich nach hinten auf das Bett fallen. «Mir gefällt er», erklärte sie und legte eine Hand auf die Stelle, wo ihr Herz schlug. «Er ist ein gut aussehender Mann. Hast du seinen Brustkorb schon einmal gesehen? Gestern Morgen hat er sich vor Tau und Tag am Brunnen im Hof gewaschen.»
«Und … und du hast ihm dabei zugesehen?» Eva schluckte.
«Ja, oder meinst du vielleicht, ich lasse mir so einen Anblick entgehen? Oh, er sah wundervoll aus. Wie eine Statue!»
Eva hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten, das wollte sie nicht hören. Susanne plapperte ununterbrochen weiter: «Wie Mattstedt morgens am Brunnen aussieht, möchte ich lieber nicht wissen. Aber zu dir passt er gut. Ihr seid vom selben Schlag. Und David und ich auch. Er ist nur zwei Jahre jünger als ich.»
Sie lachte wieder.
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